Das erste Zahnmobil in Hannover wurde am 13.April 2012 vor der Marktkirche vorgestellt.
Die Initiatoren sind die Zahnärztin Frau Dr. Ingeburg Mannherz und ihr Mann Werner Mannherz. Der Träger des Projekts Zahnmobil ist das Diakonisches Werk.
Wie entstand die Idee, in Hannover ein Zahnmobil einzuführen?
Wir wollten schon immer helfen. Das konkrete Vorhaben, ein Zahnmobil in Hannover zu starten, entstand vor ca. 2 Jahren. Hamburg hat schon seit längerem ein Zahnmobil, welches wir vor Ort besucht haben. In anderen Großstädten gibt es bereits Hilfsprojekte in dieser Richtung, z.B. in Frankfurt, Berlin und Osnabrück oder aber das Arztmobil von Frau Dr. Lange in Hannover.
Wen wollen Sie ansprechen?
In erster Linie Wohnungslose in sozialen Brennpunkten und Papierlose.
Des Weiteren Menschen, die sich nicht trauen, in eine Zahnarztpraxis zu gehen aus Angst, nicht akzeptiert zu werden auf Grund ihres sozialen Status. Oft werden diese Menschen in der Gesellschaft „schräg“ angeschaut. Das Zahnmobil ist aus diesem Grund gerade für diese Patienten eine gute Alternative, es wird ohne Vorurteile geholfen!
Haben gerade Menschen mit finanziellen Problemen kein Geld, um z.B. die Praxisgebühren zu bezahlen?
Der große Vorteil des Zahnmobils ist, dass keine Praxisgebühr bezahlt werden muss. Dadurch ist es möglich, Menschen zu behandeln, die das Geld für eine Behandlung nicht haben und sich die Praxisgebühr nicht leisten können.
Wenn der Patient eine Krankenkassenkarte besitzt, so werden die Behandlungen wie in einer normalen Zahnarztpraxis abgerechnet. Die Karte wird eingelesen und die Behandlung mit der Krankenkasse abgerechnet. Wenn der Patient keine Krankenkassenkarte besitzt, so erfolgt die Abrechnung anonym und ohne Kosten für den Patienten.
Sind das nicht enorme Kosten? Wie finanzieren sie sich?
Die Kosten für den Start Up des Zahnmobils belaufen sich auf rund 95.000 € - für die Beschaffung des gebrauchten Fahrzeuges und dessen Ausbau zum Zahnmobil, das für die Behandlung von Patienten notwendig ist. Darüberhinaus werden Räumlichkeiten zur sterilen Instrumentenreinigung und zur Lagerung benötigt. Für die nächsten drei Jahre sind die laufenden Kosten von rund 45.000 € pro Jahr teilweise gesichert.
Das ist eine sehr beachtliche Summe ...
Das ist wohl wahr. Allerdings müssen die gesamten Kosten durch Sponsoren und Spender eingeworben werden. Aber ob das Geld wirklich für den gesamten Zeitraum ausreichend ist , "steht in den Sternen"...
Welche Behandlungen führen Sie durch?
· Schmerzbehandlung | · Füllungen legen | · Und weitere sich noch ergebende Bedürfnisse |
· Trepanation | · Zahnsteinentfernen | |
· Extraktionen | · Überleitung an stationäre Einrichtungen |
· Abszesse öffnen | · Präventionsberatung | |
· Konservierende Behandlungen | · Aufklärung zur Verbesserung der gesundheitlichen Lebensumstände |
Wie groß ist Ihr Team?
Aktuell besteht das Team aus 22 ehrenamtlichen Mitstreitern. Darunter befinden sich Zahnärzte, Zahnarzthelfer/innen und Fahrer/innen.
Haben Sie schon eine festgelegte Route?
Wir haben vier feste Anlaufstellen, die regelmäßig angefahren werden:
1. Tagesstätte Mecki
2. Nordbahnhof
3. DÜK in der Lavesstraße
4. Schulenburger Landstraße
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview genommen haben.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!
Damit das Projekt langfristig etabliert werden kann, bitten wir alle Leser dieses Artikels um Ihre Unterstützung.
So können Sie das Zahnmobil unterstützen:
Durch eine Geldspende....
