2014
HAZ vom 30.12.2014, S. 17:
Es läuft gut für die Hannoveraner
Der Jahreswechsel wird in der Region zum Renner: Die HAZ gibt neun Tipps für alle, die am letzten Tag des Jahres aufs Tempo drücken
Von Matthias Abromeit
Hannover. Die Niedersachsen haben eine besondere Beziehung zum Laufen am letzten Tag des Jahres. Erich Kruzycki, dessen Sportkarriere in Wilhelmshaven begann, gewann 1951 als einziger Deutscher den damals 7,3 Kilometer langen Silvesterlauf in São Paulo. Diese Leistung des Langstrecklers, der seinen Lebensabend in Göttingen verbrachte und dort 1993 starb, sorgte nicht nur für Schlagzeilen in den damaligen Zeitungsausgaben. Er entfachte gerade in der Region Hannover eine Laufbegeisterung, die hierzulande ihresgleichen sucht.
Gleich neun Angebote gibt es morgen und übermorgen für die sportlichen Hannoveraner – standesgemäß in einer Region, die mit der „Laufpass“-Serie ohnehin Jahr für Jahr ein opulentes Bewegungsangebot bereithält. Die meisten werden auch dieses Mal ihre Schuhe für die Strecke rund um den Maschsee schnüren. Beim Silvester-Börsenlauf trifft sich vor allem die hannoversche Sportprominenz zum Jahresabschluss auf ein Heißgetränk. Mit 3000 erwarteten Startern ist zudem ein ausgeprägtes Gemeinschaftserlebnis garantiert.
Wer es etwas kleiner mag, der ist bestens bei den Läufen im hannoverschen Umland aufgehoben. Poggenhagen, Großburgwedel, Lehrte, Emmerthal, Hasede, Dedensen, Garbsen und Lehrte bieten nicht nur anspruchsvolle Kurse für die Sportler zum Jahreswechsel, sondern auch manche Überraschung.
Übrigens ist Laufen kein Vorrecht der Jugend: Kruzycki startete 1975 noch einmal in São Paulo – mit 64 Jahren.
Quelle: Petrow
Maschsee
18. Auflage: Eine Maschseerunde etwa 5,8 Kilometer, Kinderlauf 1000 Meter.
Achtung: Der Karl-Thiele-Weg ist während der Veranstaltung zwischen dem Rudolf-von-Bennigsen-Ufer und der Robert-Enke-Straße für Radfahrer und Inlineskater gesperrt. Deshalb kommt es wie am gesamten Seeufer kurzfristig zu Behinderungen.
Startbereich: am Fackelläufer, Nordufer.
Startzeit: 12 Uhr Kinderlauf (Jahrgänge 2002 bis 2006), 12.15 Uhr (Jahrgang 2007 und jünger), 12.45 Uhr Läufer, 12.55 Uhr Walker. Startgeld: 9 Euro, Kinderlauf kostenfrei.
Vorjahresteilnehmer: 3000, darunter 250 Kinder.
Begrenzte Nachmeldungen und Startnummernausgabe: heute bei Karstadt Sports sowie am Starttag bei der Startnummernausgabe, sofern das Limit von 3000 Läufern noch nicht erreicht ist.
Das Besondere: Dieser Lauf gehört laut dem Veranstalter eichels:event zu Hannover wie die Nanas und der Maschsee. Hier treffen sich Spitzen-, Breiten- und auch Promisportler zum Laufen und danach bei Glühwein und Krapfen zum Einläuten der Feierlichkeiten zum Jahreswechsel. Auch kostümierte Läufer gehören zum Bild des Rennes, das zu den größten Silvesterläufen Deutschlands gehört. Ein Flasche Piccolo sowie einen Gutschein von Karstadt Sports über 10 Euro gibt es für jeden Teilnehmer.
Zudem läuft eine Spendenaktion, deren Erlös dem Obdachlosenhilfe-Verein „Ganz unten“ zukommt.
HAZ vom 23.12.2014, S. 14:
„Wann gibts die Geschenke?“
Kekse backen und Krippenspiel: Eine Weihnachtsfeier im Flüchtlingsheim
Von Veronika Thomas
Die Kinder sind völlig aus dem Häuschen. Sie toben, zappeln und schreien laut durcheinander. Seit dem frühen Nachmittag läuft die Weihnachtsfeier im Flüchtlingsheim der Caritas in der List. Eingeladen sind auch die Bewohner der angeschlossenen Einrichtungen aus der Hischestraße und der Hildesheimer Straße, insgesamt also rund 100 Bewohner, davon 40 Kinder aus 17 Nationen. Irgendwann hält es der achtjährige Niwar, Kind kurdischer Eltern, nicht mehr aus. Er stürmt in das Zimmer von Heimleiter Hans-Joachim Steiner und ruft: „Wann gibt?s die Geschenke?“ „Wenn der Weihnachtsmann kommt“, antwortet Steiner wahrheitsgemäß. In seinem Dienstzimmer stehen rund 100 Tüten und Päckchen, die Geschenke für die Bewohner.
Seit dem frühen Nachmittag haben zehn Ehrenamtliche der freien evangelischen Kirchengemeinde Dreisechzehn mit den Müttern und Kindern Kekse gebacken und alkoholfreien Punsch getrunken. Gemeinsam wurde ein Krippenspiel mehr improvisiert als aufgeführt und die Weihnachtsgeschichte vorgelesen. Dass statt Jesus ein Plüschhase in der Krippe liegt, ist völlig egal. Das Wichtigste für die Kinder sind die Papierkronen der Heiligen Drei Könige: Alle wollen Könige sein. So heizt sich die Stimmung bis zur Bescherung allmählich auf. Auch die auf der Gitarre gespielten Weihnachtslieder können die Kinder nicht mehr ablenken, nur die Mütter singen noch mit.
Steiner ist seit 2006 Leiter der Flüchtlingsunterkunft, und seitdem wird bei ihm Weihnachten gefeiert. „Am Anfang war ich auch noch der Weihnachtsmann, das muss ich heute nicht mehr.“ Die meisten Bewohner seien zwar muslimischen Glaubens, sagt er, „die Feier ist für uns Teil der Glaubensvermittlung.Zum Fastenbrechen beim Ramadan sind wir dann die Gäste.“ Die Geschenke, die Steiner zusammengetragen hat, stammen von Schülern der St.-Ursula-Schule, von Kirchengemeinden, dem Kekshersteller Bahlsen und vom Real-Markt in Hemmingen. Seit einigen Jahren schreiben die Flüchtlingskinder Wunschzettel, die an einen „Wunschbaum“ in dem Supermarkt gehängt werden. Die Päckchen mit den Geschenken werden schließlich von Kunden gepackt – nach den Wünschen der Kinder oder der Eltern von Kleinkindern.
Dann endlich ist es so weit. Der Weihnachtsmann kommt nicht mit dem Schlitten. Er fährt mit dem Wagen vor, weil der Schnee fehlt. Achim Gustke – mit echtem Vollbart – ist hauptberuflich Installateur, er wurde von den ehrenamtlichen Festorganisatoren der Gemeinde Dreisechzehn engagiert. Stück für Stück arbeitet er sich durch den Berg von Geschenken. Die größeren Kinder passen wie die Luchse mit großen Augen auf, bis ihr Name aufgerufen wird. Für die Babys und Kleinkinder nehmen die Mütter die Geschenke entgegen – zumeist warme Kinderkleidung. Aber niemand packt ein Päckchen aus. „Das wäre auch eine Katastrophe, wenn das hier auch noch alles rumfliegen würde“, kommentiert Steiner.
Nein, die Päckchen und Pakete würden später ganz in Ruhe in den Zimmern geöffnet. Nach der Bescherung für die Kinder erhält jede Familie noch eine große Tüte mit Keksen. Den rund 30 Alleinstehenden ohne Familie, die tagsüber häufig unterwegs sind, legen Steiner und ein Kollegin später noch eine große Tüte auf ihr Bett – gefüllt mit Süßigkeiten und Nützlichem wie Hygieneartikeln.
Auch nach Weihnachten freuen sich die Bewohner der hannoverschen Flüchtlingsheime über Spenden. Allerdings ist es wichtig, die Hilfsbereitschaft gezielt einzusetzen. Kleiderspenden werden oft gar nicht benötigt, ebensowenig defekte oder völlig abgenutzte Geräte.
Am besten ist es, Kontakt zu den Wohnheim-Betreibern aufzunehmen:
Caritas: Telefon (0511) 126001032, info@caritas-hannover.de
Wohnheim der evangelischen Freikirche, Hildesheimer Straße 161: Telefon (0511) 9806713
Fair Facility und Unterstützerkreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover: Telefon (0152) 33995661, E-
Mailadresse fluechtlingsheime-hannover@online.de
Deutsches Rotes Kreuz: Telefon (0511) 3671151
European Homecare: mail@eu-homecare.com (betreibt mehrere Heime auch in Hannover)
HAZ vom 23.12.2014, S. 1:
Jugendämter nehmen Tausende Kinder unter ihre Fittiche
Zahlen in Niedersachsen deutlich gestiegen / Viele landen in Heimen
Von Christina Sticht und Karl Doeleke
Hannover. Sie werden misshandelt, vernachlässigt oder kommen als Flüchtlinge allein in Deutschland an: 2013 haben die niedersächsischen Jugendämter 3738 Kinder in Obhut genommen, um sie zu schützen. Das waren 5 Prozent mehr als 2012 und sogar 27,4 Prozent mehr als 2008, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Viele dieser Kinder landen in Heimen und anderen Hilfseinrichtungen.
Ein Kind aus einer Familie zu nehmen sei immer eine schwere Entscheidung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter, sagte Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt am Montag der HAZ. „Es gibt aber Situationen, in denen ein Verbleib in der Familie nicht mehr vertretbar beziehungsweise riskant wäre – dann muss auch gehandelt werden.“ Die erhöhte Zahl der Inobhutnahmen gehe zum Teil auf eine erhöhte Sensibilität der Bevölkerung zurück: Es gibt mehr Hinweise auf vernachlässigte Kinder. „Möglicherweise ist auch die Interventionsbereitschaft der Jugendämter gestiegen“, sagte Rundt.
Zudem kommen mehr minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung nach Deutschland. Auch für sie sind die Jugendämter zuständig. 2013 wurden in Niedersachsen 257 unbegleitete Flüchtlinge unter 18 Jahren in Obhut genommen, das waren 46 mehr als 2012 und fast doppelt so viele wie 2011. Im vergangenen Jahr lebten mindestens 429 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zwischen Nordsee und Harz. Das geht aus einer Umfrage hervor, die 34 von 56 Jugendämtern beantwortet haben. Ende 2012 waren landesweit 6207 Mädchen und Jungen in Heimen und anderen betreuten Wohnformen untergebracht sowie 6966 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien. „Besonders in Großstädten fehlen Familien, die bereit sind, ein Pflegekind aufzunehmen“, sagte Anke Kuhls, die an der Universität Hildesheim die Lebenslagen von Pflegekindern wissenschaftlich untersucht. „Der organisatorische Rahmen ist sehr unterschiedlich, alle niedersächsischen Pflegekinderdienste arbeiten anders.“
Auch bundesweit stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in Pflegefamilien untergebracht wurden, im vergangenen Jahr um 5 Prozent an. Bundesweit haben die Behörden von 10?000 Kindern und Jugendlichen rechnerisch 32 in Obhut genommen; in Niedersachsen waren es 28 – deutlich mehr als im Jahr 2008. Damals kamen auf 10.000 Kinder noch 20 Inobhutnahmen. Inzwischen bitten Jugendliche immer häufiger darum, aus ihren Familien genommen zu werden.
In der Stadt Hannover nahm das Jugendamt im vergangenen Jahr 448 Kinder und Jugendliche unter seine Fittiche. Für das laufende Jahr erwartet die Stadt einen ähnlichen Trend. Inobhutnahmen seien immer das letzte Mittel bei Konflikten zwischen Jugendlichen und Eltern, betonte ein Stadtsprecher. Hannover hat daher für Jugendliche eine Anlaufstelle eingerichtet.
HAZ vom 23.12.2014, S. 1:
Pflegefamilien gesucht
(ran). Eltern sind Mangelware: In städtischen Gebieten wird es zunehmend schwieriger, Elternpaare oder Familien zu finden, die Pflegekinder aufnehmen. Dabei müssen die Pflegeeltern dafür zumindest formell nur wenige Bedingungen erfüllen.
Das Wichtigste ist, dass die Eltern zeitlich in der Lage sind, sich um das Kind zu kümmern. Gerade in der Anfangszeit bedeutet das aber, dass mindestens ein Elternteil 24 Stunden am Tag ansprechbar sein muss, also keinem Beruf nachgehen kann. Einige Kommunen verlangen zudem ein polizeiliches Führungszeugnis über die vergangenen fünf Jahre sowie ein Gesundheitszeugnis, indem bescheinigt wird, dass man gesundheitlich in der Lage ist, sich um ein Kind zu kümmern. Die Entscheidung über die Eignung der Eltern trifft nach Gesprächen das Jugendamt.
Der Mangel an Pflegeeltern habe damit zu tun, dass Eltern heute in der Regel beide berufstätig sind, um ihre Altersversorgung zu sichern, sagt die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft für Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien, Irm Wills. Aber auch die Ungewissheit darüber, wie lange das aufgenommene Mädchen oder der Junge tatsächlich in der Familie bleibe, lasse viele Eltern vor der Aufnahme eines Pflegekindes zurückschrecken.
HAZ vom 18.12.2014, S. 10:
Obdachloser will helfen – und wird reich belohnt
Studentin sammelt Tausende Pfund für Robbie
Von Fides Middendorf
London. Ein Obdachloser bot ihr nachts sein letztes Kleingeld für die Heimfahrt mit dem Taxi – nun hat eine britische Studentin aus Dankbarkeit Tausende Pfund für den Mann gesammelt.
„Nachdem ich meine Bankkarte verloren und am frühen Morgen kein Geld hatte, ist ein obdachloser Mann auf mich zugekommen und hat mir sein einziges Kleingeld von 3 Pfund angeboten und darauf beharrt, dass ich es nehme, um ein Taxi zu bezahlen“, schrieb die Studentin Dominique Harrison-Bentzen auf ihrer Spendensammel-Website.
Sie habe das Geld nicht genommen, doch sei sie berührt gewesen von dieser Geste „eines Mannes, der jeden Tag mit Ignoranz konfrontiert ist“.
Die Studentin entdeckte, dass der Mann namens Robbie, der seit sieben Monaten in der nordenglischen Stadt Preston auf der Straße lebt, bereits früher durch gute Taten auffiel. Sie beschloss daraufhin, selbst 24 Stunden auf der Straße zu verbringen, um Geld für Robbie zu sammeln.
Quelle: dpa
Gemeinsam könnten sie zu Weihnachten sein Leben ändern und ihn „endlich von der Straße holen, damit er es sicher und warm hat“, schrieb Harrison-Bentzen in ihrem Spendenaufruf. Sie rief dazu auf, jeweils 3 Pfund (3,80 Euro) zu geben – die selbe Summe, die Robbie ihr angeboten hatte. Bis Mittwoch hatte die junge Frau mehr als 16.500 Pfund (20.500 Euro) gesammelt.
HAZ vom 18.12.2014 (Stadt-Anzeiger Süd, S. 1):
HAZ vom 16.12.2014, S. 13:
Unterkünfte für Obdachlose sind komplett belegt
Stadt schafft knapp 50 neue Plätze / Kältebus der Johanniter startet seine Touren mit warmen Getränken
Von Veronika Thomas
Die Kapazitäten der Stadt zur Unterbringung Wohnungsloser sind nahezu erschöpft. Aktuell leben 849 Menschen (Stichtag 30. November) ohne eigene Wohnung in städtischen Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünften, das sind 60 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das berichtete Stadtplaner Michael Heesch gestern im Sozialausschuss. Sozialdezernent Thomas Walter wies unterdessen auf das Winternotprogramm für Obdachlose hin.
400 der fast 850 Wohnungslosen hat die Stadt in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht; weitere 450 in Schlichtwohnungen. 440 der Betroffenen ohne Obdach sind alleinstehend – 170 Frauen und 270 Männer. Die übrigen sind Familien oder Paare. Der Anteil wohnungsloser Osteuropäer aus Bulgarien und Rumänien liegt bei durchschnittlich 25 Prozent. Er schwanke aber zwischen 200 und 300 Personen.
„Die Stadt weist niemanden ohne Obdach ab“, betonte Heesch. Es könne allerdings vorkommen, dass die Menschen in der Notschlafstelle in der Wörthstraße für eine Nacht zusammenrücken müssten, ehe sie am nächsten Tag vom Wohnungsamt eine Unterkunft zugewiesen bekämen. Um mehr Platz für Wohnungslose zu schaffen, baut die Stadt das Dachgeschoss der Wohnungslosenunterkunft Wörthstraße zurzeit aus, um Platz für 30 Bewohner zuschaffen. In Planung ist eine weitere Einrichtung ausschließlich für wohnungslose Frauen im Roderbruch. Hier sollen weitere 18 Plätze entstehen.
Das ursprünglich nur für die kalte Jahreszeit initiierte Winternotprogramm für Wohnungslose geht jetzt in die „heiße Phase“. Heute Abend um 18 Uhr fährt der sogenannte Kältebus der Johanniter erstmals mit heißer Suppe, warmen Getränken und Schlafsäcken die wichtigsten Treffpunkte Wohnungsloser an – darunter den Kröpcke und die Lutherkirche. Als weitere Termine nannten die Johanniter den 18. und 23. Dezember. Ab 6. Januar werden Kröpcke und Lutherkirche bis Ende März regelmäßig dienstags und donnerstags angefahren.
Quelle: Kateryna Kostyrko
Im vergangenen Jahr war das Winternotprogramm erstmals auf das ganze Jahr ausgeweitet worden, um den Betroffenen besser helfen zu können. Zwei Sozialarbeiterinnen trafen bei 98 Straßengängen rund 1000 Wohnungslose an, das waren doppelt so viele wie 2012. Um Obdachlosen, vor allem jenen, die auch bei Minusgraden draußen übernachten, Hilfe zu gewähren, bittet Sozialdezernent Walter die Bevölkerung, die Betroffenen anzusprechen.
Wer einen hilflos wirkenden Obdachlosen sieht, sollte Polizei oder Rettungsdienst verständigen. Die Straßensozialarbeiter sind unter der Winternotfallnummer (0511) 9904015 per Anrufbeantworter oder per E-Mail unter winternotfallplan@juh-nds-mitte.de erreichbar.
HAZ vom 15.12.2014, S. 11:
Ein Fest für Leib und Seele
Entenbraten, Geschenke und Lametta. Das HCC lädt 1.000 Bedürftige ein - für viele ist es die einzige Weihnachtsfeier
Von Saskia Döhner
Frank Spangenberg lässt sich die Haare schneiden. Sein letzter Friseurbesuch liege schon eine Weile zurück, sagt der 55-Jährige. Er wohnt im Werkheim an der Büttnerstraße, einer Unterkunft für Obdachlose. Wer täglich ums Überleben kämpft, für den sind Friseurbesuche Luxus.
Ein bisschen Luxus ist es auch, den sich die knapp 1.000 Gäste, darunter etwa 350 Kinder, am Sonntagnachmittag im Hannover Congress Centrum gönnen. Sie feiern Weihnachten – mit einem Festessen, Musik und Geschenken. Seit drei Jahren gibt es die „Weihnachtsfeier für Obdachlose und Bedürftige“. Und dieses Mal sind so viele gekommen wie noch nie. Rund 250 ehrenamtliche Helfer, darunter allein rund 80 HCC-Mitarbeiter, lassen den Tag für viele unvergesslich werden.
„An Weihnachten muss man für die Gesellschaft etwas Gutes tun und denen helfen, die sonst nie hier sind“, sagt HCC-Direktor Joachim König. Die einen spenden ihre Arbeitszeit, die anderen Essen, Getränke, Kleidung, Spielsachen oder Hundefutter.
Eigens engagierte Hundetrainer betreuen die Hunde, während Herrchen und Frauchen drinnen an festlich dekorierten Tischen speisen. Allerdings nutzen nur fünf Hundesbesitzer dieses Angebot, die Tüten mit Futter finden hingegen reißenden Absatz. Genauso wie die gespendeten Hosen, Jacken und Mäntel. Viele Gäste verlassen am Abend dick bepackt das HCC.
Quelle: Behrens
„Es ist einfach schön, einmal raus zu kommen und unter Menschen zu sein“, sagt eine Mittfünfzigerin aus Garbsen mit russischem Akzent. „Ich kenne zwei Frauen, die vor Kurzem gestorben sind – an Einsamkeit.“ Sie schluckt. Eine Frau aus der Südstadt ist schon zum zweiten Mal dabei: „Das ist ein richtig schönes Fest – wie echtes Weihnachten eben.“ Sie spricht leise, ihren Namen will sie lieber nicht nennen. Auch wenn sie gerne gekommen sei. „Man muss ja nicht unbedingt wissen, dass ich hier bin.“
Frank Spangenberg und Oliver Wrobel aus dem Werkheim in der Büttnerstraße freuen sich vor allem auf das kulturelle Beiprogramm zu Ente und Bratapfel: „Wir lassen uns überraschen“, meint Wrobel. Mary Roos singt, mit blondem Pagenkopf und wild gemustertem Blazer. „Die habe ich früher in meiner Heimatstadt schon mal gesehen“, sagt Spangenberg. Im Publikum sitzen viele Fans der Schlagersängerin.
Hannoversche Lokalgrößen wie Kabarettist Matthias Brodowy und Radiomoderator Ecki Stieg stehen auf der Bühne und servieren auch das Festmenü. Hier packt jeder mit an. Neben der Band von Ex-Fury-in-the Slaughterhouse-Schlagzeuger Rainer Schumann treten auch die „Wohnraumhelden“ und „Die fabelhaften Mendocinos“ mit James Holm auf.
Während in einem Saal die Erwachsenen „Ich war noch niemals in New York“ summen, zaubert im anderen Raum Cody Stone Kindern etwas vor. Der achtjährige David von der Wilhelm-Busch-Grundschule in Oberricklingen gefällt der Trick mit dem schwebenden Tisch am besten. „Ich kann jetzt Fingerabdrücke nehmen“, sagt er stolz und hält eine Kiste mit dem entsprechenden Equipment hoch.
„Zu Hause feiern wir kein Weihnachten“, sagt Victory, die noch zwei Schwestern und einen kleinen Bruder hat. Die Sechsjährige fügt hinzu: „Meine Mutter wollte eigentlich einen Baum kaufen, aber dann hatte sie kein Geld mehr.“ Mitschülerin Nikola berichtet, dass sie über Weihnachten zu den Großeltern nach Polen fährt: „Die haben einen Weihnachtsbaum.“ Victory sagt: „Meine Großeltern leben in Ghana, aber da war ich noch nie.“
Für die Kinder gibt es neben Zaubertricks, Festessen (Nudeln und Schokoladeneis) auch Kinderschminken und Basteln. Paulina Jürgensmann, 20, hilft am Maltisch. Für die Künstlerin aus der Nordstadt ist das Ehrensache: „Weihnachten muss man etwas zurückgeben.“
HAZ vom 10.12.2014, S. 6:
Schnelle Hilfe ohne viele Fragen
Der Arzt Detlev Niebuhr behandelt ehrenamtlich Patienten, die keine Krankenversicherung haben
Von Wolfgang Klietz
Hamburg. Die meisten Patienten wollen ihren Namen nicht nennen. Auch über ihr Schicksal sprechen sie nur selten und nur dann, wenn Detlev Niebuhr danach fragt. Wer zu ihm kommt, ist krank – und ohne Krankenversicherung, manchmal ohne Aufenthaltserlaubnis, fast immer in Not. Der 69-jährige Internist behandelt ehrenamtlich kranke Menschen, die ohne Dokumente in Hamburg leben. Wie viele es sind, weiß niemand genau. Sicher ist nur, dass die Zahl in die Zehntausende geht. „Das ist unsere Zielgruppe“, sagt Niebuhr.
Die wöchentliche Sprechstunde im Marienkrankenhaus gehört zum bundesweiten Programm des Projekts Malteser Migranten Medizin, das mittlerweile in 13 deutschen Großstädten – auch in Hannover – kostenlose medizinische Hilfe anbietet. Die katholische Klinik stellt in Hamburg jeden Donnerstag von 16 bis 20 Uhr den Raum der chirurgischen Ambulanz für Niebuhr und seine Kollegen Helgo Meyer-Hamme und Hubertus Zimmermann bereit. Vor sechs Jahren haben die Malteser im Dienstzimmer des Krankenhausgeistlichen angefangen, Migranten zu behandeln. Doch der kleine Raum reichte schon bald nicht mehr aus. „Unser Angebot hat sich schnell herumgesprochen“, sagt Niebuhr.
Quelle: Georg Wendt
Das Marienkrankenhaus stellt nicht nur die Ambulanz inklusive eines modernen Ultraschallgeräts zur Verfügung, sondern zahlt auch sämtliche Verbrauchsmaterialien vom Pflaster bis zur Injektionsnadel. Die erfahrenen Ärzte arbeiten ehrenamtlich. „Es ist schrecklich, dass man uns braucht“, sagt Niebuhr, der auf einem Resthof in der Nähe von Hamburg lebt und vor seinem Ruhestand eine Dialysepraxis geleitet hat. „Die Situation ist ähnlich wie bei den Tafeln: Viele Menschen sind darauf angewiesen.“
Jeder zweite Patient kommt aus einem EU-Land. Die meisten haben einen rumänischen oder bulgarischen Pass, sind auf der Suche nach Arbeit in der reichen Metropole gestrandet. Zu den Patienten gehören auch Deutsche, die den Schutz einer Krankenversicherung verloren haben. Die Gesetzeslage schließe diesen Verlust theoretisch zwar aus, sagt Niebuhr. Praktisch sehe die Situation aber anders aus.
„Für viele Menschen sind wir der Hausarzt“, sagt Niebuhr über sich und seine Kollegen. Braucht der Patient einen Facharzt, bitten die Migrantenmediziner um Unterstützung bei Kollegen, die kostenlos helfen und keine Fragen stellen. Medikamente spendet ein Verein. Außerdem steht bei einer Clearingstelle Geld zur Verfügung, um Röntgenbilder und andere medizinische Dienstleistungen zu bezahlen, die nicht ehrenamtlich geleistet werden können. 1500 Männer, Frauen und Kinder haben bislang bei Niebuhr und seinen Kollegen Hilfe gesucht – Tendenz steigend.
HAZ e-paper vom 06.12.2014:
Wie werde ich ... ? Streetworker/in
Ihren Arbeitstag verbringen sie auf Parkplätzen, in Einkaufszentren und Hinterhöfen. Streetworker kümmern sich um Jugendliche, Obdachlose, Drogenabhängige. Wer auf der Straße unterwegs ist, erlebt viel Trauriges.
Berlin. Und kennt die Stadt in allen Facetten.
Ob Punks oder Emos: Am Alexanderplatz in Berlin ist fast jede Subkultur vertreten. Die Jugendlichen sitzen auf den Stufen vor der Filiale einer Fast-Food-Kette, treffen sich an der Weltzeituhr oder sammeln sich auf den Bänken rund um den Fernsehturm. Ulf Siegel geht auf alle gleichermaßen zu: "Wie geht's? Wie sieht's aus?" Wer hier öfter herumhängt, wird irgendwann seine Bekanntschaft machen. Der 51-Jährige ist Streetworker am Alexanderplatz.
Streetworker - oder zu deutsch Straßensozialarbeiter - arbeiten in sozialen Brennpunkten. Sie versuchen jene zu erreichen, die keine Hilfe wollen oder die nicht in der Lage sind, sich Hilfsangebote zu organisieren. Das können Obdachlose oder Drogenabhängige sein oder Jugendliche, die im öffentlichen Raum ihre Freizeit verbringen. Dabei ist 'Streetwork' streng genommen kein Berufsbild - sondern eine Methode in der Sozialarbeit. Das Konzept stammt aus den USA. In Deutschland gibt es Sozialarbeiter, die auf der Straße arbeiten, seit den 1960er Jahren.
Am Berliner Alexanderplatz hängen regelmäßig bis zu 100 Jugendliche ab, schätzt Siegel. Sein erstes Ziel: mit ihnen bekannt sein. Dass er Hilfsangebote macht, kommt später. Nicht jeder Jugendliche, der am Alex abhängt, braucht Unterstützung. Aber es gibt durchaus welche, um die sich zu Hause niemand kümmert. Wenn sie Probleme haben, versucht Siegel zu helfen. Die Schwierigkeiten sind dabei ähnlich vielfältig wie die Zahl der Subkulturen am Alexanderplatz: Mal begleitet er Jugendliche zum Gericht, anderen hilft er bei der Ausbildungsplatz- oder Wohnungssuche. Er hat auch schon Kindergeburtstage organisiert.
Quelle: Gabbert
Siegel ist bei Gangway angestellt, einem privaten Verein in Berlin, der Straßensozialarbeit macht. So etwas gibt es zum Beispiel auch in Bremen bei dem Verein Vaja. Daneben sind Streetworker bei Kommunen oder bei der Kirche angestellt. Schätzungsweise gibt es rund 800 Arbeitgeber in Deutschland, die Streetworker brauchen, erzählt Marco Brockmann. Er ist im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/Mobile Jugendarbeit und selbst als Streetworker in Osnabrück aktiv. Trotzdem seien die Stellen rar gesät.
Wer Streetworker werden will, braucht in der Regel ein Studium, erklärt Paul Ebsen von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Mögliche Studiengänge sind zum Beispiel Sozialpädagogik, Soziale Arbeit oder Erziehungswissenschaften. Auf jeden Fall sollten Jugendliche vorher ein Praktikum machen, um zu sehen, ob es etwas für sie ist.
"Man muss schon einmal den einen oder anderen Spruch aushalten und man ist draußen auf der Straße, nicht im geschützten Büro", warnt Brockmann. Hinzu kommen für viele die unbequemen Arbeitszeiten. Vormittags sind die Jugendlichen in der Regel in der Schule. Der Haupteinsatz ist für Streetworker in der Jugendarbeit deshalb am Nachmittag, Abend und am Wochenende.
Wie viel Streetworker verdienen, ist unterschiedlich. Es hängt vom Bundesland ab und davon, ob Arbeitnehmer bei einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber angestellt sind. Wer etwa für eine Kommune arbeitet, wird nach dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes bezahlt. Dort können Berufseinsteiger mit rund 2500 Euro brutto rechnen.
Siegel würde seinen Job trotz der oft ungewöhnlichen Arbeitszeiten immer wieder wählen. Doch er erlebt auch Rückschläge. "Einmal habe ich einem Jugendlichen zu einer Arbeit und zu einer Wohnung verholfen und ein Jahr später treffe ich ihn bei einer Drückerkolonne wieder", erinnert er sich.
HAZ e-paper vom 06.12.2014:
Ein Kaffee und ein warmes Plätzchen
Die Ökumenische Essensausgabe am Leibnizufer ist wieder geöffnet
Bis voraussichtlich März werden die Mitarbeiter mehr als 14.000 Essen an Bedürftige austeilen
Von Katharina Derlin
Hannover. Es wird kalt draußen - für Obdachlose bedeutet das eine besonders harte Zeit. Seit Anfang dieser Woche bis voraussichtlich Mitte März teilen die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Ökumenischen Essensausgabe daher wieder warme Mahlzeiten aus. In der mittlerweile 26. Saison rechnen die Organisatoren damit, insgesamt mehr als 14.000 Portionen zu verteilen.
„Es geht hier um ein gutes Miteinander, jeder ist willkommen und wird nicht nach seiner derzeitigen Situation ausgefragt“, sagt Pfarrer Johannes Lim. Es sei eben nicht nur ein Ort, um den Hunger zu stillen, sondern auch ein Platz zum Aufwärmen, zum Ratsuchen und um soziale Kontakte zu knüpfen.
90 Sitzplätze sind in den Räumen des Caritas-Verbandes am Leibnizufer 13-15 vorhanden, durchschnittlich 143 Bedürftige suchten diese im vergangenen Jahr täglich auf. An frostigen Tagen, wie beim erneuten Kälteeinbruch im Februar, kamen an einem Tag sogar 250 hungrige Besucher.
Quelle: Dröse
„Der Zustand, in dem die Leute zu uns kommen, wird immer elendiger“, erklärt Gottfried Schöne, Leiter der Zentralen Beratungsstelle für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten.
Im letzten Jahr gab es vermehrt Auseinandersetzungen unter den Bedürftigen, wechselseitige Ressentiments waren nach Angaben der Organisatoren die Ursache. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter haben deshalb ein Deeskalationstraining absolviert, um die oft schwierigen Situationen künftig ohne Hilfe der Polizei zu bewältigen.
Die Mahlzeiten werden in der Zentralküche des Friederikenstifts gekocht, außerdem unterstützt der Gastronom Cord Kelle über seinen Verein Kochen für Obdachlose die Essensausgabe an zwei bis drei Tagen die Woche. Der Besitzer des Restaurants Jägerhof in Langenhagen-Krähenwinkel engagiert sich seit vier Jahren für die Essensausgabe, dieses Jahr rechnet er mit 6500 Portionen. Wie die Essensausgabe ist aber auch er auf Spenden angewiesen.
So können am nächstem Sonnabend ab 14 Uhr die Wollteile, die im Oktober als Kunstinstallation von Mansha Friedrich die Kuppel von St. Clemens zierten und inzwischen zu Schals und Decken verarbeitet sind, im Tagungshaus der Kirche gekauft werden. Der Erlös kommt der Essensausgabe zugute.
HAZ vom 05.12.2014, S. 17:
„Tu dir doch mal was Gutes“ mag sie nicht mehr hören
Heute ist Tag des Ehrenamts - Gauck zeichnet die Hanoveranerin Annette Loer in Berlin mit dem Bundesverdienstkreuz aus
Von Jan Helge Petri
Annette Loer aus der List möchte ihre Person nicht in den Vordergrund stellen. Das ist nicht ihre Art. Heute, am Internationalen Tag des Ehrenamtes, wird ihr in Berlin vom Bundespräsidenten für ihre Arbeit beim Frauennotruf für vergewaltigte Frauen das Bundesverdienstkreuz verliehen. Das freut sie – auch wenn es ihr mehr um die Sache geht.
Quelle: Thomas
1992 ist die Juristin zum Rechtsreferendariat nach Hannover gekommen. „Damals war sexuelle Gewalt gegen Frauen noch ein Tabuthema“, sagt sie. Zwar gibt es seit den siebziger Jahren zwei Frauenhäuser in der Stadt, eine direkte Anlaufstelle für vergewaltigte Frauen aber habe gefehlt. Die Antwort war der Verein Frauennotruf. Bei Loers Zuzug war der Verein gerade in der Entstehungsphase.
„Der Plan war, vergewaltigten Frauen unmittelbar nach der Tat in rechtlichen Fragen zur Seite zu stehen und sie psychologisch zu betreuen.“ Mit ihrem Jurastudium brachte sie das Rechtswissen dafür mit. Die Vermittlung der Betroffenen an geeignete Rechtsanwältinnen fiel damit in ihr Aufgabengebiet. Auch um eine Aufstellung geeigneter Frauenärzte kümmerte sie sich. Am Wochenende machte sie Telefondienst, um Opfern bei Anrufen Halt zu geben. Das alles tat sie ehrenamtlich.
„Psychologisch geschult waren wir damals beim Frauennotruf nicht“, sagt Annette Loer, „learning by doing“ sei das Credo gewesen. Wöchentlich traf sich das siebenköpfige Frauenteam im Plenum und sprach über aktuelle Fälle. Was sich nach einer großen Versammlung anhört, war aber zunächst nicht mehr als ein Treffen in einer Altbauwohnung in der Bödekerstraße. Mit Plakataktionen und Demonstrationen versuchte der Verein, das Thema sexuelle Gewalt gegen Frauen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und zu enttabuisieren. Die Unterstützung von Stadt und Region war damals noch nicht groß.
„Zu dieser Zeit hätte ich ein Bundesverdienstkreuz mit Sicherheit nicht angenommen“, sagt Annette Loer: „Schon aus Protest nicht.“ Dass dies heute passiert, beweist, dass sich viel geändert hat. „Der Frauennotruf hat sich vom kleinen Verein zu einer Fachberatungsstelle entwickelt und wird inzwischen von Stadt und Region finanziert.“
Ehrenamtliche Mitarbeiter sind geblieben, aber professionell geschulte; Hauptberufliche kamen hinzu.
5000 Frauen haben sich seit der Gründung vom Frauennotruf helfen lassen. Darauf ist Annette Loer stolz. Zwar ist sie weiter Mitglied im Vorstand des Notrufs, ihr ehrenamtliches Wirken hat sich aber stärker in einen anderen Bereich verlagert. Die Betreuungsrichterin ist jüngst in den Vorstand des Betreuungsgerichtstags gewählt worden und seit 2005 Mitglied einer Besuchskommission. Sie besucht in ihrer Freizeit regelmäßig und unangekündigt Psychiatrien und Heime im Raum Hannover, um Missstände aufzudecken und die Betreuungsqualität zu verbessern.
„Mir ist das selbstbestimmte Leben der Betreuten wichtig“, sagt sie. „Im Prinzip sind die rechtlichen Vorschriften im Betreuungsrecht gut, es mangelt teils nur an der Umsetzung. Da gibt es noch viel zu tun.“ Und genau daran möchte sie in Zukunft arbeiten.
Aus ihrer aktuellen Brustkrebserkrankung macht Annette Loer kein Geheimnis. „Ich besitze eine Perücke, aber verkleiden liegt mir nicht“, sagt die 52-Jährige. Erst kürzlich hat sie den letzten Bestrahlungstermin hinter sich gebracht. Den Rat von Freunden: „Tu dir doch mal was Gutes“, kann sie nicht mehr hören. Ehrenamtlich aktiv war sie die ganze Zeit über trotzdem – so weit es ging. „Daraus habe ich meine Kraft gezogen“, sagt sie. Zur Ehrung nach Berlin fährt sie jetzt mit Schwester, zwei Freundinnen und ihrem 21-jährigen Sohn, der dafür extra aus Schweden kommt.
HAZ vom 05.12.2014, S. 16:
Stadt braucht mehr Platz für Obdachlose
Wohnungslose und Zuwanderer kobkurrieren um Schlafplätze / Stadt: Künftig wird es noch enger
Von Jörn Kießler
Die Lage der Wohnungslosen in Hannover wird angesichts winterlicher Temperaturen kritischer. Der Stadtverband der Diakonischen Werke schlägt Alarm. Es werde für Obdachlose immer schwieriger, Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. Grund ist die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt, die sich durch die steigende Zahl zugezogener Menschen aus Osteuropa verschärft. Diese gelten formal nicht als Flüchtlinge, haben aber dennoch vielfach keine Bleibe und können kaum selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen.
Nach Informationen der Stadt reichen die derzeit zur Verfügung gestellten Plätze in den vorgehaltenen Wohnungen, Gemeinschafts- und Notunterkünften zwar rechnerisch noch für die Menschen aus, die sonst auf der Straße übernachten müssten. Allerdings sei die Lage in den Notunterkünften „teilweise so schlecht, dass viele Obdachlose lieber auf der Straße übernachten, als dort Hilfe zu suchen“, sagt Gottfried Schöne von der Zentralen Beratungsstelle der Diakonischen Werke. Die Stadt will nun nach Auskunft von Sprecherin Konstanze Kalmus „die Kapazitäten der bereits bestehenden Einrichtungen erhöhen“. Im Klartext: Die Wohnungslosen, die in den Unterkünften übernachten, müssen noch enger zusammenrücken.
Bei der Diakonie rechnet man derzeit mit einer Zahl von etwa 3000 Menschen, die in der Stadt leben, aber keine feste Wohnung haben. „Weit über 1000 von ihnen kommen bei Freunden und Bekannten unter – mit der dauerhaften Angst, plötzlich ihren Schlafplatz zu verlieren, weil etwa der Vermieter den Dauerbesuch nicht mehr duldet“, sagt Schöne. Die Stadt hält zurzeit rund 900 Plätze in Unterkünften bereit. Hinzu kommen noch 350 Plätze der Diakonischen Werke und einige Hundert in privaten Unterkünften. „Die anderen finden Unterschlupf in Abbruchhäusern, Gartenlauben und unter Brücken“, sagt Schöne. „Und einige wollen diese Plätze selbst bei eisigen Temperaturen nicht verlassen.“
Grund sind häufig schlechte Erfahrungen, die die Obdachlosen in den Gemeinschaftseinrichtungen und Notschlafstellen gemacht haben. „Einige von ihnen waren im Gefängnis oder in Heimen und ertragen die Zustände in den Unterbringungen einfach nicht“, erklärt Diakonie-Pastor Rainer Müller-Brandes. „Doch genau diese werden immer voller.“ Immer mehr mittellose Menschen konkurrieren um die Plätze – auch die Zuwanderer. „Sie nehmen etwa ein Drittel der Plätze in den städtischen Unterbringungen ein“, sagt Kalmus.
Einen Mangel an Unterkunftsplätzen kann die Stadt nach Auskunft von Sprecherin Kalmus noch nicht bestätigen. Allerdings wissen die Diakonischen Werke „von mindestens fünf bis zehn Obdachlosen, die auch in der kalten Jahreszeit auf der Straße übernachten, weil ihnen die Notfallstelle zu voll ist“, sagt Schöne. „Lieber bringen sie ihr Leib und Leben in ernste Gefahr.“
Um Lösungen für zu finden, haben sich in der vergangenen Woche Vertreter von Hilfsorganisationen mit Ratspolitikern getroffen. Dabei wurde auch der Vorschlag gemacht, ein ähnliches Wohnbauprogramm wie in Bremen zu starten. Im sogenannten Bündnis für Wohnen hatten sich in der Hansestadt rund 40 Akteure aus Wohnungswirtschaft, Wohnungsbaupolitik, Kammern und Verbänden zusammengefunden und stadtentwicklungs- und wohnungspolitische Ziele verabredet – etwa, dass 25 Prozent aller neu gebauten Wohnungen für soziale Zwecke zur Verfügung stehen sollten und jede zehnte davon zur Unterbringung von Wohnungslosen.
HAZ vom 05.12.2014, S. 16:
Unbekannter spendet AWO 4000 Euro
"Für die Arbeitslosen" / Umschlag im Briefkasten
Von Veronika Thomas
Unverhoffter Geldsegen für die Arbeiterwohlfahrt: Ein anonymer Spender hat der Wohltätigkeitsorganisation einen Umschlag mit 4000 Euro im Briefkasten einer Lindener AWO-Einrichtung hinterlassen, in der unter anderem Arbeitslose betreut werden. Das Couvert enthielt zwei 500-Euro-Scheine und 30 Hunderter. Eine Mitarbeiterin fand den Umschlag mit der Aufschrift „Für die Arbeitslosen, zum Beispiel für gemeinsame Unternehmungen“ am Mittwochmorgen dort im Briefkasten.
„Wir freuen uns natürlich riesig und bedanken uns herzlich bei dem unbekannten Spender“, sagte AWO-Geschäftsführer Burghard Teuber. Es sei das erste Mal, dass die AWO anonym so viel Geld erhalten habe, dazu noch in bar. Das Geld soll dem Spenderwunsch entsprechend eingesetzt werden.
Bei dem anonymen Spender scheint es sich um dieselbe Person zu handeln, die dem Ahlemer Arbeitslosenhilfeverein ASG vor zwei Wochen 2000 Euro in bar in den Briefkasten seiner Geschäftsstelle in der Heisterbergallee 99 eingeworfen hatte.