Evangelische Kreditgenossenschaft
Stichwort: Zahnmobil
BLZ: 520 604 10
Kontonummer: 200 601 233
Durch eine Patenschaft....
Link zum Patenschaftsflyer
Für weitere Informationen
http://www.zahnmobil-hannover.de/
Studenten da und fr
HAZ vom 07.06.2013, S. 15:
Hilfe für ein Lächeln.
Freiwilliger des Jahres: Das Ehepaar Mannherz hilft mit dem "Zahnmobil"
Von Jan Sedelies
Einkreisen nennt Werner Mannherz das Verhalten skeptischer Patienten und muss dabei ein wenig lächeln. Ganz langsam nähern sich dann Obdachlose mit Zahnproblemen dem sogenannten Zahnmobil, das kostenlose Hilfe anbietet. Sie schauen vorsichtig durch die Scheiben des medizinisch voll eingerichteten Kleinbusses, lassen sich noch einmal erklären, dass ihnen unbürokratisch von Experten geholfen werden kann, zögern, überlegen und sagen dann, dass sie am nöchsten Freitag ganz bestimmt kommen. Wegen ihrer Zähne. Den Schmerzen. Der kostenlosen Hilfe. Mannherz und seine Frau Dr. Ingeburg Mannherz werden auf sie warten, ehrenamtlich. Und mittlerweile kommen auch die Patienten. Immer mehr. Immer häufiger.
Seit etwa einem Jahr betreut das Paar das Projekt "Zahnmobil - Hilfe mit Biss". Mit Beharrlichkeit haben sie darauf gedrungen, innerhalb des Diakonischen Werkes direkte Hilfe anbieten zu können. "Wenn die Menschen mit Zahnproblemen nicht in die Einrichtungen kommen, müssen wir eben zu ihnen fahren", sagt Werner Mannherz. Also sprach das Paar beim Vorstand der Zahnärztekammer vor, bei der Stadt und zahlreichen Behörden. "Ich habe 30 Jahre lang Unternehmen beraten, ich weiß, dass man manchmal länger reden muss", erinnert sich Mannherz, der selbst einen Großteil der Kosten für das Projekt getragen hat. Nun steht das Paar samt Zahnmobil wöchentlich am Tagestreff Wunstorf, am Kontaktladen Mecki, am Tagestreffpunkt DÜK, am Nordbahnhof und vor der Obdachlosenunterkunft an der Schulenburger Landstraße. Befreundete Zahnärzte übernehmen die Behandlungen, das Paar die Abrechnung mit den Krankenkassen, Terminvergabe, die Organisation, bis hin zur Betreuung von Menschen, die gar keine Papiere haben. "Zähne sind Vertrauenssache", sagt Ingeburg Mannherz, die 40 Jahre lang als selbstständige Zahnärztin gearbeitet hat. 460 Patienten aus elf Nationen haben sie im vergangenen Jahr betreut. Viele können jetzt wieder richtig lächeln.
"Natürlich könnten wir auch einfach eine Kreuzfahrt machen, aber das ist nicht unser Ding. Wir genießen unser Leben. Aber wenn die Gesellschaft gegenüber Menschen abstumpft, die es nicht so einfach haben wie andere, dann ist etwas faul", sagt sie. Ihr Mann ergänzt: "Wir haben die Verpflichtung, Menschen mitzunehmen, wenn wie sie mitnehmen können." Und wenn ihnen fremde Menschen nur noch Münder zeigen, in denen sämtliche Zähne fehlen, müsse man helfen.
Den Willen dazu verspürt man bei den Mannherzs direkt. Werner Mannherz erzählt begeistert, wie er aus einem Transporter eine rollende Ambulanz gebaut hat. Seine Frau berichtet von der erfolgreichen Suche nach helfenden Ärzten und der öffentlichen Förderung des Ehrenamtes. Selbst SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück lobte vor ein paar Wochen ihre Arbeit. Die größte Freude ist für sie dennoch die Dankbarkeit zu spüren. "Manchmal werde ich sogar mit einem Handkuss verabschiedet", sagt Ingeburg Mannherz. "Was soll ich da zu Hause sitzen? Mir macht es einfach Spaß, etwas Sinnvolles zu tun."