HAZ vom 29.11.2014, S. 6:
Kinder aus kotverdreckter Wohnung geholt
Weiterer Vater droht mit Anschlag in Kreishaus
Von Matthias Bunnert und Michael Evers
Hameln. Aus einer mit Hundekot und Urin verschmierten, völlig verwahrlosten Wohnung in Hameln hat die Polizei zwei Kinder herausgeholt. Die beiden acht und zwölf Jahre alten Mädchen seien in die Obhut des Jugendamtes übergeben worden, sagte ein Sprecher am Freitag. Nach Angaben des Landkreises Hameln-Pyrmont waren die hygienischen Zustände in der Wohnung unhaltbar, auch acht Hunde wurden aus der Wohnung geholt. „Die Kinder hätten keine Stunde länger in der Wohnung bleiben dürfen“, sagte eine Sprecherin. Die 29-jährige Mutter und ihr ein Jahr jüngerer Ehemann betreiben in den Räumen eine Hundezucht. Beiden drohen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung an den Mädchen.
Ebenfalls in Hameln sorgte nach der Inobhutnahme seiner Kinder am Freitag auch ein weiterer, 22 Jahre alter Familienvater mit einer Bombendrohung gegen die Kreisverwaltung für Aufregung. Er wurde vor einer Betreuungseinrichtung festgenommen, teilte die Polizei mit. Beamte hatten die Inobhutnahme beaufsichtigt. Warum der Familie die Kinder entzogen wurden, war nicht zu erfahren. Kurze Zeit danach ging der Hilferuf der Kreisverwaltung ein, die der Mann bedroht hatte.
Der 22-Jährige kam zunächst ins Polizeigewahrsam, wurde aber später nach einer Gefahrenanalyse und einer deutlichen Ansprache wieder entlassen. In der Kreisverwaltung in Hameln war Landrat Rüdiger Butte 2013 von einem Rentner erschossen worden, der über Jahre mit den Behörden im Clinch gelegen hatte.
Im ersten Fall hatte ein Nachbar die Polizei in der Nacht zu Freitag alarmiert, weil aus der Wohnung in einem Mehrparteienhaus bestialischer Fäkalgestank drang. Die Beamten entdeckten die kränklich wirkenden Mädchen in einem Kinderzimmer voller Kotspuren zwischen verstreuter Schmutzwäsche und verdrecktem Spielzeug. Beide klagten über akute Magen-Darm-Beschwerden. In anderen Räumen der 3,5-Zimmer-Wohnung fanden die Beamten drei erwachsene Hunde, darunter einen Rottweiler und einen Husky sowie fünf Welpen. In allen Räumen seien nicht nur die Fußböden, sondern teilweise auch die Möbel mit Kot verschmiert gewesen, sagte der Polizeisprecher. In der Küche fanden sich stapelweise dreckiges Geschirr und verdorbene Essensreste. Wie schwer die Kinder unter den hygienischen Zuständen zu leiden hatten und inwieweit sie gesundheitlich beeinträchtigt wurden, werde noch untersucht, sagte die Landkreissprecherin.
HAZ (Stadtanzeiger-Süd) vom 27.11.2014, S. 6:
Maßnahmen gegen Trinker gefordert
Misburg. (vt) Die Pöbeleien durch alkoholisierte Bürger im Bereich Meyers Garten will der Bezirksrat Misburg-Anderten nicht länger hinnehmen. In einem entsprechenden Antrag hatte die CDU-Fraktion von der Verwaltung gefordert, die Sitzgelegenheiten rund um Meyers Garten sauber zu halten und den „Belästigungen durch alkoholkonsumierende Bürger Einhalt zu gebieten“. Kerstin Seitz, CDU-Fraktionsvorsitzende, berichtete, dass selbst Kinder tagsüber angepöbelt und Passanten belästigt und mit Kronkorken beworfen würden.
„Da muss etwas geschehen“, forderte Seitz. Die Nutzung von Sitzgelegenheiten durch ältere Menschen oder auch Kinder sei derzeit nicht mehr möglich. Dies könne auch niemandem zugemutet werden, weil das Sicherheitsgefühl in diesem Bereich nicht mehr bestehe. Die Grünen lehnten den CDU-Antrag ab: „Bei den betroffenen Personen handelt sich um kranke Menschen, denen geholfen werden muss“, argumentierte die Grünen-Vorsitzende Uta Engelhardt. Überdies gebe es auch keine Straftaten, und es handele sich um einen öffentlichen Platz.
Bei der Abstimmung enthielt sich die SPD-Fraktion komplett, der Antrag wurde mit den Stimmen der CDU-Fraktion angenommen.
HAZ vom 26.11.2014, S. 14:
Diakonie bittet um Kleiderspenden
(vt). Weil sich wohnungslose Bürger auch während der Wintermonate nicht nur tagsüber, sondern zum Teil auch nachts draußen aufhalten, bittet das Diakonische Werk Hannover um Kleiderspenden. Gesucht wird warme Winterkleidung wie Jacken und Pullover sowie Mützen, Schals und Handschuhe. Sie können montags von 9 bis 18 Uhr, dienstags bis donnerstags von 9 bis 13.30 Uhr und freitags von 9 bis 12.30 Uhr in der Zentralen Beratungsstelle ZBS in der Hagenstraße 36 abgegeben werden. Falls Spender keine Transportmöglichkeit haben, kann eine Abholung vereinbart werden, Telefon (0511) 990400.
HAZ vom 25.11.2014, S. 5:
Obdachloser auf der B4 bei Uelzen überfahren
Uelzen. Ein Obdachloser ist auf der Bundesstraße B4 bei Uelzen Opfer eines Verkehrsunfalls geworden. Ein 27 Jahre alter Autofahrer überrollte den Mann am frühen Montagmorgen und rief danach die Polizei. Die Beamten schließen nicht aus, dass der Fußgänger möglicherweise vorher schon von einem Auto erfasst und getötet wurde. Ein Notarzt konnte nur noch den Tod des 52-Jährigen aus Lenzen in Brandenburg feststellen.
HAZ vom 24.11.2014, S. 10:
Bluttat in Laatzener Obdachlosenheim?
(akö). Mit lebensgefährlichen Verletzungen an Kopf und Oberkörper ist ein 53-Jähriger in der Nacht zu Sonnabend in der Laatzener Obdachlosenunterkunft gefunden worden. Der Mann wurde in eine Klinik gebracht. Wer ihm die Verletzungen beigebracht hat, ist noch völlig unklar. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf versuchte Tötung. Ein Mitbewohner hatte den Mann in seinem Zimmer gefunden, nachdem er Blutspuren in der Unterkunft entdeckt hatte. Das Gebäude wird sowohl von Obdachlosen als auch von Flüchtlingen bewohnt. Die Polizei sicherte stundenlang Spuren und versiegelte das Zimmer des 53-Jährigen.
HAZ vom 15.11.2014, S. 21:
"Das ist für die Flüchtlinge wie Weihnachten"
Junge Freiwillige der MHH sammeln Spenden
Von Sabine Gurol
In den Fluren und Räumen von Haus D an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) stapeln sich Tüten und Kartons. Es wirkt etwas chaotisch, aber die 23 Organisatoren haben den Durchblick. Die jungen Leute im Alter von 16 bis 22?Jahren absolvieren an der MHH ihren Freiwilligendienst und haben unter der Leitung von Christiane Tank ein Projekt gestartet, mit dem sie Flüchtlinge in Hannover unterstützen wollen.
Quelle: Eberstein
Mit einem Rundbrief hatten sie Mitarbeiter der MHH aufgerufen, Sachspenden abzugeben. Die Resonanz war überwältigend. „Seit Mittwoch steht das Telefon nicht mehr still“, sagt Pia Stecker. Die 16-Jährige staunt wie ihre Mitstreiter über die Hilfsbereitschaft. Mehr als 1100 Euro kamen über einen Waffelverkauf zusammen. Damit wollen die jungen Leute kaufen, was die Flüchtlinge dringend brauchen – und spezielle Wünsche erfüllen.
„Eine Familie hat sich einen Zoobesuch gewünscht“, sagt Stecker. Insgesamt kamen mehr als 300 Tüten und Kartons mit Sachspenden zusammen, in denen nicht nur dringend benötigte Winterkleidung, Geschirr und Spielsachen steckten. Auch Fahrräder, ein Gefrierschrank und sogar ein Sofa wurden gespendet.
Gestern beluden die Freiwilligen einen Transporter und brachten die Spenden zu den 98 Bewohnern in das Flüchtlingsheim in der Büttnerstraße. Die Leiterin des Heims, Khaliuna Chuluunbaatar, freute sich über die Hilfsbereitschaft und das Engagement der jungen Leute. „Für die Bewohner ist das wie Weihnachten.“
HAZ vom 15.11.2014, S. 17:
Flüchtlinge müssen wieder in Notunterkunft
Turnhalle in Stöcken dient ab Montag erneut als Behelfsquartier / Ehemaliges Schulzentrum Ahlem nahezu komplett belegt
Von Andreas Schinkel, Roman Rose und Kathrin Götze
Bei der Unterbringung von Flüchtlingen stößt die Stadt Hannover erneut an die Grenzen ihrer Kapazitäten – trotz der kürzlich eingerichteten Behelfsunterkunft im ehemaligen Schulzentrum Ahlem. In der Schule wohnen bereits weit mehr als 150 Menschen, „sie dürfte in der kommenden Woche komplett belegt sein“, sagt Stadtsprecher Andreas Möser. Daher ist die Verwaltung gezwungen, ab Montag erneut die Turnhalle der Feuerwehr in Stöcken als Notunterkunft herzurichten. „Die Halle wird übergangsweise für die Unterbringung von gut 30 Flüchtlingen genutzt“, bestätigt Möser die Informationen der HAZ.
Bereits im September waren rund 30 Asylsuchende in der Turnhalle einquartiert. Damals bezeichnete Stadtbezirksmanagerin Rita Heitsch die Unterbringung als „absolute Ausnahme, um den Notfall zu bewältigen“. Man musste rasch handeln, weil von einem Tag auf den anderen 22 Männer vor der Tür standen und um Hilfe baten. Im Oktober war es zu einem Zwischenfall in der Turnhallen-Unterkunft gekommen. Ein Streit zwischen zwei Flüchtlingen eskalierte, als einer auf den anderen mit einem Küchenmesser losging. Die Polizei musste eingreifen. Der Angreifer wurde schließlich in einer anderen Einrichtung untergebracht.
Dennoch bleibt der Stadt offenbar keine andere Wahl, als wieder auf die Turnhalle als Quartier zurückzugreifen. „In dieser Woche waren gut 70 Flüchtlinge unterzubringen“, sagt Stadtsprecher Möser. Bisher musste Hannover zwischen 30 und 40 Asylsuchende pro Woche aufnehmen.
Derweil bereitet die Stadt mehrere Standorte für Wohncontainer vor. In Leinhausen und Anderten sollen jeweils 100 Flüchtlinge in Containern unterkommen. Zwei weitere Standorte sind noch in der Diskussion, dem Vernehmen nach handelt es sich unter anderem um ein Grundstück in Lahe.
Auch die Verhandlungen zwischen Stadt und Regionsklinikum um einen Bezug des leer stehenden Oststadtkrankenhauses dauern an. „Sobald die ersten Container stehen, werden die Flüchtlinge aus der Turnhalle umziehen“, sagt Stadtsprecher Möser.
Andrang auch im Umland: Auch die Kommunen im Umland haben alle Hände voll zu tun, den Flüchtlingen ein Dach über den Kopf zu geben. In Neustadt rechnet man bis Juni 2015 mit weiteren 100 Asylsuchenden, vermutlich werden es mehr sein, heißt es aus der Stadtverwaltung. In der Wedemark musste die Gemeinde einen Container für eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie herrichten, die unvermittelt im Rathaus um Hilfe gebeten hatte. Bürgermeister Helge Zychlinski war verärgert, weil die Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration der Familie einfach Bahntickets in die Hand gedrückt und sie ohne Voranmeldung in die Wedemark geschickt hatten.
HAZ vom 14.11.2014, S. 6:
Flüchtlinge kommen in Badelatschen und T-Shirt
Diakonie Niedersachsen unterstützt das Aufnahmelager in Friedland und spendet 20.000 Euro zum Kauf von Winterkleidung
Friedland. (jöb/nied) Nöte gibt es im Aufnahmelager Friedland schon länger. Die Einrichtung hat die Kapazitätsgrenze erreicht; derzeit sind in dem Lager im Kreis Göttingen 700 Personen untergebracht, 150 Spätaussiedler und 550 Asylbewerber. Zwischenzeitlich hatte das Lager seine Kapazität sogar auf 900 Plätze erweitert, um den Strom von Flüchtlingen bewältigen zu können. Doch jetzt gibt es neue Herausforderungen: Viele Bewohner des Lagers sind auf den nahenden Winter nicht vorbereitet, weil sie nicht ausreichend warme Kleidung besitzen. Darum unterstützt die Diakonie Niedersachsen das Aufnahmelager mit 20.000 Euro. Von dem Geld soll Winterkleidung für die Flüchtlinge aus Afrika angeschafft werden.
Das Geld stammt aus Kollekten der Landeskirche. „Die Flüchtlinge kommen häufig aus Afrika oder Ländern, in denen sie einen Winter wie in Deutschland nicht kennen“, sagte Christoph Künkel, der Vorstandssprecher der Diakonie, am Donnerstag nach einem Besuch des Lagers. Häufig besäßen die Flüchtlinge nur die Kleidung, die sie gerade am Leib hätten. „Ihnen ist nicht nur seelisch, sondern auch körperlich kalt.“ Zwar bekämen sie nach ihrer Ankunft – wie im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen – außer einem Taschengeld Bekleidungsgutscheine im Wert von 27 bis 40 Euro. Das Geld reiche zum Kauf von Winterkleidung wie Jacken oder festen Schuhen aber bei Weitem nicht aus.
Die Flüchtlinge sollen nun winterfeste Jacken und Schuhe aus der Kleiderkammer der inneren Mission erhalten. Zusätzlich habe sich die Deutsche Kleiderstiftung Spangenberg bereit erklärt, für Friedland speziell Winterkleidung auszusortieren und zu liefern. Von direkten Kleiderspenden an das Lager riet Künkel ab, weil der Sortieraufwand zu groß sei. Zudem würden Wintersachen meist gespendet, wenn der Winter bereits vorbei sei.
Die Geldspende der Diakonie geht auf eine Initiative des evangelischen Lagerpastors Martin Steinberg zurück. „Wir sehen hier jeden Tag, wie Leute in Badelatschen und T-Shirts ankommen“, sagte er. „Wir wollen, dass sie nicht so in den Winter gehen.“ Die mit den Spenden beschaffte Winterkleidung werde nicht notwendigerweise nur an Asylbewerber aus Afrika weitergegeben. „Es wäre keine Verschwendung, wenn auch Jesiden Kleidung erhalten“, sagte Steinberg.
HAZ vom 14.11.2014, S. 16:
Inner Wheel sammelt für Bahnhofsmission
(kad). An einem liebevoll gestalteten Stand haben Mitglieder des Service-Clubs Inner Wheel Hannover Maschsee gestern im Hauptbahnhof selbst gemachte Marmelade und verzierte Lebkuchen für eine kleine Spende an Passanten verteilt. Mit dieser Aktion, die heute fortgesetzt wird, bedanken sich die Frauen für die Unterstützung.
Seit neun Jahren sammeln sie dort jährlich Spenden für die Bahnhofsmission: Von der inzwischen vierstelligen Summe wird die Stelle eines Bundesfreiwilligendienstlers subventioniert, der in den Abendstunden aushilft.
Inner Wheel ist die größte Frauenvereinigung weltweit. Inzwischen steht sie nicht mehr nur Frauen von Rotariern offen. Rund 400 Mitglieder in Hannover und der Region stehen für soziales Engagement, internationale Verständigung und Freundschaft zueinander ein.
HAZ vom 12.11.2014, S. 1:
Kein Hartz IV für Rumänin
Europäisches Gericht erlaubt Begrenzung von Sozialleistung
Luxemburg. Deutschland kann arbeitslosen und nicht Arbeit suchenden Zuwanderern aus anderen EU-Ländern Hartz-IV-Leistungen verweigern. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem Grundsatzurteil. Die Bundesregierung sowie die kommunalen Spitzenverbände sehen damit die Kontrollmechanismen des deutschen Sozialsystems bestätigt. Auch die EU-Kommission begrüßte das Urteil.
Im konkreten Fall ging es um eine Rumänin aus Leipzig, die auf Hartz IV geklagt hatte. Das Jobcenter hatte der Frau diese Leistungen verweigert, weil sie keine Arbeit aufnahm. Die Frau hat keinen Beruf und arbeitete auch in ihrem Heimatland nicht. Der EuGH schrieb, die Frau verfüge nicht über „ausreichende Existenzmittel“ und könne deshalb laut EU-Recht kein Recht auf Aufenthalt in Deutschland geltend machen.
Der Fall hat wegen der Debatte über möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch Zuwanderer grundsätzliche Bedeutung. In Niedersachsen bezogen im Juni dieses Jahres 3907 Menschen aus Bulgarien und Rumänien Hartz IV. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) sagte der HAZ: „Es ist gut, dass das Urteil Klarheit schafft.“ Grundsätzlich profitiere Deutschland von der Zuwanderung – etwa von den dringend benötigten Fachkräften, die kämen.
HAZ vom 12.11.2014, S. 15:
Was Flüchtlinge jetzt wirklich brauchen
Hannovers Hilfsbereitschaft für die Nauankömmlinge ist sehr groß - doch nicht für alles, was gespendet wird, besteht Bedarf
Von Andreas Schinkel
Immer mehr Flüchtlinge müssen in der Stadt untergebracht werden – und die Hilfsbereitschaft der Hannoveraner ist ungebrochen. „Wir halten uns inzwischen mit Spendenaufrufen zurück“, sagt Christiane Kemper, Sprecherin der Caritas. In den drei Flüchtlingsheimen, die die Caritas betreibt, wisse man gar nicht mehr wohin mit den vielen Kuscheltieren, Matratzen und Kleinmöbeln. Die Betreiber anderer Unterkünfte machen ähnliche Erfahrungen. „Kleidungsstücke haben wir mehr als genug“, sagt Irene Wegener, Leiterin des Wohnheims an der Hildesheimer Straße nahe dem Döhrener Turm. Man wisse die große Hilfsbereitschaft zu schätzen, heißt es aus den Einrichtungen, doch komme es jetzt auf gezielte Spenden an, die sich am tatsächlichen Bedarf orientieren – und der sieht von Wohnheim zu Wohnheim anders aus.
Grundsätzlich gilt: Alle Sachspenden sollten unbeschädigt und funktionstüchtig sein. „Manchmal bekommen wir Möbel, die reif für den Sperrmüll sind“, sagt Kemper von der Caritas. Hilfreicher als Möbel sei jetzt Winterbekleidung. „Wattierte Hosen für Kinder können wir gut gebrauchen“, sagt sie. Willkommen sind zudem Schultaschen und leicht verständliche Kinderspiele.
Quelle: Thomas
Im freikirchlichen Heim an der Hildesheimer Straße verzichtet man aus hygienischen Gründen auf manche Geschenke, etwa Matratzen. „Auch wir hatten schon Sperrmüll vor der Tür“, sagt Wegener. Alle Sachspenden deponiert sie in einem separaten Raum in der Nähe des Wohnheims. „Dort können sich unsere Bewohner und die Flüchtlinge, die in Wohnungen leben, bedienen“, sagt die Heimleiterin. Bei ihren Schützlingen seien Briefmarken besonders begehrt, schließlich wollten sie Kontakt mit der Heimat halten. Fernseher besitze man genug, aber ein digitaler Fernsehempfänger wäre eine sinnvolle Spende. „Zudem haben wir Bedarf an Pflastern und Mullbinden“, sagt Wegener.
Elvira Hendricks, Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft auf der Bult, sucht nach Kleidungsstücken in der passenden Konfektionsgröße. „Ich brauche kleine Herrengrößen, etwa 48“, sagt sie. Denn die syrischen Männer, die in ihrer Einrichtung wohnen, seien deutlich schmaler als der durchschnittliche Deutsche. „Schuhgrößen sollten zwischen 39 und 42 liegen“, sagt Hendricks. Sie spricht für drei Einrichtungen, die von dem Unternehmen Fair Facility betrieben werden. Zudem ist Hendricks Vorsitzende des stadtweiten Unterstützerkreises Flüchtlingsunterkünfte Hannover e.V.
Manchmal, so hat Hendricks festgestellt, driften die Wahrnehmungen auseinander.
„Opas Konfirmationsanzug mag für die Spenderfamilie eine hohe emotionale Bedeutung haben, aber wir müssen darauf achten, dass das Stück nicht allzu abgewetzt aussieht“, sagt sie. In den sieben Wohnheimen des Betreibers European Homecare hält man Kleiderspenden für überflüssig. „Selbst für den Winter sind wir gut ausgestattet“, sagt Homecare-Sprecher Klaus Kocks. Dagegen hapert es an Spielen und Sportgeräten. „Die Asylsuchenden sind ja zur Beschäftigungslosigkeit verdammt, so lange ihr Antrag läuft“, sagt Kocks. Daher sei man dankbar für jeden Fußball, jedes Puzzle und Kinderspielzeug. „Und für die Frauen können wir Bastel- und Handarbeitsutensilien gebrauchen“, sagt Kocks.
Beim Deutschen Roten Kreuz, das die Unterkunft im ehemaligen Schulzentrum Ahlem betreut, kann man noch so ziemlich alles gebrauchen. Als neue Einrichtung fehlt es an Hausrat wie Wasserkochern, aber auch an Kleidung.
Infos für Spender:
Hier können Sie Kontakt zu den Wohnheim-Betreibern aufnehmen:
- Caritas: Telefon (0511) 126001032, info@caritas-hannover.de
- Wohnheim der evangelischen Freikirche, Hildesheimer Straße 161: Telefon (0511) 9806713
- Fair Facility und Unterstützerkreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover: Telefon (0511) 33995661; fluechtlingsheime-hannover@t-online.de
- Deutsches Rotes Kreuz: Telefon (0511) 3671151
- European Homecare: mail@eu-homecare.de
HAZ vom 12.11.2014, S. 17:
Weihnachten mit Nächstenliebe
Von Katharina Derlin
„Das Allerwichtigste, für das Weihnachten steht, wird hier zelebriert: das menschliche Beisammensein“, sagt Kabarettist Matthias Brodowy, der zusammen mit Musikkritiker Ecki Stieg durch den Tag am 14. Dezember im Hannover Congress Centrum moderieren wird. Das dritte Jahr in Folge werden 1000 Obdachlose, vermittelt durch diverse soziale Einrichtungen, zum Weihnachtsessen mit Entenkeule eingeladen, darunter auch 350 bedürftige Kinder. Ein buntes Bühnenprogramm gibt es auch, unter anderem mit Zauberer Cody Stone, den Fabelhaften Mendocinos, Mary Roos, den Wohnraumhelden und Rainer Schumann, Schlagzeuger der Band Fury in the Slaughterhouse, die es zwar offiziell nicht mehr gibt, aber die traditionell die Schirmherrschaft für das Event übernimmt. Die Kinder können sich auf Aktionen wie Rodeoreiten und die Präventionspuppenbühne der Poizeidirektion freuen.
Initiator Manfred Ilsemann, eigentlich Buch- und Comic-Händler, hatte vor fünf Jahren über Facebook über das von Entertainer Frank Zander organisierte Berliner Weihnachtsessen gelesen und zur Mithilfe aufgerufen. Die Mitarbeiter des HCC arbeiten an diesem Tag ehrenamtlich, viele Menschen unterstützen die Veranstaltung. Für die Zukunft wünscht sich Ilsemann eine Zusammenarbeit mit der Üstra – damit im Einlassbändchen auch eine Fahrkarte integriert ist.
Bei einem Geschenkeflashmob auf der Bühne am Alten Rathaus können am 8. Dezember ab 15 Uhr Sachspenden abgegeben werden. Auch Geld wird dringend benötigt. Mehr Infos unter www.weihnachtsfeier-fuer-hannover.de.
HAZ vom 07.11.2014, e-paper:
Fast jeder Zehnte ist in den Miesen
Nach dem Konsumrausch der vergangenen Jahre drückt die deutschen Verbraucher eine milliardenschwere Schuldenlast. Fast jeder Zehnte gilt als überschuldet. Angesichts einer sich wieder eintrübenden Konjunktur ist eine Entspannung in weite Ferne gerückt.
Düsseldorf. (dpa) Fast jeder Zehnte Verbraucher in Deutschland ist überschuldet – und das mit steigender Tendenz. Damit sei der Rot-Ton der Überschuldungsampel in Deutschland noch dunkler geworden, beklagte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Düsseldorf. Die Experten legten am Donnerstag ihren neuen „Schuldneratlas 2014“ vor. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der von Überschuldung betroffenen Menschen im Alter von über 18 Jahren um 90 000 auf 6,7 Millionen nochmals gestiegen, heißt es in der Analyse der Auskunftei. Während die durchschnittliche Verschuldung um 400 Euro auf 32.600 Euro zurückgegangen sei, habe sich das gesamte Schuldenvolumen aus Konsumentenkrediten um eine Milliarde Euro auf 218 Milliarden Euro weiter erhöht. Die sogenannte Schuldnerquote in Deutschland habe von 9,81 Prozent auf 9,90 Prozent weiter zugelegt. Damit sei nahezu jeder Zehnte überschuldet und habe mit „nachhaltigen Zahlungsstörungen“ zu kämpfen.
Die Schuldnerquote in Deutschland erreicht inzwischen den höchsten Stand seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008, wie die Creditreform-Experten feststellen. Besonders deutlich zugenommen habe dabei die Zahl der besonders schweren Fälle. Angesichts der sich wieder eintrübenden Konjunkturlage und weiterer globaler Risiken sei derzeit eine Entspannung der Überschuldungslage der deutschen Verbraucher in weite Ferne gerückt, hieß es. Die Creditreform-Experten sehen eine „Erosion der Sparkultur“ und einen zunehmenden Bedeutungsverlust der Altersvorsorge. Damit steige das Überschuldungsrisiko vieler Verbraucher deutlich, warnen sie.
Stattdessen hätten viele Verbraucher den vergleichsweise positiven Wirtschaftsverlauf der vergangenen Jahre genutzt, um vorhandene Anschaffungswünsche zu verwirklichen oder entgangenen Konsum nachzuholen. 2013 hatten die deutschen Verbraucher mit knapp 1,6 Billionen Euro so viel konsumiert wie noch nie, wie aus der Studie hervorgeht. Damit sei der oft kreditfinanzierte private Konsum zu einer wichtigen Stütze der Binnenkonjunktur geworden. „Viele haben sich zu viel zugemutet“, sagte Creditreform-Sprecher Michael Bretz. Und die Überschuldung verhärte sich, der Trend dazu sei bedenklich stabil. Mindestens eine Million Menschen sei von dem Phänomen der im familiären Umfeld verankerten Verschuldung betroffen. „Offensichtlich bleiben immer mehr Menschen auch generationsübergreifend im Griff der Überschuldung oder lernen nie, sich daraus zu befreien“, hieß es. Sinnvoll könne in solchen Fällen etwa der Einsatz von ehrenamtlichen Familienpaten sein, um Kindern aus überschuldeten Haushalten eine Hilfestellung zum Aufbau eines eigenen selbstverantwortlichen Lebens zu geben.
Bundesweite Spitzenreiter bei der Überschuldung sind nach der Analyse Bremerhaven mit einer Quote von 20,41 Prozent sowie Pirmasens (18,34 Prozent) und Offenbach am Main (18,04 Prozent). Die positive Liste mit den niedrigsten Schuldnerquoten werde angeführt von Eichstätt (3,67 Prozent), Erlangen-Höchstadt (4,76 Prozent) sowie von Schweinfurt (4,92 Prozent) - alle drei liegen in Bayern.
Von den Bundesländern haben die höchsten Schuldnerquoten Bremen (13,95 %) und Berlin (13,02 %), gefolgt von Sachsen-Anhalt (12,57 %) und Nordrhein-Westfallen (11,46 %). Unter den deutschen Regionen bilde der Westen Deutschlands das Schlusslicht. Insbesondere das Ruhrgebiet sei betroffen. Hier finde sich eine Gemengelage aus hoher Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut und eines hohen Anteils an sozialen Transferleistungen. Das Ruhrgebiet bleibe das eigentliche „Sorgenkind“, da die Tendenz der Überschuldung dort weiter zunehme.
HAZ vom 06.11.2014, S. 18:
Besitos lädt Obdachlose zum Essen ein
(kad). Denjenigen Menschen helfen, denen es nicht so gut geht – diesen Gedanken verfolgt Marc Schinköth, Geschäftsführer der Tapasbar Besitos, schon lange. Mit dem Social Lunch setzt er ihn nun gemeinsam mit den Tagestreffpunkten des Caritasverbandes Hannover um. Für 120 geladene Wohnungslose bietet das Restaurant am 11. November von 12 bis 15 Uhr ein mehrgängiges Büfett. Die Kosten trägt Marc Schinköth, seine Mitarbeiter arbeiten an diesem Tag ehrenamtlich. Aber auch die Lieferanten sind mit ihren Preisen entgegengekommen.
„Eigentlich muss doch niemand hungern“, meint auch Ramona Pold, die die Tagestreffs koordiniert, und spielt damit auf den Nahrungsüberschuss in Deutschland an. Der Caritasverband war gleich begeistert von dem Projekt. Es bietet den Bedürftigen nicht nur eine warme Mahlzeit in einem schönen Ambiente, sondern unterstützt ebenso wie die Tagestreffs die soziale Wiedereingliederung. „Eine Initialwirkung wäre klasse“, hofft Marketingberater Kai Brandt. Man wolle mit einem Medienrummel niemanden abschrecken, aber es sei auch wichtig, die Aufmerksamkeit anderer Restaurants auf solche Projekte zu lenken.
HAZ vom 05.11.2014, S. 5:
50.000 Rentner erhalten finanzielle Hilfe
Grundsicherung für 30 von 1000 älteren Niedersachsen
Wiesbaden/Hannover. Ungefähr 50.000 Rentner in Niedersachsen beziehen Grundsicherung. Ende 2013 bekamen 30 von 1000 Einwohnern ab 65 Jahren finanzielle Unterstützung zu ihren Einkommen, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden berichtete. Im früheren Bundesgebiet lag die Quote bei 32 von 1000 Einwohnern, in den neuen Ländern mit Berlin bei 21 von 1000. Besonders häufig auf Grundsicherung angewiesen waren Frauen. Diese erhielten in Niedersachsen 34 von 1000 Frauen. Bei den Männern waren es 26 von 1000.
Grundsicherung beziehen können aber auch jüngere Menschen wegen dauerhafter Erwerbsminderung. In Niedersachsen war dies Ende 2013 bei fast 52.000 Betroffenen der Fall. Nach dem Sozialgesetzbuch bekommen Menschen im Alter und bei Erwerbsminderung Grundsicherung, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Die Höhe der Leistungen berechnet sich individuell.
HAZ vom 04.11.2014, S. 11:
Streit um Flüchtlingsunterkunft in Klinik
Region verlangt von Stadt hohe Miete für leer stehendes Oststadtkrankenhaus / Ratspolitik ist empört
Von Andreas Schinkel
Die Stadt Hannover hat weiter Mühe, die steigende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen. Wohncontainer müssen aufgestellt werden, ehemalige Schulen und Krankenhäuser als Notunterkünfte dienen. Eigentlich sollte im leer stehenden Oststadtkrankenhaus eine Sammelunterkunft für 300 Flüchtlinge entstehen, doch die Regionsverwaltung, Eigentümerin der Immobilie, legt der Stadt jetzt Steine in den Weg.
Nach Informationen der HAZ verlangt die Region eine jährliche Miete für das Bettenhaus, die die Stadt nicht zu zahlen bereit ist. Eine Forderung von einer Million Euro pro Jahr soll im Gespräch sein. Die Stadt hält aber nur 600.000 Euro für angemessen. Kurios: Ursprünglich gehörte das Grundstück der Stadt, mit Gründung der Region und des Klinikum-Verbunds übergab sie der Region die Immobilie für einen symbolischen Euro. Offiziell teilt die Stadt mit, dass die Verhandlungen um eine Anmietung des Klinikumgebäudes noch andauerten. Im Rathaus werden die Gespräche hinter vorgehaltener Hand als „schwierig“ bezeichnet. Offenbar sind mehrere Briefe in „deutlicher Tonlage“ zwischen den Verwaltungsspitzen hin- und hergeschickt worden.
Derweil bitten in Hannover noch immer jede Woche zusätzlich 30 bis 40 Flüchtlinge um Schutz. Die Stadt hat ein Notprogramm aufstellen müssen, weil alle Kapazitäten in Gemeinschaftsheimen, betreuten Wohnprojekten und angemieteten Wohnungen erschöpft sind. Teils müssen Flüchtlinge in Obdachlosenunterkünften einquartiert werden, wie die Stadt jetzt auf Nachfrage der HAZ bestätigt. Im ehemaligen Schulzentrum Ahlem sind bereits rund 110 Asylsuchende untergebracht, Platz finden dort bis zu 200 Menschen. An vier Standorten stellt die Stadt Wohncontainer für jeweils 100 Flüchtlinge auf. Bekannt ist, dass nahe dem S-Bahnhof Anderten und an der Fuhsestraße in Leinhausen Containerdörfer entstehen. Dem Vernehmen nach prüft die Stadt, ob sich ein Grundstück in Lahe nahe dem Swiss-Life-Gebäude (ehemals AWD-Sitz) als Standort eignet.
Ratspolitiker sind nun empört, dass angesichts der Notlage die Verhandlungen zwischen Stadt und Region um das Oststadtkrankenhaus stocken. „Ich sehe nicht ein, warum die Stadt eine horrende Miete für eine ungenutzte Immobilie zahlen soll“, sagt Grünen-Fraktionsvize Freya Markowis. Als Unterkunft werde das Krankenhaus dringend benötigt. „Stadt und Region müssen sich einigen“, fordert sie. FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke wird noch deutlicher: „Es ist unverschämt, dass die Region eine Notsituation der Stadt ausnutzt, um Mietpreise hochzutreiben“, sagt er. Auch innerhalb der SPD ist man unzufrieden, will aber kein Öl ins Feuer gießen.
Quelle: Steiner
Das Oststadtkrankenhaus steht leer, weil Personal und Patienten nach Linden in einen Neubau gezogen sind. Dort sind Oststadt- und Siloah-Krankenhaus zusammengelegt. Auf dem Gelände des ehemaligen Oststadtkrankenhauses sollen in eineinhalb Jahren Wohnhäuser gebaut werden. Die Notunterkunft für Flüchtlinge sei nur eine „Zwischennutzung“, hat Stadtbaurat Uwe Bodemann stets betont.
HAZ vom 04.11.2014, S. 4:
Obdachlose finden nur schwer eine Wohnung
Hannover. Der Mangel an kleinen preisgünstigen Wohnungen in Niedersachsen verschärft Experten zufolge das Problem der Obdachlosigkeit. „Wir könnten viel mehr Leute von der Straße holen, wenn es genügend Wohnraum für sie gäbe“, sagte der Sozialpädagoge Ulrich Friedrichs am Montag. „Ohne Wohnungen haben wir keine Chance.“ Friedrichs ist Geschäftsführer der Zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose in Niedersachsen (ZBS), die am Montag in Hannover ihr 30-jähriges Bestehen feierte. Sie wird gemeinsam von den kirchlichen Sozialwerken Diakonie und Caritas getragen.
Quelle: Bilderbox.com
HAZ vom 04.11.2014, S. 6:
Der Spaß am Spenden
Wie werden auch aus Jüngeren Spender für den guten Zweck? Durch Motivation und Facebook
Von Katharina Hölter
Berlin. Ein feucht fröhlicher Spendensommer war das: Sängerin Helene Fischer ließ sich einen Kübel Eiswasser über den Kopf kippen, genauso Fußballer Bastian Schweinsteiger, unzählige weitere Promis, Nachbarn, Studienkollegen, Chefs. Alles für den guten Zweck. Ice-Bucket-Challenge hieß das Phänomen. Das Prinzip: 1. Vor laufender Kamera zum begossenen Pudel werden, 2. für die Nervenkrankheit ALS spenden, 3. Freunde im Internet zur gleichen Aktion bewegen. Nun wollen weitere Organisationen die Trendwelle nutzen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef versucht es mit der Wake-Up-Call-Challenge. Promis posten Bilder direkt nach dem Aufstehen und spenden für Kinder in Syrien. Bei der Welthungerhilfe ist es die Lemon-Face- Challenge. Das YouTube-Comedytrio Y-Titty fordert auf, vor laufender Kamera eine Zitrone zu essen – und 5 Euro gegen den Hunger zu spenden.
Am Dienstag stellt der Deutsche Spendenrat seine vorläufigen Trends und Prognosen für das Spendenjahr 2014 vor. Im vergangenen Jahr spendeten die Deutschen rund 4,7 Milliarden Euro. Eines ist für die Experten klar: „Der Trend, sich von Freunden über soziale Netzwerke zu einer Spende animieren zu lassen, wird sich vermutlich fortsetzen“, sagt die Geschäftsführerin des Spendenrats, Daniela Felser. Eine Hoffnung für Spendenorganisationen, die für die Ebola-Krisengebiete, in Syrien oder im Irak dringend auch ein jüngeres Publikum mobilisieren wollen. Denn überwiegend ist es die Generation 60?plus, die nach Angaben vom Spendenrat höhere Geldbeträge in Deutschland spendet.
Die Menschen dieser Altersgruppe haben private Investitionen bereits getätigt, Kinder benötigen oft keine Finanzspritzen mehr und Haus oder Wohnung sind abbezahlt. „Da ist dann eher Geld für Spenden vorhanden als bei jungen Leuten“, sagt Felser.
Doch was animiert junge Menschen zum Spenden und Helfen? Bei der Hochwasserkatastrophe 2013 in Deutschland oder dem Taifun Haiyan auf den Philippinen haben die Medien nicht nur Not und Elend gezeigt, sondern über die Hilfsaktionen berichtet. „Viele scheinen sich dadurch motiviert gefühlt zu haben“, und manche seien sogar „selbst losgefahren, um zu helfen – besonders junge Leute“, sagt Felser.
Statt Geld gaben sie Zeit. „Wenn nur die Katastrophe gezeigt wird, kann man auch in eine Art Ohnmacht fallen und denken: ,Wo fang ich da nur an?? Das ist eher kontraproduktiv“, findet Felser. Die Freude am Helfen zu zeigen, aktiviere eben viel mehr – wie bei der Ice-Bucket-Challenge.
Quelle: dpa
HAZ (Stadt-Anzeiger Süd) vom 30.10.2014, S: 2:
Flüchtlinge können länger in Kirchrode bleiben
Früheres AWO-Seniorenheim in der Zweibrückener Straße soll frühestens Mitte 2015 abgerissen werden
Von Margret Jans-Lottmann
Kirchrode. Die Stadt kann das ehemalige Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt in der Zweibrückener Straße noch bis mindestens Mitte 2015 als Flüchtlingsunterkunft nutzen. Das hannoversche Bauunternehmen Gundlach, das das Gebäude ursprünglich Anfang dieses Jahres abreißen lassen wollte, um dort 47 hochwertige Eigentumswohnungen zu bauen, hat das Vorhaben aus internen Gründen verschoben. Die Planungsphase gestalte sich länger als vorgesehen, sagte Frank Scharnowski, Marketingleiter des Unternehmens, auf Nachfrage des Stadt-Anzeigers. „Wir haben viele Projekte und können deshalb noch nicht hundertprozentig sagen, wann wir dort bauen.“
Angesichts der Schwierigkeiten, die die Stadt hat, geeignete Unterkünfte für die zunehmende Zahl von Flüchtlingen zu finden, hatte Gundlach der Verwaltung Ende 2012 das ehemalige AWO-Seniorenzentrum für 13 Monate zur Zwischennutzung angeboten. Die Stadt nahm das Mietangebot dankend an. Nach Ablauf der Frist hätten die Flüchtlinge das Haus eigentlich verlassen sollen.
Quelle: Körner
Inzwischen lebten mehr als 120 Menschen in dem Gebäude an der Zweibrückener Straße, sagt Gigi Alibegaskvili, Mitarbeiter der Sozialdienste des Betreibers Fair Facility Management. Es sind Einzelpersonen, Familien, Mütter mit Kindern und Schwangere. Sie kommen aus Ghana, Nigeria, Syrien, Irak, Afghanistan, Albanien, kurdischen Gebieten und der Ukraine – viele sind vor dem Krieg geflohen, manche auch aus wirtschaftlicher Not.
„Unsere Einrichtung ist schon ziemlich groß“, sagt Alibegaskvili. Mit ihm betreuen zwei Kolleginnen und die Heimleiterin die ihnen anvertrauten Menschen. Dabei können die Betreiber des Heims sich auf die Unterstützung vieler Einwohner aus Kirchrode und Bemerode verlassen. Die Hilfsbereitschaft lasse nicht nach, sagt Alibegaskvili. „Viele kommen und bringen Sachen vorbei oder spenden Geldbeträge.“ Auch unterstützten sie die Flüchtlinge bei Behördenangelegenheiten oder unternähmen mit den Kindern Ausflüge.
Gleichwohl mangelt es im Flüchtlingswohnheim an vielen Dingen. Benötigt werden etwa Kleidung für Babys, Kinder und junge Erwachsene, Bettwäsche und Handtücher, Kochtöpfe, Pfannen und Geschirr. Ebenfalls auf der Liste stehen Fahrräder für Kinder und Erwachsene, kleine Elektrogeräte wie Bügeleisen, aber auch Fernseher sowie Geldbeträge für Deutschkurse, Schulmaterial und Stadtbahnkarten. Wer spenden möchte, wird gebeten, die Sachen montags bis freitags zwischen 10 und 16 Uhr in der Zweibrückener Straße 72 vorbeizubringen. Zu erreichen sind die Sozialarbeiter in dieser Zeit auch unter der Telefonnummer 53868821.
HAZ vom 27.10.2014, S. 5:
Spenden für Tafeln reichen nicht mehr aus
Einrichtungen stoßen an Grenzen ihrer Möglichkeiten
Hannover. Der Flüchtlingsandrang bei den Tafeln in Niedersachsen und Bremen wird immer größer. Karl-Heinz Krüger, Vorsitzender des Landesverbands der Tafeln, spricht von einer „erkennbar steigenden Tendenz“. Für die Tafeln wird das zum Problem: „Wir können nur das ausgeben, was wir an Spenden bekommen“, sagte Krüger, ohne genaue Zahlen zu nennen. Um die rund 100 Tafeln im Landesverband zu unterstützen, ist nach Krügers Ansicht die Politik gefragt.
Wenn die Spenden nicht mehr ausreichten, müsse der Staat andere Möglichkeiten suchen, die Defizite auszugleichen. „Wir können nicht alles tun und vor allem den Staat nicht aus seiner Verantwortung entlassen“, betonte er. Schon jetzt kann etwa die Bremer Tafel den Flüchtlingszustrom nicht mehr bewältigen. Bis Ende des Jahres wurde nach Angaben einer Mitarbeiterin ein „Aufnahmestopp“ für Flüchtlinge verhängt, zumal gleichzeitig das Spendenaufkommen sinke. Die Lebensmittel reichten nicht aus. Sprachbarrieren und eine falsche Vorstellung über die Aufgabe der Tafeln verstärken nach Krügers Einschätzung Konflikte an den Ausgabestellen.
Es sei nicht einfach, den Flüchtlingen zu erklären, dass die Tafeln keine staatliche Einrichtung seien, bei denen man Ansprüche geltend machen könne. Um Schwierigkeiten wegen des Andrangs an den Ausgabestellen zu vermeiden, beliefert die Tafel in Hannover Flüchtlingsheime – bereits seit mehr als 15 Jahren, wie der Leiter der Einrichtung, Horst Walter Gora, betonte. Die Lage sei längst nicht so dramatisch wie in Bremen. Es nutzten zwar mehr Menschen das Angebot, dies sei aber nicht auf die steigenden Flüchtlingszahlen zurückzuführen.
HAZ vom 23.10.2014, S. 17:
Ort des Gedenkens für Drogentote
(vt). Auf dem Neustädter Friedhof wird ein zentraler Gedenkort für verstorbene Suchtkranke angelegt. Der Sozialausschuss des Rates stimmte gegen die Stimmen der CDU für das Projekt, das zentral auf der Grünfläche Otto-Brenner-Straße/Ecke Brühlstraße entstehen soll. Die Kosten belaufen sich auf 4.000 Euro, im Wesentlichen für die Anschaffung einer Stelle oder einer Grabplatte mit der Inschrift: "Wir trauern um die verstorbenen suchtkranken Menschen". Um den Gedenkstein herum ist eine Bepflanzung mit Blumen vorgesehen.
HAZ vom 16.10.2014, S. 18:
Pfandringe auf zwei City-Plätzen
(asl). Die Stadt Hannover soll Pfandsammelringe auf der Lister Meile und auf der Limmerstraße testen. Das hat der Bauausschuss gestern auf Antrag von SPD und Grünen beschlossen. Die Sammelbehälter werden zunächst für ein Jahr installiert, dann soll die Stadt berichten, ob sie sich bewährt haben. Die Idee geht auf einen Antrag der CDU zurück, der bei fast allen Parteien im Rat Anklang gefunden hat. „Jetzt müssen manche Menschen nicht mehr im Müll nach Pfandflaschen wühlen“, sagt CDU-Baupolitiker Felix Blaschzyk. Linken-Fraktionschef Oliver Förste glaubt, dass die Sammelringe rasch geleert werden, denn er beobachte immer mehr Flaschensammler. FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke meint, dass sich an den Standorten der Pfandringe der Müll sammelt. In der SPD ist der Vorschlag nicht unumstritten. „Kommunen haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht“, sagt SPD-Mann Jürgen Mineur.
Benefizverkauf zugunsten sozialer Projekte
(vt). Der Verein Soroptimist International Hannover (SI) verkauft am Sonnabend, 18. Oktober, von 11 bis 16 Uhr gut erhaltene Bücher und Bilder zugunsten bedürftiger Kinder und Jugendlicher in Hannover. SI, eine Organisation berufstätiger Frauen, setzt sich weltweit für die Interessen von Frauen und Kindern ein. Der Benefizverkauf findet in den Räumen von Katja Burmeister, Seumestraße 1a/Ecke Lister Meile, statt.
NP vom 07.10.2014, S. 14:
Leserin Michaela Schweitzer zu Nicole, die drogenabhängig auf der Straße lebte
Verhalten der Behörden ist beschämend
„Mit Bedauern muss ich wieder feststellen, dass in unserer Gesellschaft doch einiges schief läuft. Warum muss eine Mutter mit ihren Kindern aus der gewohnten Umgebung wegziehen, nur weil einer der Sprösslinge aus dem Ruder läuft? Hat die „feine Gesellschaft“ Angst, dass sich ihre Kinder anstecken könnten? Statt zu helfen schauen sie weg. Oder sie kritisieren und mobben. Der Mutter von Nicole kann ich nur empfehlen, stehe zu deinem Kind, egal was die anderen sagen oder denken. Nimm Kontakt zu Eltern auf, die ähnliche Erfahrungen haben. Tausch Dich aus und suche das Gespräch. Es ist schon beschämend, wie unsere Behörde mit so einem Fall umgeht. Den Polizeieinsatz bei einem Bundesligaspiel muss der Steuerzahler übernehmen, aber die Rückführung eines Kindes, das auf die schiefe Bahn abzudriften droht, wird der finanziell nicht so gut gestellten Mutter immer wieder in Rechnung gestellt.“
HAZ vom 02.10.2014, S. 18:
„Winterreise“ auf Hannovers Straßen
Obdachlose zeigen Programm mit Schuberts Liedern
Bei der „Hannoverschen Winterreise“ werden am 19. Oktober in der Marktkirche echte Schicksale von Obdachlosen erzählt und musikalisch unterlegt. In Zusammenarbeit mit Menschen des Straßenmagazins „Asphalt“ und des Tagestreffpunktes für Wohnungslose DÜK (Dach überm Kopf) hat Stefan Weiller, der künstlerische Leiter des Projektes, ein Programm erstellt, das den Liederzyklus „Winterreise“ von Franz Schubert mit den Geschichten und Gefühlen der Obdachlosen in Beziehung setzt. Aber nicht nur Obdachlose kommen zu Wort. Auch Menschen, die sich aus dieser schwierigen Lage wieder herauskämpfen konnten, erzählen ihre Geschichte. „Beim Hören der Stücke von Franz Schubert habe ich viele Anschlüsse zum Leben der Menschen von heute entdeckt“, sagt Weiller. Diese Verbindung will er darstellen. Hannover ist schon die 22. Stadt, in der Weiller sein Projekt realisiert.
Der Eintritt für die „Hannoversche Winterreise“ ist frei. „Wir wollten keine Barriere schaffen“, sagt die Projektkoordinatorin Insa Siemers. Das Diakonische Werk Hannover sammelt als Veranstalter an dem Abend Spenden für die Wohnungslosenhilfe. „Davon wird auch das DÜK profitieren“, sagt Siemers. Ab 18 Uhr hören die Besucher der Marktkirche ein gut eineinhalbstündiges Programm mit 24 Liedern aus Schuberts Zyklus „Winterreise“ und den Geschichten der hannoverschen Obdachlosen.
Weiller selbst war überrascht, wie viele der Obdachlosen die „Winterreise“ von Schubert kennen. „Zumindest den ,Lindenbaum? hatte jeder schon einmal gehört“, sagt er und bringt das Lied mit Hannovers Stadtteil Linden in Verbindung. Als Nicht-Hannoveraner kannte er ihn früher nicht. Ein Teilnehmer des Projekts habe ihm davon erzählt, und auch, dass er früher in Linden und jetzt unter einer Linde wohne. Durch solche Gespräche – oder Interviews – entwickelte Weiller die Texte für die „Hannoversche Winterreise“. Neben der musikalischen Intonation von Schuberts Stücken werden diese Texte von Felix von Manteuffel und Leslie Malton vorgetragen. Sie erzählen die Geschichten von den hannoverschen Obdachlosen – natürlich anonymisiert. Für das Projekt hatten sich 14 Freiwillige gemeldet, die ihre Geschichte weitererzählen wollten.
HAZ vom 02.10.2014, S. 14:
Beckmann: Stadt soll Flüchtlingscamp räumen lassen
Von Mathias Klein
Der Vorsitzende des Verein Haus- und Grundeigentum, Rainer Beckmann, verlangt von der Stadt, das Flüchtlingscamp auf dem Weißekreuzplatz räumen zu lassen. „Jetzt ist die Stadt gefordert“, schreibt Beckmann in der jüngsten Ausgabe der Vereinszeitschrift. Sie müsse die sudanesischen Besetzer darin unterstützen, ihren Anspruch auf Asyl „auf dem ordentlichen Verfahrensweg geltend zu machen“. Und die Stadt müsse „den Weißekreuzplatz als öffentliche Grünfläche endlich wieder in seinen bestimmungsgemäßen Zustand versetzen“.
Beckmann beruft sich auf eine Umfrage des Verbandes unter Anliegern des Platzes. Auf die Frage zum „bestimmungsgemäßen Zustand“ war auf 201 Fragebögen ein „Ja“ angekreuzt, 105 Anlieger hatten mit „Nein“ geantwortet. Insgesamt hatte Haus- und Grundeigentum 800 Fragebögen an die Bewohner rund um den Platz verteilt, 311 kamen ausgefüllt wieder zurück, das entspricht einer Beteiligung von knapp 39 Prozent. Beispielsweise antworteten auf die Frage, ob es sich bei dem Zeltcamp um eine angemessene Form der Demonstration handele 134 mit „Ja“ und 176 mit „Nein“. Die Sudanesen protestieren dort seit Wochen gegen die Asylpolitik.
HAZ vom 02.10.2014, S.13:
Flüchtlinge: Alles ist möglich – außer Zelten
Um Asylbewerber unterbringen zu können, will die Stadt schon im Oktober die ersten Wohncontainer aufstellen. Auch Kasernen sind kein Tabu.
Von Andreas Schinkel
Die Stadt Hannover will bereits in diesem Monat die ersten Wohncontainer für Flüchtlinge aufstellen. „Wir sind in der Lage, die Module für zwei von vier Standorten rasch aufzubauen“, sagte Stadtbaurat Uwe Bodemann gestern. Damit ist zum einen das Gelände der ehemaligen Emil-Berliner-Schule in Ledeburg gemeint, zum anderen ein Grundstück an der Höverschen Straße in Anderten. An beiden Standorten sollen jeweils 100 Menschen untergebracht werden. „Überall dort, wo mehr als 100 Flüchtlinge untergebracht sind, werden wir die Sozialarbeit nicht über private Firmen organisieren“, sagte Bodemann. Um einen direkten Einfluss auf die Betreuung nehmen zu können, sollen sich städtische Sozialarbeiter um die Asylsuchenden kümmern.
Eigentlich ist die Stadt durch einen Ratsbeschluss verpflichtet, nicht mehr als 50 Menschen in einer Gemeinschaftsunterkunft unterzubringen. Diesen hannoverschen Standard kann die Verwaltung mit ihrem Notfallprogramm nicht mehr einhalten. Mehrere Hundert Menschen werden zum Teil an einem Ort konzentriert, insgesamt schafft die Stadt 1000 neue Unterkunftsplätze – in Containern, im leer stehenden Schulzentrum Ahlem und voraussichtlich im Bettenhaus des ehemaligen Oststadtkrankenhauses. „Wir wollen keine Zelte aufstellen, auch wenn ich Verständnis für Gemeinden habe, die darauf zurückgreifen müssen“, sagt der Baudezernent. Seit den Sommerferien kämen pro Woche 30 bis 40 Flüchtlinge nach Hannover, und die Kapazitäten in Wohnheimen und Wohnungen seien erschöpft.
Grundsätzlich will Bodemann nicht ausschließen, dass Flüchtlinge auch in leer stehende Kasernen einziehen. „Skeptisch bin ich aber bei der Freiherr-von-Fritsch-Kaserne“, sagt er. Die Anlage werde von der Polizei als Übungsgelände genutzt, der bauliche Zustand der Häuser entspreche nicht dem hannoverschen Standard. „Für alle Vorschläge bin ich aber dankbar“, sagt Bodemann. Die Stadt sieht sich mit ihrem Notprogramm für die kommenden eineinhalb bis zwei Jahre gerüstet. „Wir hoffen, dass sich die Lage dann entspannt“, sagt Bodemann. Die Notunterkünfte verschafften der Stadt etwas Zeit und Ruhe, um die geplanten acht Wohnheime fertigzustellen und weitere Wohnungen anzumieten. Wie aus dem Rathaus zu hören ist, arbeiten die städtischen Beschäftigten, die sich um die Unterbringung kümmern und die Flüchtlinge betreuen, an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Insofern dürfte es darauf hinauslaufen, dass die Stadt zusätzliche Kräfte einstellen muss. Wie viel das Notprogramm insgesamt kostet, ist nach Angaben der Stadt noch nicht abzusehen.
Anderten: Auf einem städtischen Grundstück an der Höverschen Straße gegenüber dem S-Bahnhof sollen Wohncontainer für 100 Asylsuchende installiert werden. Fundamente müssen zuvor gebaut und Leitungen verlegt werden. Noch in diesem Monat will die Stadt an dem Standort die ersten Modulbauten aufstellen.
Oststadtkrankenhaus: Im leer stehenden Bettenhaus ist Platz für bis zu 300 Flüchtlinge. Umbauten seien kaum nötig, meint die Stadt. Die Vermarktung des Krankenhausgeländes geht weiter.
Ledeburg: Auf dem Gelände der verlassenen Emil-Berliner-Schule an der Kreuzriede will die Stadt noch im Oktober Wohncontainer für 100 Flüchtlinge aufstellen. Eigentlich sollte das Grundstück jetzt verkauft werden.
Schulzentrum Ahlem: In dem leer stehenden Gebäude sind bereits 30 Flüchtlinge untergebracht. Die Stadt will jetzt zusätzliche Duschen einbauen. Die Turnhalle steht weiterhin Vereinen zur Verfügung. 150 bis 200 Menschen sollen in der Schule wohnen können.
HAZ vom 01.10.2014, S. 15:
Stadt stellt Container für Flüchtlinge auf
Verwaltung schafft Platz für bis zu 1.000 Menschen / Wohnanlagen in Stöcken und in Anderten geplant
Von Andreas Schinkel
Die Stadt Hannover muss ihren Kurs bei der Unterbringung von Flüchtlingen ändern. Erteilte sie bisher Massenunterkünften eine Absage, sieht sie sich nun gezwungen, Notunterkünfte für Hunderte von Menschen bereitzustellen – in Wohncontainern, im ehemaligen Schulzentrum Ahlem und im leer stehenden Oststadtkrankenhaus. Insgesamt will man Plätze für bis zu 1000 Flüchtlinge schaffen. Damit reagiert die Stadtverwaltung auf die steigende Zahl von Asylbewerbern, die auch in Hannover Zuflucht suchen. Derzeit kommen pro Woche 30 bis 40 Menschen. Alle Flüchtlingswohnheime sind voll belegt, Wohnungen kaum zu finden.
Vier Containeranlagen für jeweils 100 Menschen sollen verteilt über das Stadtgebiet aufgestellt werden. Für die ersten beiden Standorte hat man bereits Grundstücke ausgewählt. Es handelt sich um das Gelände der ehemaligen Emil-Berliner-Schule an der Kreuzriede im Stadtteil Stöcken und um ein Grundstück an der Höverschen Straße in Anderten. Weitere 150 bis 200 Flüchtlinge können im Schulzentrum Ahlem einquartiert werden. Dort wohnt bereits eine kleine Zahl von Flüchtlingen. Die Stadt betont, dass Kinder, alleinerziehende und alleinstehende Frauen „separate Bereiche“ zugewiesen bekommen. Zudem verhandelt die Stadtspitze mit der Regionsverwaltung über die Nutzung der Räume im leer stehenden Oststadtkrankenhaus. Bis zu 300 Menschen könnten dort Platz finden. Sollten die Gespräche „nicht zum Erfolg führen“, werde man an drei weiteren Orten Wohncontainer für jeweils 100 Flüchtlinge aufstellen.
Mit ihrem Notprogramm kann die Stadt die vom Rat beschlossenen Bedingungen für Flüchtlingsunterkünfte zum Teil nicht mehr erfüllen. Eigentlich hatte der Rat die Zahl der Plätze in Gemeinschaftsunterkünften auf 50 begrenzt. Um zu verhindern, dass Flüchtlinge obdachlos werden, kann sich die Verwaltung über den Willen der Politik hinwegsetzen. Die Stadt betont, dass der vom Rat vorgegebene Betreuungsschlüssel eingehalten werde. In den Containeranlagen kümmern sich drei Sozialarbeiter um 100 Flüchtlinge. SPD und Grüne erkennen den Ernst der Lage und stimmten gestern den Notmaßnahmen zu. „Wir sehen das Bemühen der Verwaltung, solche Übergangslösungen so weit wie möglich zu begrenzen“, sagt SPD-Fraktionschefin Christine Kastning. Künftig müsse beim sozialen Wohnungsbau die Unterbringung von Flüchtlingen bedacht werden, sagt Grünen-Fraktionsvize Freya Markowis.
Unterdessen wurde ein Zwischenfall in einer bestehenden Notunterkunft bekannt. In der Stöckener Turnhalle, in der mittlerweile 38 Flüchtlinge wohnen, gerieten zwei Männer in einen heftigen Streit. Einer ging auf den anderen mit einem Küchenmesser los. Die Polizei wurde gerufen, der Angreifer ist inzwischen woanders untergebracht. Die Turnhalle soll noch im Oktober geräumt werden, die Flüchtlinge ziehen voraussichtlich ins Schulzentrum Ahlem um.
Die Realität im Blick
Ein Kommentar von Conrad von Meding
"Als in dieser Woche die brutalen Übergriffe von Wachdiensten in nordrhein-westfälischen Flüchtlingswohnheimen bekannt wurden, wuchs mit dem Entsetzen eine Erkenntnis: Verbindliche Standards zur menschenwürdigen Unterbringung gibt es fast nirgendwo. Fast. Hannover gehört zu den wenigen Ausnahmestädten, in denen der Rat definiert hat, wie Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Das ist gut so.
Es zeugt aber auch von Realitätssinn, dass diese Unterbringungsstandards zwar im Grundsatz weiter gelten sollen, für eine Übergangszeit aber aufgeweicht werden. Wenn wöchentlich viele Dutzend Menschen in Not zu uns kommen, dann ist es zunächst die Pflicht der Stadt, ihnen überhaupt ein festes Dach zu bieten.
Doch auch die vorübergehenden Großunterkünfte lösen die Probleme nicht. In den vielen Krisenherden der Welt sieht es derzeit nicht nach Entspannung aus, viele Neuankömmlinge werden als Langzeitgäste bei uns bleiben. Es zeichnet sich ab, dass die Stadt ihr durchaus ambitioniertes Programm zum Neubau von Flüchtlingsheimen weiter aufstocken muss. Mehrere werden in den nächsten Monaten fertig – doch schon jetzt ist absehbar, dass die Plätze nicht reichen. Diese Herausforderung wird uns weiter begleiten."
NP vom 29.09.2014, S. 10:
Hilfe für drogensüchtige Nicole
Die Geschichte der drogensüchtigen Nicole (13) ist erschütternd. Die NP sprach mit Experten über das Thema - und bat einen Suchtberater und einen Pastor um ihre Einschätzung
Von Vera König
HANNOVER. Das Schicksal von Nicole, der 13-Jähringen, die ein Jahr auf der Straße lebte, hat die NP-Leser am Wochenende bewegt. Das Mädchen, das Drogen nahm und die Schule nicht mehr besuchte, ist jetzt in einem Jugendcamp untergebracht.
Neun Monate soll sich Nocole dort aufhalten - an einem Ort weit weg von Hannover. Die Zeit zwischen dem letzten Aufgriff der Polizei und dem Transport in die geschlossene Heimunterbringung verbrachte sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf. Seither hat ihre Mutter nichts von ihr gehört: "Der letzte Anruf war: Bring mal einen Döner, Alte. Ist deine Schuld, dass ich hier sitze."
Im Jugendcamp, so das Ziel, könnte Nicole weg von den Drogen kommen und einen Schulabschluss nachholen. Die Mutter: "Erst mal wird sie gründlich untersucht. Ist ja nicht klar, ob sie sich auf der Straße angesteckt hat."
Natürlich, so Experten, sei ein so krasser Fall wie der von Nicole in Hannover nicht gang und gäbe. Allerdings, so Kurt Brylla vom Winnicott-Institut, dem psychosozialen Zentrum am Maschsee, hätten Einrichtungen zunehmend zu tun mit Mädchen, die sich Verletzungen zufügten oder an Magersucht litten.
Brylla: "Mit Beginn der Pubertät erleben sie eine enorme Verunsicherung, eine wirkliche Identitätskrise." Obwohl der Umgang mit Körper- und Geschlechtsidentität heute befreiter sei als früher, kämen viele nicht mit den Veränderungen an sich klar. Bei traumatischen Ereignissen, und das könnten schon zu wenig Zuwendung oder eine belastende Trennung der Eltern sein, würden diese Mädchen "Wut, Trauer und Angst am eigenen Körper abarbeiten" - indem sie sich verletzen. Auch Essstörugen nähmen zu. Einerseits wegen falscher Wahrnehmung des eigenen Körpers, andererseits, weil die Gesellschaft "Körpermaße idealisiere, die tief in die Magersucht reichen."
Keine Zunahmen von Selbstverletzungen und Essstörungen, sondern "stabile Zahlen auf hohem Niveau", beobachtet Burkhard Neuhaus, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Kinderkrankenhaus auf der Bult. Das Sicht-Ritzen komme in verschiedenen Formen vor - "von der schweren psychischen Erkrankung bis hin zum Gruppenverhalten."
Die Polizei betont, dass Nicoles Fall sie bereits länger beschäftigt: Der Kommunale Sozialdienst sei früh informiert worden, so Sprecherin Petra Holzhausen. Nicoles Mutter kritisierte, dass die Einsätze ihre desolate Finanzsituation verschärfte. Holzhausen: "Nicht bei jedem Einsatz wurden Gebühren in Rechnung gestellt. Der Ermessensspielraum ist diesbezüglich sehr eng und wurde von uns weit ausgeschöpft."
Der Pastor Walter Lampe: Chance auf ein sinnvolles Leben
Quelle: Natalie Becker
Die NP-Geschichte erzählt von der 13-jährigen Nicole, die sich anscheinend alle Freiheiten für ein Leben jenseits aller Normen und Werte nimmt. Kaputte Familie, keine Freunde mehr, Mutter lebt von dem Vater ihrer drei Kinder getrennt. Das Mädchen scheint zu leben ohne Rücksicht auf die Gefühle und Empfindungen seiner unmittelbaren Umgebug. Für die Sehnsucht des Menschen ist "die Welt eine Nummer zu klein geraten", wie Kurt Tucholsky sagt. Die Sehnsucht ist immer stärker als unsere Erfahrung mit der Realität.
Die Frage in unserer Geschichte an Nicole ist: Was sind deine Wünsche? Was brauchst du zum Leben? Ich glaube, auch Nicole braucht viel Anerkennung, Wärme, verlässliche Freunde und Zuwendung. An diesem Beispiel wird die Kluft zwischen "Jung und Alt" deutlich. Muss ich mich immer einrichten und einlassen auf das, was die Erwachsenen von mir wollen, oder habe ich das Recht eigene Wünsche zu erleben und konkret werden zu lassen?
Die Glücksforschung beschreibt, dass wir unsere Lebenszufriedenheit unter anderem an den Nachbarn und Kollegen messen. Und das ist für unsere Erfüllung der Sehnsüchte nicht immer eine lobenswerte Perspektive.
Ich wünsche Nicole, dass ihre Wünsche respektiert und verstanden werden und sie die Möglichkeit erhält, professionelle Hilfe anzunehmen, und sie als Chance für ein sinnvolles Leben sieht.
Der Step-Geschäftsführer Serdar Saris: Hinter jedem Jugendlichen in der Statistik steht ein Schicksal
Quelle: step
Der Konsum von Rauschmitteln, so die Statistiken der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, nimmt bei Jugendlichen seit Jahren ab. Diese Entwicklung wird auf viele unterschiedliche Präventionsmaßnahmen zurückgeführt, die gut funktionieren und den richtigen Ansatz verfolgen: aufklären und die Persönlichkeit stärken.
Dieser positive Trend darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter jedem Jugendlichen, der negativ in der Statistik vermerkt ist, ein Schicksal steht. Ein Schicksal, das häufig die ganze Familie betrifft. Wie in dem hier beschriebenen Fall kann auch in einem gut ausgebauten Hilfesystem der Weg, die richtige Hilfe zu finden, schwierig sein. Nicht alle Einrichtungen und Angebote sind bekannt. Und gerade wenn die Betroffenen selber noch keine Unterstützung annehmen können, müssen gesetzliche Grundlagen bei der Einleitung von Maßnahmen berücksichtigt werden.
Die Step ermutigt daher immer auch Eltern, Geschwister, Partner und Freunde, sich Informationen und Unterstützung in den vorhandenen Suchtberatungsstellen zu holen. Viele Probleme auf einmal kann kaum jemand ganz allein lösen. Die Suchtberatung kann durch das Hilfesystem führen, Netzwerke knüpfen, dabei helfen, die vorhandenen Möglichkeiten auszuloten und das richtige Angebot zu finden - und zwar bestenfalls für alle Beteiligten.
HAZ vom 29.09.2014, S. 11:
Stadt richtet Notunterkünfte ein
Von Mario Moers
Die Flüchtlingsunterkünfte in Hannover sind längst überbelegt. Seitdem die Zahl der unterzubringenden Menschen aber weiter ansteigt, sieht sich die Stadtverwaltung gezwungen, Notunterkünfte einzurichten. In der vergangenen Woche wurden insgesamt 22 Asylbewerber vorläufig in einer Turnhalle der Feuerwehr in Stöcken einquartiert. Die Männer aus Afrika und dem Nahen Osten, die alle ohne Familie nach Hannover gekommen sind, sollen im nächsten Monat in das Schulzentrum in Ahlem umziehen. Das war eigentlich für den Abriss vorgesehen.
„Die Unterbringung in der Turnhalle ist eine absolute Ausnahme, um den Notfall zu bewältigen“, erklärte Stadtbezirksmanagerin Rita Heitsch am Mittwoch in einer Sitzung des Bezirksrats Herrenhausen-Stöcken. Die Stadt sei erst kurz vor der Anreise der Flüchtlinge von der Landesaufnahmebehörde über die Zuteilung informiert worden. Dementsprechend sei es nicht möglich gewesen, eine andere Unterkunft für die Männer zu finden.
„Es war zeitlich zu eng, weder die Verwaltung noch der Bezirksrat konnten so schnell reagieren“, erklärte Heitsch. „Am Abend bekam ich einen Anruf, dass am nächsten Tag 22 Männer vor unserer Tür stehen werden.“ Ähnliche Hiobsbotschaften würden den zuständigen Mitarbeitern der Stadt derzeit regelmäßig Bauchschmerzen bereiten, sagte sie.
„Solche Ereignisse überrennen uns einfach“, erklärte auch SPD-Bezirksratsfrau Hildegard Thimm von der „AG-Willkommenskultur“ des Integrationsbeirats Herrenhausen-Stöcken, der unter anderem Fahrkarten und sonstige Hilfen für die Flüchtlinge im Stadtteil organisiert. Die aus Afrika und dem Nahen Osten stammenden Flüchtlinge schlafen auf Pritschen inmitten der Sporthalle. Das Rote Kreuz sorgt derzeit für die soziale Betreuung und die Mahlzeiten in der Behelfsunterkunft. Vor der Halle bewacht ein Sicherheitsdienst den Eingangsbereich. Insgesamt sei die Situation höchst unbefriedigend, die Halle biete kaum Intimsphäre, erklärte Heitsch.
Im Oktober sollen die Männer dann verlegt werden. Derzeit wird das aufgegebene Schulzentrum in Ahlem für die Aufnahme hergerichtet. Das sei zwar wieder eine Behelfsunterkunft, biete jedoch ein Mindestmaß an Privatsphäre für die Menschen, sagte die Stadtbezirksmanagerin. Dem Bezirksrat stellte Heitsch gleichsam in Aussicht, dass in Zukunft alle Stadtteile damit rechnen müssen, weitere Flüchtlinge unterzubringen.
NP vom 27.09.2014, S. 1 und S. 19:
Nicole (13) – die Tragödie eines Drogenkindes
Ein Jahr lang auf der Straße gelebt / Sucht mit Diebstahl finanziert / Experte: In Hannover kein Einzelfall
Von Vera König
HANNOVER. Seit drei Tagen ist Nicole in einem Jugendcamp weit außerhalb Hannovers untergebracht. Die 13-Jährige hatte zuvor ein Jahr auf der Straße gelebt. Sie nahm Drogen, verkaufte gestohlene Waren im Internet und sprach immer häufiger davon, ihr einziger Wunsch sei, zu sterben.
Verzweifelt wandte sich die Mutter des Mädchens an die NP-Redaktion. Sie wusste nicht mehr ein und aus und hatte sogar mit ihren beiden anderen Kindern umziehen müssen, weil Gleichaltrige aus der Nachbarschaft nicht mehr mit ihnen spielen durften. Die Mutter sitzt auf einem Berg von Schulden – verursacht durch Nicole. Wenn die Polizei das Kind aufgriff und in eine Auffangstation brachte, wurden beispielsweise 71,50 Euro für den Transport fällig.
In einer zwischen Mutter, Polizei, Jugendbehörde und Gericht abgestimmten Aktion ist die 13-Jährige jetzt in die Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf und von dort in ein Jugendcamp gebracht worden. Neun Monate, so die Anordnung des Gerichts, wird das Mädchen geschlossen untergebracht.
Die NP schildert die Tragödie des Kindes, die zwar krass, nach Aussagen von Experten aber in Hannover durchaus kein Einzelfall ist. Sozialministerin Cornelia Rundt, die Polizei, Jugendrichter Jens Buck und Jugendamtschefin Alisa Bach nehmen Stellung zu dem Problem des Drogenkindes.
Quelle: Selbstporträt
Nicole ist noch ein Kind, 13 Jahre. In einem Alter, in dem andere Mädchen ihren ersten Freund haben oder sich vom Taschengeld Eintrittskarten für Teenie-Band-Konzerte kaufen, hat sie schon ziemlich viel mitgemacht. Ein Jahr auf der Straße gelebt, die Polizei und die Jugendbehörden ausgetrickst. Diebesgut im Internet verhökert, mit Drogen gehandelt, Drogen genommen. Wäre sie nicht zugedröhnt, könnte sie sich wahrscheinlich eher an den jüngsten Sex erinnern als an irgendein Essen mit der Familie. Das ist für sie Lichtjahre her.
Nicole ist hübsch. Schlanke Figur, lange dunkelbraune Haare, große rehbraune Augen und ein Schmollmund. Sie sieht aus wie 18 oder 19. Erst beim zweiten Blick in ihr Gesicht fällt auf, dass die Augen zu groß sind und unnatürlich glänzen. Rutscht ihr schwarzes T-Shirt hoch, sind tiefe Narben an den Armen sichtbar. Manche gerade erst knapp verheilt. Sie ritzt sich.
An den Tag, an dem ihr die Tochter entglitt, kann sich Nicoles Mutter Jeanette nicht mehr erinnern. „Das war ein schleichender Prozess“, meint sie. Kurz nachdem sie sich von ihrem Mann, dem Vater ihrer drei Kinder getrennt hatte, sei die damals Siebenjährige auffällig geworden. „Am liebsten würde sie sterben“, hat sie gesagt, „sie hat sich zurückgezogen, ist später häufig nicht zur Schule gegangen, hat Freunde gehabt, die alles andere als gut für sie waren.“
Die Mutter bat um einen Erziehungsbeistand. Nicole wurde zum Fall für die Jugendbehörden. Mit der Pubertät kam die zunehmende Entfremdung von Mutter, Bruder, Schwester. Zwölf geworden war das Mädchen gerade, als es einen acht Jahre älteren Junkie kennenlernte. Damit er sich für seinen Schuss Heroin setzen konnte, stahl Nicole Geld von ihrer Mutter und verkaufte die Playstation ihres Bruders. Dessen Tränen und Enttäuschung waren ihr nicht mal ein Achselzucken wert.
Längst gab es massive Schwierigkeiten in der Schule. Nicole mobbte Klassenkameraden, pöbelte sie an und bedrohte eine Mitschülerin massiv. Inzwischen war sie auch der Jugendgerichtshilfe bekannt. Vor einem vereinbarten Täter-Opfer-Gespräch verschwand das inzwischen als Rowdy gefürchtete Mädchen. Erst einen Tag später tauchte es wieder auf. Das Abhauen über Nacht häufte sich. Im eigenen Bett zu schlafen, war irgendwann eher Ausnahme als Regel. „Dauernd schellte die Polizei bei uns“, erzählt die Mutter.
„Als Nicole erzählte, sie würde zu Hause geschlagen, kamen Beamte nachts und wollten meine beiden anderen Kinder wecken und gucken, ob die blaue Flecken haben.“ Wochen später fanden Bruder und Schwester keine Freunde mehr zum Spielen. Die Familie war den Nachbarn suspekt geworden.
Umzug also. Weg von der City, in die Region, wo einen keiner kennt. Neue Möbel besorgen, denn in einem ihrer heftigen Wutanfälle hatte Nicole mit Gläsern um sich geworfen, Schränke zerdeppert, Couch und Betten mit Farbe beschmiert. Ersatz zu finden, wenn man als inzwischen alleinerziehende Mutter gerade mal 561 Euro monatlich zur Verfügung hat, war gar nicht so einfach. Schränke fehlen noch in der neuen Wohnung. Die Matratze der Mutter liegt auf Euro-Paletten. „Geht nicht anders“, sagt sie, „ich habe Schulden zuhauf.“
Jedes Mal, wenn die Polizei Nicole nachts aufgreift und in eine Auffangmöglichkeit bringt, werden Gebühren und Auslagen fällig. 54 Euro für den Einsatz von zwei Beamten à 0,5 Stunden, 17,50 Euro für den Polizeiwagen. Macht 71,50 Euro. „Wie viele dieser Rechnungen ich bekommen habe, weiß ich schon gar nicht mehr“, erzählt die Frau, die seit Jahren von Hartz IV lebt. Gerade erst hat sie einen Brief erhalten, der eine Zwangsvollstreckung ankündigt. Schulden für Nicoles Schwarzfahren, Forderungen von den von der Tochter geprellten Internetkunden, Pfändungen für deren Katalogbestellungen. Die jüngste Hiobsbotschaft kam von der Schulbehörde. „Pro Tag, an dem Nicole im Unterricht gefehlt hat, soll ich 39 oder 49 Euro Strafe zahlen“, sagt die Mutter. Soviel sie weiß, hat ihre älteste Tochter seit eineinhalb Jahren keinen Fuß mehr in ihr Klassenzimmer gesetzt.
„Behandlungsbedürftige Problematik“, „gravierende Beziehungsstörung“, „erhebliche Gefährdung des Kindes“ – das erkennt die Jugendbehörde inzwischen an. Der Hausarzt vermutet eine Borderline-Erkrankung, eine tiefgreifende Persönlichkeitsstörung. Ein Jugendpsychiater attestiert der 13-Jähringen, sie brauche dringend eine „stationäre Entwöhnungsbehandlung“, sie sei „von akuter Suizidalität“.
„Ich liebe Nicole immer noch“, sagt die Mutter, „aber sie ist kein Kind mehr – sie ist ein Raubtier. Immer auf der Suche nach Beute.“ Ihr dringlichster Wunsch: „Meine Tochter muss zu sich selbst finden, weg von den Drogen kommen, einen Schulabschluss machen.“ Vielleicht bekommt Nicole jetzt diese Chance. Als sich die NP vor drei Wochen in den Fall einschaltete, haben die Behörden kooperiert – und durchgegriffen. Diesmal hat die Polizei Nicole in die Kinder- und Jugendpsychiatrie Wunstorf gebracht. Auf Anordnung des Familiengerichtes und dringenden Wunsches der Mutter soll sie neun Monate lang in einem Camp für Mädchen leben, „die aufgrund ihres auffälligen Verhaltens in ihren Familien, in Psychiatrien oder in anderen Jugendhilfeeinrichtungen zeitweise oder dauerhaft nicht mehr betreut werden können“. Die Mutter hofft, dass die neun Monate Nicole helfen. Diese Zeit entscheidet über Halt oder Absturz – in einem Leben an der Kante.
Vera König, NP: Viel zu lange weggeschaut
Ein Jahr lang hat Nicole auf der Straße gelebt. Ein Jahr keine Schule besucht, Drogen genommen, sich vielleicht prostituiert. Und dabei ist sie ein Kind. Gerade mal zwölf Jahre alt, als sie abrutschte und falsche Freunde fand. Das kann vorkommen. Aber es darf nicht sein, dass es ein Jahr dauert, bis ein Kind wirklich die Hilfe bekommt, derer es dringend bedarf. Viel zu viel noch Schlimmeres hätte in dieser Zeit passieren können – angefangen von einer Schwangerschaft über eine HIV-Infektion bis hin zu einer tödlichen Drogendosis. Spätestens im Mai, als der Jugendpsychiater akute Suizidgefahr erkannte, hätte Schluss sein müssen mit teuren Polizei-Taxifahrten oder kurzfristiger Unterbringung in der Auffangstation „Bed by Night“.
Natürlich stimmt es, dass man niemanden, auch kein Kind, gegen seinen Willen therapieren kann. Natürlich ist eine geschlossene Unterbringung die allerletzte Möglichkeit. Abe die muss man in diesem Fall nutzen und für alle anderen ähnliche Fälle genug solcher Plätze schaffen. 370 gebe es nur deutschlandweit, sagt Richter Jens Buck. Das ist zu wenig!
Ganz gewiss ist diese Form von Therapie kein Allheilmittel – selbst dann nicht, wenn sie sich Jugendcamp nennt. Nicole wird auch nach den neun Monaten jede Menge Hilfe brauchen, um ein Leben ohne Drogen zu schaffen, um wieder klarzukommen mit ihrer Familie.
Die neun Monate im Jugendcamp sind eine Auszeit vom Leben auf der Straße. Nicole kann sie hoffentlich nutzen, um eine Perspektive für sich zu entwickeln. Alle zuständigen Behörden sollten sie nutzen, um über Verbesserungen ihrer Zusammenarbeit nachzudenken. Damit die nächste Intervention im Krisenfall nicht wieder ein Jahr dauert.
Petra Holzhausen, Polizei Hannover: Familien unterstützen ist das oberste Ziel
Das Wohl des Kindes steht für uns immer an erster Stelle. Natürlich ist es erschütternd, wenn Erziehungsberechtigte die Kontrolle über ihr Kind verlieren und dieses auf die schiefe Bahn gerät.
Die Polizei arbeitet mit kommunalen und sozialen Einrichtungen früh und intensiv zusammen. Oberstes Ziel ist, die Familien zu unterstützen. Diese Anstrengungen reichen in vielen Fällen früher oder später aus, um die Kinder wieder in das familiäre Umfeld zu integrieren. Da haben die Betroffenen vielleicht nur eine schwierige Lebensphase durchlaufen und konnten wieder auf den rechten Weg gebracht werden.
Es gibt auch wenige Ausnahmen, bei denen die Bemühungen nicht zum Ziel führen. Letztlich scheitert es oftmals an der Kooperation der Kinder. Nicht selten kommt es dann vor, dass wir diese in die Obhut einer Jugendhilfeeinrichtung bringen und sie sich in dem Moment, in dem der Streifenwagen weggefahren ist, von dort wieder entfernen. Schließich werden diese Kinder dann ein Fall für Fachärzte und/oder die Justiz, die über eine Unterbringung entscheiden müssen.
Alisa Bach, Region Hannover: Hilfe funktioniert nicht ohne Motivation
Es ist für Jugendämter nicht leicht, Kindern wie Nicole zu helfen. Mit Zwang geht da nichts. Nur aufgrund eines gerichtlichen Unterbringungsbeschlusses und für kurze Zeit dürfen Minderjährige geschlossen untergebracht werden. Es ist auch richtig so, dass eine geschlossene Unterbringung nur im äußersten Notfall befristet erfolgen darf. Denn um wirklich helfen zu können, müssen die Jugendämter auf die Motivation der Kinder und Jugendlichen selbst setzen.
Ein junger Mensch, der praktisch auf der Straße lebt, muss von sich aus bereit sein, die ersten Schritte in ein anderes Leben buchstäblich auf eigenen Füßen zu tun. Ohne die Bereitschaft sich helfen zu lassen, kann nichts erreicht werden. Der Übergang von einem zwar ungesunden und gefährlichen, aber völlig freien und meist nächtlichen Leben in eine Jugendhilfeeinrichtung ist nicht einfach, zumal sich die Kinder von ihren Freunden, ihrer Clique, trennen müssen. Um zu helfen, müssen die Fachkräfte, die Jugendämter überhaupt erst einmal mit Kindern und Jugendlichen wie Nicole sprechen können.
Schon das ist schwierig, da Kinder oft aus Notaufnahmestelle wieder verschwinden, bevor ein Gespräch über die weiteren Perspektiven stattfinden kann. Nicole wurde mehrfach – teilweise auf eigenen Wunsch – in Notaufnahmestellen aufgenommen. Dort arbeiten qualifizierte Betreuer, die als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Nicole hat sogar vor einigen Monaten an einem Vorstellungsgespräch in einer Jugendhilfeeinrichtung teilgenommen, konnte sich aber zu einem Einzug dann doch nicht entscheiden.
Nach erneuter Inobhutnahme und familiengerichtlicher Untersuchungsanordnung ist Nicole jetzt freiwillig zunächst für neun Monate in einem Jugendcamp untergebracht. Es ist zu hoffen, dass sie dort neue Freunde oder Bekannte findet, zu denen sie Vertrauen fassen kann. Nicole hat große Chancen, ihrem Leben eine andere, bessere Richtung zu geben.
Jens Buck, Familienrichter Hannover: Zu wenig Heimplätze für Kinder und Jugendliche
Eine Stellungnahme zu dem Fall ist aufgrund des noch laufenden Verfahrens leider nicht möglich. Allgemein richtet sich die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung nach § 1631b BGB. Danach ist ein Eingriff in die persönliche Freiheit eines Kindes nur möglich, wenn dies zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung erforderlich ist und diese Gefahr nicht durch andere öffentliche Hilfen beseitigt werden kann.
Die Unterbringung kann bei Vorliegen einer Erkrankung in einem Krankenhaus erfolgen, ansonsten in einer geschlossenen pädagogischen Einrichtung. Eine Suchterkrankung kann nur dann behandelt werden, wenn der Betroffene zumindest die Unzufriedenheit mit seiner Situation mitbringt, sonst wird eine Behandlung nicht gelingen. Bei anderen behandlungsbedürftigen Erkrankungen ist die ärztliche Feststellung für eine Unterbringung notwendig. Liegt diese nicht vor, wird ein Kind nicht in einer Klinik aufgenommen.
Soweit eine Unterbringung in einem Krankenhaus nicht geboten ist, kann eine Unterbringung gegen den Willen des Kindes nur in einem geschlossenen Heim erfolgen, da die Kinder in offenen Heimen schnell abgängig sind. Derzeit gibt es für ganz Deutschland 370 geschlossene Heimplätze für Kinder und Jugendliche. In der familiengerichtlichen Praxis zeigt sich aber, dass dies zu wenig ist.
Leider gibt es auch in Hannover mehrere Fälle von Kindern und Jugendlichen, die Drogen nehmen, alkoholabhängig sind, sich prostituieren oder für die Bevölkerung als gefährlich einzuschätzen sind. Hier kann manchmal nicht anders reagiert werden, als eine längerfristige geschlossene Unterbringung anzuordnen. Diese Beschlüsse sind aber häufig mangels Heimplätzen nicht umzusetzen. Insoweit bedarf es aus familienrichterlicher Sicht mehr solcher Plätze, um Kindern und Jugendlichen in gefährlichen Situationen einen geschützten Rahmen zu ermöglichen und so weiteres Leiden von ihnen abzuwenden.
Cornelia Rundt, Sozialministerin Hannover: Gesellschaft muss ein Abdriften verhindern
Jedes einzelne Schicksal von Menschen, die unter Drogenabhängigkeit leiden, macht betroffen. Die Landesregierung setzt sich mit einer Vielzahl von Präventionsangeboten dafür ein, dass es gar nicht erst so weit kommt Die gesamte Gesellschaft – von den Elternhäusern bis zu den Jugendämtern – muss dabei mitwirken, um ein Abdriften gerade auch junger Menschen in die Drogensucht und andere Abhängigkeiten zu verhindern.
Ein wichtiger Partner ist die Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen. In Niedersachsen haben wir gemeinsam mit einer Vielzahl von Einrichtungen ein flächendeckendes Netz von ambulanten und stationären Suchthilfeeinrichtungen aufgebaut. Zu diesem Netz gehören allein 75 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention, aber auch Fachkliniken, psychiatrische Abteilungen sowie Selbsthilfegruppen.
Unsere Bemühungen auf diesem Gebiet werden auch dadurch dokumentiert, dass wir den Suchthilfe-Etat im Haushalt 2014 um 500.000 Euro auf 7.838.000 Euro erhöht haben.
HAZ vom 25.09.2014, S. 18:
SPD will doch Pfandringe – zur Probe
Mit den Grünen muss noch geredet werden
Von Mathias Klein
Die hannoversche SPD will jetzt doch sogenannte Pfandsammelkisten oder Pfandsammelringe in der Landeshauptstadt erlauben. In ihrer jüngsten Sitzung habe sich die Fraktion für eine Testaktion ausgesprochen, sagte die Fraktionsvorsitzende Christine Kastning gestern. Die Stadtverwaltung solle einen Versuch „an zwei geeigneten Standorten“ organisieren, so Kastning. Als Beispiele nannte sie den Weißekreuzplatz in der Oststadt und einen Standort in Linden-Nord. Allerdings müsse darüber noch mit dem grünen Koalitionspartner gesprochen werden, sagte Kastning einschränkend.
„Es ist besser, einmal auszuprobieren, ob so etwas in Hannover funktioniert oder nicht“, sagte Kastning. Die SPD-Fraktion reagiert damit auf einen von der CDU beantragten Prüfauftrag an die Verwaltung, die die unterschiedlichen Erfahrungen mit öffentlichen Pfandsammelsystemen in Deutschland zusammentragen sollte. Bisher hatten Mitglieder der SPD-Fraktion solche Systeme abgelehnt. Beispielsweise hatte die Sozialexpertin der Fraktion, Gudrun Koch, gesagt, mit dem Sammeln von Pfandflaschen könne die Armut nicht bekämpft werden.
Quelle: dpa
Andere Städte wie zum Beispiel Bamberg oder Köln erproben schon seit einiger Zeit Erleichterungen für Pfandsammler, damit diese nicht umständlich in den Papierkörben nach Pfandflaschen wühlen müssen. Der Rat in Hannover hatte Pfandringe, die als Halterungen für leere Flaschen an Papierkörben oder Laternenmasten montiert werden können, vor rund zwei Jahren schon einmal abgelehnt. Ende April hatte ein Unternehmen die Diskussion in der Landeshauptstadt erneut entfacht. Damals hatte ein Hamburger Unternehmen im Bereich von Limmerstraße, Küchengarten, Lindener Markt und Schwarzer Bär insgesamt rund 20 sogenannte Pfandkisten aufgehängt, um den zahlreichen Pfandsammlern die Arbeit zu erleichtern.
HAZ vom 24.09.2014, S. 22:
Die Zahl der Bedürftigen steigt
Hannöversche Tafel hat auch im 15. Jahr viel zu tun / Jeden Monat werden 4000 Erwachsene und 2000 Kinder unterstützt
Von Veronika Thomas
Einen Anlass zum Feiern des 15-jährigen Bestehens der Hannöverschen Tafel sieht die Vereinsvorsitzende nicht. „Als wir 1999 anfingen, hatten wir die Hoffnung, dass unsere Arbeit irgendwann überflüssig wird“, sagt Rosemarie Wallbrecht. Aber daran sei zurzeit nicht zu denken. „Die Zahl der Bedürftigen steigt, wir werden gebraucht.“
Mit 44 Mitgliedern und einem Fahrzeug hatte die Hannöversche Tafel am 20. September 1999 ihre Arbeit begonnen, um Lebensmittelspenden von Bäckereien und Lebensmittelgeschäften abzuholen. Die einzige Ausgabestelle befand sich an der Clemenskirche, wo die Lebensmittel an Obdachlose verteilt wurden. Heute hat der Verein 260 Fördermitglieder und fünf Autos – vier Kühlfahrzeuge und einen Kleintransporter.
Längst bilden Hartz-IV-Empfänger und Rentner den Großteil der Bedürftigen, die sich die Spenden in Kirchengemeinden in Hannover und Garbsen abholen. 2005 wurde zusätzlich das Projekt „Hannöversche Kindertafel“ ins Leben gerufen. Mit dem Ziel gesunder Ernährung erhalten zurzeit 26 Schulen, Kindermittagstische, Tagestreffs und Einrichtungen zur Förderung der Integration vorrangig Obst und Gemüse.
Insgesamt 40 soziale Einrichtungen werden inzwischen jede Woche angefahren, darunter auch Einrichtungen für Flüchtlinge, Obdachlose und Drogenabhängige. Jeden Monat werden dadurch 4000 Erwachsene und 2000 Kinder unterstützt.
Quelle: Moers
An einem Ausgabetag verteilen die rund 130 freiwilligen Helfer mehr als 500 Kilogramm Backwaren, Gemüse, Obst und Fertigprodukte, die sie zuvor bei den Spendern abgeholt haben. Zu ihnen gehören Tante-Emma-Läden genauso wie Großunternehmen, darunter Rewe, Lidl und Rossmann.
„Die Spenden der großen Unternehmen werden zwar weniger, weil sie, auch bedingt durch die Scannerkassen, ihren Einkauf besser kalkulieren. Dafür werden wir von mehr kleineren Betrieben unterstützt“, sagt Wallbrecht. Dadurch bleibe die Höhe der Spenden stabil.
„Unterm Strich ist unsere Arbeit eine positive“, bilanziert Rosemarie Wallbrecht. Das betreffe die Unternehmen, die Produkte mit Verpackungsfehlern oder überschüssige Mengen für einen guten Zweck abgeben könnten und so nicht vernichten müssten, als auch für die bedürftigen Empfänger.
HAZ vom 22.09.2014, S. 22:
Mit dem Alter wächst die Armut
Immer mehr Menschen über 60 haben Schulden – aber kaum ein Betroffener traut sich, professionelle Hilfe zu suchen
Von Alexandra Bülow
Wieder ein Brief. Wieder eine Rechnung. Wieder eine Mahnung. Dieses Mal mit deutlichen Drohungen. Der Magen zieht sich zusammen, das Herz klopft, der Blick auf das Konto beweist: Ich habe nichts mehr.
„Eine Verschuldung ist etwas, das jeden Menschen in jeder Lebenslage treffen kann“, stellt Professor Frieder Lang fest. Er ist Leiter des Instituts für Psychogerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Der Schuldneratlas der Creditreform Wirtschaftsforschung, die jährlich die Verschuldung der Deutschen untersucht, zeigt seit Jahren eine stetige Steigerung der Verschuldung bei den über 60- und über 70-Jährigen. Waren im Jahr 2004 rund 78.000 Menschen der Altersgruppe 70 plus überschuldet, stieg die Zahl im Jahr 2013 auf 111.000. Es sei eine deutliche Tendenz zu erkennen: Von den über 70-Jährigen in Deutschland sind 0,9 Prozent verschuldet. 2004 waren es 0,77 Prozent.
Quelle: dpa
Die Gründe sind vielfältig. Die Rente ist geringer als das einstige Gehalt, die Vorsorge nicht ausreichend. Gleichzeitig steigen die Kosten für die Behandlung von Krankheiten, etwa für Medikamente. Eine weitere Ursache: Stirbt der Partner, fällt sein Einkommen weg. Auch Zeiten, in denen man nicht oder wenig in die Rentenkasse eingezahlt hat, schlagen im Alter zu Buche, etwa durch Arbeitslosigkeit oder Jobwechsel. Betroffen sind außerdem oft Frauen, die heute Mitte 60 und älter sind. Sie haben lange Ausfallzeiten, da sie Kinder großgezogen haben. Wenn ein Betroffener merkt, dass er Schwierigkeiten hat, Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, beginnt meist eine unheilvolle Spirale: Er knapst sich das Geld ab, lässt vielleicht wichtige Medikamente weg, zahlt dafür aber die Stromrechnung.
„Manch einer isst nur noch trocken Brot, um die Miete zahlen zu können“, sagt Birgit Höltgen von der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. „Ich schaffe das schon“, denkt mancher, weil er niemandem zur Last fallen will.
Doch es gibt Hilfe: „Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt oder Paritätischer Wohlfahrtsverband bieten seriöse Schuldnerberatung an. Man kann sich hier oder bei sozialen Diensten erkundigen, wo es eine Schuldnerberatung in der Nähe gibt“, empfiehlt Höltgen. Auch die Verbraucherzentralen nennen Adressen, Auskunft geben außerdem soziale Dienste oder die Bundesarbeitsgemeinschaft für Senioren (Bagso). „Man sollte sich möglichst frühzeitig beraten lassen, am besten, wenn man die ersten Zahlungsschwierigkeiten feststellt“, rät Weinhold.
Viele ältere Verschuldete kommen jedoch erst, wenn die Situation schon lange gärt. „Keine Sorge, es gibt vom Berater keine Vorwürfe oder Schuldzuweisungen“, beruhigt Weinhold. „Sie finden Lösungen und begleiten den Schuldner.“ Die Schuldnerberater prüfen die Unterlagen des Schuldners, betrachten seine Einkommensverhältnisse und setzen sich mit allen Gläubigern auseinander. Priorität habe immer, dass Miete, Strom und Essen für den Betroffenen gesichert sind und er genug zum Leben hat. Dann wird geguckt, welche Forderungen bedient werden können.
Gesetzlich gilt, dass ein Einkommen unter 1050 Euro nicht pfändbar ist, erklärt Weinhold. In manchen Fällen kann auch ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden, bei dem der Schuldner nach sechs Jahren schuldenfrei ist.
HAZ vom 19.09.2014, S. 13:
Obdachloser wurde erschlagen
Von Jörn Kießler
Der Tod des Obdachlosen, der am Mittwochmorgen an der Benno-Ohnesorg-Brücke gefunden wurde, scheint geklärt. Noch am selben Tag hat die Kriminalpolizei einen 32-Jährigen festgenommen, der unter dem Verdacht steht, den 40-Jährigen getötet zu haben. Er wurde gestern Nachmittag einem Haftrichter vorgeführt, der Untersuchungshaft für den Mann verhängte.
Auf die Spur des ebenfalls dem Obdachlosen-Milieu zugehörigen Verdächtigen kam die Polizei durch die Aussage der 61-Jährigen, die den Leichnam am Mittwoch gegen 6.40 Uhr gefunden hatte. Als sie den leblosen Körper auf einem Gehweg am Walter-Wülfing-Ufer entdeckte, stand laut ihrer Aussage ein Mann in der Nähe der Leiche.
Mithilfe der Beschreibung der Walkerin und den Aussagen weiterer Zeugen konnten die Beamten des Kriminaldauerdienstes den 32-Jährigen identifizieren und nahmen ihn wenig später in einem Wohnhaus in Linden-Süd fest. Der Verdächtige gab zu, am Dienstagabend mit dem Opfer unterwegs gewesen zu sein. Nach Informationen der Polizei soll er die letzte Person sein, die mit dem 40-Jährigen zusammen war, bevor dieser ums Leben kam. Zu den Tatvorwürfen der Polizei äußerte sich der Mann nicht. „Im Rahmen seiner Vernehmung machte er jedoch Aussagen, die sich nicht mit den Ergebnissen der Obduktion und den am Tatort gesicherten Spuren decken“, sagte Polizeisprecher Holger Hilgenberg.
Quelle: Dillenberg
Weiterführende Untersuchungen der Rechtsmediziner ergaben, dass der 40-Jährige offenbar durch stumpfe Gewalteinwirkung so stark am Kopf verletzt wurde, dass er an den Folgen starb. „Diese Untersuchungen machen auch ein Sturzgeschehen als mögliche Ursache für die Kopfverletzungen unwahrscheinlich“, so Hilgenberg. Am Mittwoch war auch nach der Obduktion des Leichnam zunächst noch unklar, ob er durch ein Verbrechen ums Leben kam oder ein Sturz von dem Baugerüst, das an dem Haus nahe des Fundortes aufgebaut ist, getötet wurde. So konnten die Ermittler anfangs nicht ausschließen, dass es sich bei dem Tod des Mannes um einen Selbstmord oder einen Unfall handelte. Diese Optionen wurden nun durch die Ermittlungen ausgeräumt. Warum es jedoch zu dem Tötungsdelikt kam, ist bisher unklar.
Die Polizei sucht weiterhin Zeugen, die Hinweise zu der Tat geben können. In diesem Zusammenhang bittet die Behörde vor allem einen Fahrradfahrer, der kurz nach dem Fund der Leiche am Walter-Wülfing-Ufer unterwegs war, sich beim Kriminaldauerdienst unter der Telefonnummer (0511)109-5555 zu melden.
HAZ vom 18.09.2014, S. 14:
Tod eines Obdachlosen gibt Ermittlern Rätsel auf
Von Jörn Kießler
Eine Passantin hat gestern Morgen einen Toten in Linden-Mitte gefunden.
Der 40 Jahre alte Mann lag leblos auf einem Gehweg am Walter-Wülfing-Ufer nahe der Benno-Ohnesorg-Brücke. Wie der Obdachlose ums Leben kam, ist bisher unklar. Eine Obduktion ergab, dass die schweren Kopfverletzungen, die der Tote hatte, sowohl in Folge eines Sturzes als auch durch Gewalteinwirkung entstanden sein könnten. Die 61 Jahre alte Walkerin war am Morgen an der Ihme unterwegs.
Gegen 6.40 Uhr fand sie den leblosen Körper auf der Rückseite eines Wohnhauses auf dem Gehweg liegend und alarmierte die Rettungskräfte. Ein Notarzt konnte jedoch nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Da die Beamten bei der Leiche keine Ausweispapiere finden konnten, war zunächst unklar, um wen es sich handelt. Im Rahmen der Obduktion konnten die Mitarbeiter der Rechtsmedizin den 40-Jährigen jedoch anhand seiner Fingerabdrücke identifizieren.
„Es handelt sich um einen Mann aus dem Obdachlosenmilieu Hannovers“, sagte Polizeisprecher Holger Hilgenberg. Unklar ist nach der Obduktion jedoch weiterhin, ob der Mann Opfer eines Verbrechens wurde, bei einem Unfall ums Leben kam oder Selbstmord beging. Für die beiden letzten Möglichkeiten spricht der Fundort der Leiche. Das Haus, vor dem die Passantin den Toten fand, wird derzeit renoviert und ist dafür mit einem Baugerüst eingekleidet. Es ist möglich, dass der 40-Jährige an der Hausfassade hinaufkletterte und sich aus großer Höhe in den Tod stürzte. Ebenso könnte es sein, dass der Mann nicht beabsichtigte, Selbstmord zu begehen, bei seinem Aufstieg auf dem Baugerüst jedoch stolperte und in die Tiefe stürzte.
Quelle: Dillenberg
Diese Version erinnert an den tragischen Tod eines 31-Jährigen, der während des Maschseefestes ertrank. Ein Mitarbeiter der Aufsicht entdeckte seine Leiche, die im See trieb, an einem Sonntagmorgen Anfang August. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Hannoveraner gemeinsam mit Freunden am Abend zuvor auf das Fest am See kam. Die Polizei geht davon aus, dass er später beim Wasserlassen in den Maschsee stürzte und in dem Gewässer ertrank. Ob den Toten von der Benno-Ohnesorg-Brücke ein ähnliches Schicksal ereilte oder er durch ein Verbrechen ums Leben kam, sollen nun weitere Ermittlungen klären.
Dafür sucht die Polizei Zeugen, die in der Nacht auf Mittwoch im Bereich des Fundortes etwas Auffälliges beobachtet haben. Insbesondere wird ein Radfahrer gesucht, der zusammen mit der 61-Jährigen am Fundort gewesen sein soll. Sie werden gebeten, sich unter der Telefonnummer (0511)109-5555 zu melden.
HAZ vom 16.09.2014, S. 14:
Nachbarschaftskreise
(vt). Praktische und konkrete Hilfe: Der Unterstützerkreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover und ihm angeschlossene Nachbarschaftsinitiativen helfen Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften in mittlerweile acht Stadtteilen. Sie begleiten Flüchtlinge zu Ärzten und Behörden, vermitteln Deutschkurse und helfen bei der Suche nach Kita-Plätzen.
Die Nachbarschaftskreise sind zwar unterschiedlich organisiert, aber untereinander vernetzt. So hat es der Kreis in Linden-Süd den Bewohnern einer Gemeinschaftsunterkunft unter anderem ermöglicht, dass sie Zugang zu Fernsehsendern in ihrer Heimat und einen kostenlosen Internetzugang per WLAN erhalten. Es gibt Patenschaften, Nachbarschaftsfeste sowie Zuwendungen von Bezirksrat, Kirchengemeinden und Privatleuten zur Anschaffung von Büchern für Sprachkurse oder Babyausstattungen. In anderen Stadtteilen gibt es Hausaufgabengruppen, Hilfen beim Umzug in eigene Wohnungen, ehrenamtlich betreute Fahrradwerkstätten oder kostenlose Beratungen durch Anwälte (Asylrecht).
Der Unterstützerkreis in Kirchrode hat beispielsweise einen „Nachbarschaftspool“ zur Begleitung von Arzt- und Behördenterminen gegründet. Auf Einladung des Unterstützerkreises besuchten im Juli 20 Kinder aus allen Flüchtlingsunterkünften erstmals den Zoo Hannover.
HAZ vom 10.09.2014, S. 13:
Toter im Gebüsch stammt aus Frankfurt
(cli). Die Polizei hat die Identität des Toten ermittelt, dessen Leiche monatelang in einem Gebüsch mitten in Laatzen lag. Wie eine DNA-Analyse nun ergeben hat, handelt es sich um einen 47 Jahre alten Mann, der ursprünglich aus Frankfurt am Main stammt. Eine 28-jährige Fußgängerin hatte die stark verweste Leiche am Nachmittag des 21. Juli an einer Stadtbahnhaltestelle in der Erich-Panitz-Straße entdeckt. Hunderte Passanten waren zuvor jeden Tag an der Fundstelle vorbeigelaufen.
Der Tote trug Winterkleidung und hatte keine Papiere dabei, die Rückschlüsse auf seine Identität geben konnten. Die genaue Todesursache bleibt ungeklärt. Die Polizei hat keine Hinweise gefunden, die auf eine Straftat deuten.
NP vom 09.09.2014, S. 15:
Song-Contest zum „Asphalt“-Jubiläum
Von Fabian Wenck
HANNOVER. Hannovers Straßenmagazin „Asphalt“ wird 20 Jahre alt. Um dies zu feiern, findet am 25. September im Kulturzentrum Pavillon der Protestsong-Contest „Unbequem“ statt. Die Idee entstand mit Fury-in-the-Slaughterhouse-Mitglied Christof Stein-Schneider. „Unser Magazin ist unbequem, gesellschaftliche Probleme anzusprechen, ist unbequem, da passt das Motto perfekt zu unserem Jubiläum“, erklärt „Asphalt“-Geschäftsführer Reent Stade.
Gestern entschied die fünfköpfige Jury, welche Bands beim Contest ihren Song live aufführen dürfen. Folk-noir-Sängerin Tokunbo Akinro, Komponist und Produzent Heiner Lürig, die musikbegeisterten „Asphalt“-Verkäufer Thomas Abramov und Jörg Wolter sowie „Asphalt“-Redakteurin Renate Schwarzbauer mussten aus 35 eingereichten Songs die sechs besten herausfinden.
Jury-Mitglied Tokunbo findet diese Art des Protestes toll: „Junge Künstler setzen sich über diesen Weg mit gesellschaftlichen Problemen auseinander.“ Die Themen in den Songs sind vielschichtig. Ein Muster lässt sich aber doch erkennen. „Viele Darbietungen behandeln soziale Ungleichheiten. Was junge Menschen auch beschäftigt, ist die Machtlosigkeit des Bürgers, aus seinem Leben oder vorgeschriebenen Wegen auszubrechen“, so Stade.
Wer die Songs hören möchte, sollte am 25. September um 19 Uhr im Kulturzentrum Pavillon vorbeischauen. Die Eintrittskarte (7,50 Euro) ist gleichzeitig Stimmzettel - denn die Zuschauer entscheiden, wer das Preisgeld (500 Euro) und den von Jürgen Witt gestalteten Pokal gewinnt.
HAZ vom 06.09.2014, S. 16:
Zahnarztpraxis auf Hannovers Straßen
Erwin Richard hat keine Scheu vor dem Zahnarzt – doch der Obdachlose kann sich die teure Behandlung seiner Zahnprothese eigentlich nicht leisten. Gut, dass es für solche Fälle das Zahnmobil gibt, in dem Menschen eine kostenlose Behandlung bekommen können – auch ohne Krankenversicherung. Richard war gestern der 1000. Patient in der Datenbank der fahrenden Praxis, in der ihn Zahnärztin Lisa Macke behandelt hat.
Seit 2012 rollt das Zahnmobil durch Hannover und versorgt Wohnungslose. Die Ärzte, die dort im Einsatz sind, arbeiten ehrenamtlich. Ingeburg Mannherz hat das Projekt zusammen mit ihrem Mann Werner ins Leben gerufen. Er ist Ingenieur und hat einen alten Krankenwagen zur Praxis umgerüstet. Seine Frau war selbst Zahnärztin und organisiert heute die Einsätze des Zahnmobils. „Ich behandele nur noch, wenn einer unserer 25 Kollegen kurzfristig ausfällt“, sagt sie. Im September ist das bewegliche Behandlungszimmer an acht Tagen auf Achse.
Das Mobil steuert regelmäßig sechs Standorte an, darunter auch den Tagestreffpunkt „Dach überm Kopf“ der Diakonie Hannover. Gottfried Schöne leitet die soziale Beratungsstelle für Obdachlose bei der Diakonie. Sie unterstützt das Zahnmobil und stellt das Labor, das Büro für die Verwaltung des Fahrzeugs und einen Stellplatz. „Es ist wichtig, dass das Zahnmobil in das Hilfesystem eingebunden ist“, sagt Schöne. „Wir wollen die Obdachlosen von der Straße holen.“ In Hannover leben 2500 bis 3000 Wohnungslose. Dafür müsse die sozialpädagogische Arbeit eng mit der medizinischen Versorgung verzahnt sein, sagt Schöne.
Erwin Richard ist nach Abschluss der Behandlung zufrieden: Seine Prothese ist in Ordnung. Er hat kaum Druckstellen auf dem Zahnfleisch. Zum Abschied bekommt er noch ein Set zur Zahnpflege mit auf den Weg. Am 10. September steht das Zahnmobil von 9 bis 11 Uhr auf dem Raschplatz vor dem Kontaktladen Mecki. Zwischen 15 und 17 Uhr am selben Tag sind die Ärzte dann vor dem Männerwohnheim am Engelbosteler Damm anzutreffen.
HAZ vom 05.09.2014, S. 6:
Viele Obdachlose sind minderjährig
Hannover. Mehr als jeder sechste Obdachlose in Niedersachsen ist noch minderjährig. Aus einer Erhebung des Niedersächsischen Sozialministeriums zum Stichtag 31. Dezember 2012 geht hervor, dass damals von 4346 Menschen, die in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht waren, 756 noch keine 18 Jahre alt waren. „Ordnungsbehörden, Jugendhilfe und Sozialdienst in den Kommunen müssen eng zusammenarbeiten, um Familien schnellstmöglich wieder aus der Perspektivlosigkeit zu holen“, forderte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) am Donnerstag.
HAZ vom 27.08.2014, S. 15:
Armut ist größer als bisher gedacht
Von Bernd Haase
Setzt man das Einkommen der Bevölkerung ins Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten, ist die Armutsquote in Hannover und dem Umland höher als bisher angegeben. Das hat das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bei einer bundesweit angelegten Studie herausgefunden. Allerdings fällt der Anstieg in der niedersächsischen Landeshauptstadt nicht so heftig aus wie in anderen Großstädten.
Per Definition gelten in Deutschland Personen oder Haushalte als arm, wenn ihr Einkommen höchstens 60 Prozent des sogenannten Medians erreicht – das ist der Wert, der von jeweils der Hälfte der Bevölkerung über- beziehungsweise unterschritten wird. Er liegt derzeit bei 870 Euro für einen Single. Das IW hält diese Methode aber für nicht aussagekräftig genug, weil sie das regional höchst unterschiedliche Preisniveau nicht berücksichtigt. Es hat deshalb diese Werte miteinbezogen und dafür den Begriff Kaufkraftarmut gewählt.
In der gesamten Region – Einzelergebnisse für Stadt und Umland liefert das Institut nicht – sind 17,5 Prozent nach herkömmlicher Definition arm. Berücksichtigt man die Kaufkraft, steigt die Quote auf 18,3 Prozent. Gemessen am allgemeinen Trend dürften beide Werte in der Stadt Hannover höher liegen: Die Studie hat nach Einschätzung der Verfasser ergeben, dass es in Deutschland weniger das viel beschworene Ost-West-Armutsgefälle gibt, sondern eines zwischen Großstädten und dem ländlichen Raum. So liegen bei der Kaufkraftarmut zum Beispiel Städte wie Frankfurt/Main oder Düsseldorf im Vorderfeld – von beiden hatte man bisher ein anderes Bild. Von Hannover ist bekannt, dass es einen traurigen Spitzenplatz bei der Kinder- und Jugendarmut belegt. Knapp 23 Prozent aller 15- bis 17-Jährigen leben laut städtischem Familienmonitoring in Haushalten, die auf finanzielle Hilfen angewiesen sind; bei Jüngeren sind es 24 Prozent. Grund dafür ist der hohe Anteil Alleinerziehender – eine Gruppe, die neben Arbeitslosen, Alleinstehenden und Zuwanderern am stärksten armutsgefährdet ist. Im Kampf gegen die Kinderarmut hat die Stadt den sogenannten hannoverschen Weg eingeschlagen. Dazu zählen der Ausbau der Krippen, der HannoverAktivPass als Rabattaktion etwa für Theater- und Schwimmbadbesuche oder den Nahverkehr sowie Leselernhilfen und Hausaufgabenbetreuung.
Das IW Köln knüpft an seine Studienergebnisse eine politische Forderung, die gerade in jüngerer Vergangenheit öfter zu hören war: Mit dem Auslaufen des derzeitigen Solidarpaktes im Jahr 2019 dürfe nicht mehr die finanzielle Förderung für Ostdeutschland im Mittelpunkt stehen, sondern die der Großstädte im gesamten Bundesgebiet.
HAZ vom 27.08.2014, S. 13:
Unbekannter zündet Flüchtlingsheim an
Von Jörn Kießler
Unbekannte haben in der Nacht zu Dienstag im Rohbau eines Flüchtlingswohnheims in Bothfeld Feuer gelegt. Offenbar setzten der oder die Täter gegen 2 Uhr den Dachstuhl des Hauses im Eichenweg in Brand. Die Feuerwehr konnte die Flammen zwar schnell löschen, dennoch entstand ein Schaden von etwa 10.000 Euro. Um das Wohnheim, in dem 50 Flüchtlinge nach der Fertigstellung des Gebäudes untergebracht werden sollen, hatte es im Vorfeld hitzige Diskussionen gegeben. Unter anderem hatte eine Bürgerinitiative versucht, mit einer Klage den Bau der Unterkunft für Asylsuchende zu verhindern. Von einer politisch motivierten Tat geht die Polizei jedoch nicht aus.
Gegen 2 Uhr hatte ein Zeuge Stimmen und Geräusche aus dem Rohbau am Eichenweg gehört. Kurz darauf beobachtete er nach Informationen der Polizei, wie eine Person von der Baustelle flüchtete und in Richtung der Straße An den Deichwiesen lief. Ein plötzlicher Knall lenkte die Aufmerksamkeit des Zeugen wieder auf das Gebäude. Dort sah er kurz darauf Flammen aus dem Dach schlagen und alarmierte die Feuerwehr. Die Einsatzkräfte mussten zunächst mehrere Gasflaschen kühlen, die in der Nähe des Feuers lagerten. Bereits nach etwa 30 Minuten konnten sie das Feuer löschen und eine Explosion der Druckbehälter verhindern.
Quelle: Christian Elsner
Brandermittler der Polizei bestätigten gestern die erste Vermutung: Bei der Untersuchung des Brandortes fanden die Polizisten Hinweise darauf, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde.
„Das ist erschreckend“, sagte Ekkehard Kreutter von der Bürgerinitiative, die sich für eine „Willkommenskultur“ im Stadtteil einsetzt. Er glaubt jedoch nicht, dass die Brandstiftung in Zusammenhang mit den Protesten gegen das Flüchtlingswohnheim steht. „Die Gegner der Unterkunft haben damals einen Weg eingeschlagen, der jedem zusteht“, sagte Kreutter mit Blick auf die Klage, die einige der Anwohner eingereicht hatten. „Die Debatte hat sich aber meiner Meinung nach in den letzten Wochen und Monaten beruhigt“, sagt er.
Die Polizei bittet Zeugen, die in der Nacht zu Dienstag etwas Auffälliges in der Umgebung des Eichenweges beobachtet haben oder womöglich eine Aussage über den Täter machen können, sich unter der Telefonnummer (0511)1095555 zu melden. Der Zeuge beschreibt den Verdächtigen als etwa 1,85 Meter groß mit langen Haaren. Er trug eine Mütze und hatte ein Skateboard bei sich. In Verzug bringt der Brand den Bau nicht. „Die Fertigstellung im Eichenweg ist durch das Feuer nicht beeinflusst worden“, sagt Stadtsprecher Alexis Demos.
HAZ vom 13.08.2014, S. 2:
Etwa 4000 Rumänen und Bulgaren in Hannover
(lok). In Hannover leben derzeit 2488 Bulgaren und 1591 Rumänen. Nur ein Bruchteil von ihnen ist in Obdachlosenunterkünften untergebracht, berichtet Stadtsprecherin Konstanze Kalmus. Insgesamt sind in Hannover 863 Obdachlose untergebracht, 220 von ihnen kommen aus Bulgarien und Rumänien. Kalmus betont, dass zahlreiche Menschen, die aus den beiden Ländern nach Hannover gekommen sind, hier arbeiten oder studieren. Das Gros der mittellosen Zuwanderer hält sich nach Erkenntnis von Experten mit Schwarzarbeit über Wasser. Einige von ihnen haben schon eine jahrelange Wanderung durch Europa hinter sich, bevor sie in Hannover oder anderen Städten angekommen sind. Aufgrund der Wirtschaftskrise versuchen sie nun in Deutschland ihr Glück – häufig für Hungerlöhne von zwei, drei Euro etwa in Restaurants oder auf dem Bau. Andere musizieren auf der Straße oder gehen auf den Strich. Manche hätten auch sozialversicherungspflichtige Jobs, berichtete eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Beratungsstelle „Forum für Sinti und Roma“.
HAZ vom 02.08.2014, S. 16:
Sudanesen bleiben im Zeltlager
Diskussionsrunde bringt keine Ergebnisse
Von Mathias Klein
Für die rund 50 sudanesischen Flüchtlinge auf dem Weißekreuzplatz gibt es vorerst keine Lösung. Ein konkreter Termin für ein Ende des Zeltlagers der rund 50 Flüchtlinge sei offenbar nicht angedacht, sagte der Bürgermeister des Stadtbezirks Mitte, Michael Sandow, im Anschluss an eine Diskussionsveranstaltung. Im Pavillon hatten sich am Donnerstagabend neben Bezirksratspolitikern auch die Landtagsabgeordneten Doris Schröder-Köpf, Michael Höntsch (beide SPD) und Filiz Polat (Grüne) der Diskussion mit den Flüchtlingen und deren Unterstützern gestellt. Die undankbarste Aufgabe hatte an dem Abend ein Vertreter der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Braunschweig. Gegen ihn kochten die Emotionen der rund 200 Zuhörer der Diskussion zeitweise hoch.
Nach einer Debatte über das Asylrecht schlug Sandow eine Resolution vor, die unter anderem bessere Arbeitsmöglichkeiten fordert. „Es gibt auf dem Weißekreuzplatz viele hoch qualifizierte Menschen“, berichtet er. Darunter seien Ingenieure, Mediziner und sogar ein Atomphysiker. „Es wäre für die ganze Gesellschaft ein Gewinn, wenn diese Menschen arbeiten dürften“, sagte er. Die Resolution fordert auch eine Krankenversicherung für alle Flüchtlinge. Außerdem sollten abgewiesene Asylbewerber nicht mehr in Diktaturen abgeschoben werden dürfen.
Die Landeshauptstadt hat die Veranstaltung unter Beteiligung des Flüchtlingsrats und Amnesty International mit 500 Euro unterstützt.
HAZ (Stadt-Anzeiger Süd) vom 24.07.2014, S. 2:
„Willi“ ist umgezogen
MITTELFELD. (ja) Der Freiwilligenladen „Willi“ ist umgezogen: Die Einrichtung in Trägerschaft der Gemeinwesenarbeit Mittelfeld, die ehrenamtliche Arbeit vermittelt und Menschen zusammenbringt, die Hilfe brauchen oder Hilfe leisten wollen, ist ab sofort im Nachbarschaftstreff Mittelfeld, Am Mittelfelde 104, zu finden. Der Umzug hat es ermöglicht, dass „Willi“ seine Öffnungszeiten erweitern konnte. Der Laden ist nun montags von 15 bis 17 Uhr und mittwochs von 9 Uhr bis 12 Uhr geöffnet. Die Mitarbeiter des Freiwilligenladens sind unter der Telefonnummer 9691826 zu erreichen.
HAZ vom 21.07.2014, S. 12:
Nudeleintopf mit solidarischer Note
Passanten tafeln mit Obdachlosen und Oberbürgermeister in der City
Von Simon Benne
An diesem Tisch sind für einen Moment alle gleich. Das sind sie sonst nicht, denn unter den Menschen, die hier sitzen, sind Arme und Reiche, Prominente und Namenlose. Wenn sie aufstehen, werden sie wieder Obdachlose oder Oberbürgermeister sein. Und doch ist diese gut 200 Meter lange Tafel zwischen Kröpcke und Schiller-Denkmal ein Zeichen dafür, dass die Gräben zwischen ihnen gar nicht so tief sein müssen.
Mehrere Hundert Menschen haben am Sonnabend bei der Solidaritätstafel von Diakonie und Caritas in der City unter freiem Himmel gegessen. Tänzer und Trommler der Gruppe Sambaria warben auf der Georgstraße lautstark für die Aktion, Kleinkünstler garnierten den vegetarischen Nudeleintopf mit unterhaltsamen Showeinlagen, und Helfer von Maltesern und Johannitern waren als Kellner im Einsatz.
Quelle: Wallmüller
„Wir wollen ein Signal gegen soziale Ausgrenzung setzen“, sagt Diözesean-Caritasdirektor Hans-Jürgen Marcus. Bei der dritten Auflage der Aktion wollen die Organisatoren besonders auf die Armut unter Alleinerziehenden aufmerksam machen: In Niedersachsen leben 44,2 Prozent der Alleinerziehenden, meist Frauen, in Armut. Und ihre Zahl wächst. Der Erlös aus den Spenden für das kostenlose Essen – in den vergangenen Jahren kamen jeweils etwa 2000 Euro zusammen – ist für soziale Familienprojekte gedacht. Und ganz abgesehen davon hat das gemeinsame Essen eine lange kirchliche Tradition: „Es steht für Gemeinschaft und gegen Ausgrenzung“, sagt Marcus.
Tatsächlich hat sich ein echter Querschnitt der Stadtgesellschaft an der weiß gedeckten Tafel versammelt: Gutbürgerliche Paare unterbrechen ihre Einkaufstour, um hier Platz zu nehmen. Ein paar Meter weiter sitzen weniger gut Betuchte: „Ich lebe von Hartz IV, und ich genieße es, hier heute richtig schön zu essen“, sagt die 42-jährige Silvia.
Kirchenvertreter wie Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann und Propst Martin Tenge sind gekommen, Oberbürgermeister Stefan Schostock hat die Schirmherrschaft übernommen, und auch Sozialministerin Cornelia Rundt ist unter den Gästen. Die Benachteiligung von Alleinerziehenden sei politisch nicht hinnehmbar, sagt sie. Sie fordert eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – und sie findet lobende Worte für die Solidaritätstafel: „Wenn 1000 Menschen hier wie eine große Familie sitzen, ist das ein Zeichen von Solidarität“, sagt sie.
Der 52-jährige Bernd nickt kaum merklich, als er die Worte der Sozialministerin hört. Der Obdachlose sitzt am gedeckten Tisch, unterhält sich mit anderen Besuchern. Er hat sich dazugesetzt. Obwohl er gar keinen Hunger hat. „Zum Essen“, sagt er, „bin ich gar nicht hergekommen.“
HAZ vom 16.07.2014, S. 14:
Es geht aufwärts am Raschplatz
Weniger Gewalttaten, weniger betrunkene Minderjährige – Polizei und Sozialarbeiter zeigen sich zufrieden
Von Andreas Schinkel
Die wilden Zeiten auf dem Raschplatz scheinen vorbei zu sein. Hatte sich die Polizei vor ein paar Jahren noch ein Alkoholverbot für den Platz hinter dem Hauptbahnhof gewünscht, um die zahllosen Schlägereien von betrunkenen Partygängern in den Griff zu bekommen, geben die Beamten jetzt Entwarnung: „Die Sicherheitslage ist nicht problematisch, wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, resümierte der Leiter der Polizeiinspektion Mitte, Olaf Gösmann, am Montagabend im Bezirksrat Mitte. Das Gremium wollte sich über die Lage auf dem Raschplatz informieren und lud Sozialarbeiter und Polizei zum Gespräch. Tatsächlich waren sich alle einig, dass der Raschplatz nicht mehr zu den Brennpunkten in der City Hannovers zählt.
Quelle: Surrey
Der Grund liegt unter anderem darin, dass sich weniger Partyhungrige auf dem Platz versammeln und in die umliegenden Diskos strömen. „Die Jugendlichen sind nicht mehr auf einen Ort fixiert“, sagte der städtische Straßensozialarbeiter Frank Woike. Mit seinem Team ist er regelmäßig nachts hinterm Bahnhof unterwegs. Zwar sei der noch ein beliebter Treffpunkt, vor allem für die jungen Feiernden, die aus dem Umland anreisen. Doch die Party finde oft nicht mehr auf dem benachbarten Raschplatz statt.
„Die Jugendlichen folgen Anbietern, die ihre Veranstaltungen über die sozialen Netzwerke anpreisen“, sagt Woike. Solche Partys mit Tausenden von Besuchern gebe es an wechselnden Orten. „Die Zahl der Leute, die auf dem Raschplatz feiern, ist rückläufig“, sagt der Experte vom städtischen Jugendschutz. Daher nehme das sogenannte Vorglühen, also das Betrinken mit billigem Alkohol vor dem Gang in die Disko, deutlich ab.
Das heißt aber nicht, dass der Raschplatz eine Oase der Ruhe geworden wäre. Immerhin hat die Polizei bis Ende Mai 99 Gewaltdelikte registriert. „Jede Straftat ist eine zu viel, aber im Vorjahreszeitraum waren es 31 Taten mehr“, sagt Gösmann. Ein Teil der Delikte geht auf eine Trinkergruppe zurück, die sich auf den Freitreppen aufhält. Viele Einkaufsbummler sind von den Zechern irritiert, Geschäftsleute am Raschplatz verärgert. Eine Gefahr indes, betont Gösmann, gehe von den Trinkern nicht aus. „Alle Körperverletzungen haben sich innerhalb der Gruppe zugetragen“, sagt er. Zudem schauten die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes Protec jetzt häufiger am Raschplatz vorbei und ermahnten die Trinker, wenn es nötig sei.
„Das neue öffentliche WC am Platz wird angenommen, leider nicht von allen aus der Szene“, sagt Gösmann. Chris Gliesch, Leiter der Beratungsstelle Café Connection, erkennt in der Trinkergruppe alte Bekannte wieder. „Es sind zum Teil ehemalige Angehörige der harten Drogenszene, die jetzt zum Alkohol greifen“, sagt er. Für sie sei der Aufenthalt auf dem Platz, das Beobachten der Passanten eine Form der gesellschaftlichen Teilhabe.
„Woanders ist es ihnen zu langweilig, und Geld für eine Kneipe haben sie nicht“, sagt Gliesch.
HAZ vom 08.07.2014, S. 14:
Freiwillige gesucht für den Freiwilligentag
(med). Am Freitag, 25. Juli, ist wieder Freiwilligentag – Hannovers Freiwilligenzentrum sucht noch Teilnehmer aus örtlichen Unternehmen, die an diesem Tag in Gemeinschaft für soziale Einrichtungen Gutes tun.
Das Außengelände einer Kita herrichten, Räume streichen oder ein Hochbeet anlegen – das sind einige der Tätigkeiten, für die sich in diesem Jahr bereits 15 Firmen mit rund 150 aktiven Mitarbeitern angemeldet haben. Die Sparkasse und die Regionsverwaltung, Angestellte von VGH und Rathaus, aber auch Mitarbeiter nichtöffentlicher Unternehmen wie Volkswagen Nutzfahrzeuge oder Contech sind nach Angaben von Wala Dogge vom Freiwilligenzentrum dabei. Das Mitmachen sei „ein Gewinn für alle“, wirbt sie: Es fördere den Ausbau der eigenen sozialen Kompetenz und ermögliche zugleich das Kennenlernen anderer Arbeitskulturen.
Die Beteiligung am Freiwilligentag ist allerdings gebührenpflichtig, eine Anmeldung ist nur über den Arbeitgeber möglich. Auf der Internetseite www.fwzh.de/freiwilligentag.html gibt es einen Überblick über alle Angebote. Auskünfte erteilt Wala Dogge unter Telefon (0511) 300344-71.
HAZ vom 05.07.2014, S. 17:
Polizei verwechselt Wohnungstüren
Asylbewerber leidet "Todesangst" / Flüchtlingsrat kritisiert Beamte
Von Tobias Morchner
Bei dem Versuch, eine Wohnung in einem Flüchtlingsheim zu durchsuchen, hat sich die Polizei am Donnerstagabend in der Tür geirrt. Etwa zehn Minuten lang probierten die Kripobeamten im dritten Stock des Gebäudes an der Hildesheimer Straße, die Tür zu der Wohnung aufzubrechen, in der der 34-jährige Asylbewerber Hussein C. lebt. "Sie haben den Türspion zugehalten und sich nicht als Polizisten zu erkennen gegeben - ich hatte Todesangst", sagt der Libanese. Als die Beamten ihren Fehler bemerkten, wandten sie sich dem richtigen Appartment nebenan zu und durchsuchten dieses. "Der Vorfall tut uns leid", sagt Behördensprecher Holger Hilgenberg.
Besondere Tragik bekommt der Fall durch die Vorgeschichte von Hussein C. Der war aus seinem Heimatland nach Deutschland geflohen, weil ihm im Libanon die dringend benötigte medizinische Versorgung verwehrt worden war. Als dem Asylsuchenden die ärztliche Behandlung auch in Hannover verwehrt blieb, zog er in die Innenstadt ans Schillerdenkmal und trat in einen Hungerstreik. Erst als sich die Ausländerbehörde und Doris Schröder-Köpf, Landesbeauftragte für Migration, des Falls annahmen, nahm der Libanese wieder feste Nahrung zu sich. "Im Libanon respektiert die Polizei niemanden. Ich hatte es nicht für möglich ehalten, dass so etwas auch in Deutschland möglich ist", sagt C. Weil schon einmal Unbekannte versucht hatten, bei ihm einzudringen, hatte er seine Wohnungstür mit mehreren Schlössern gesichert. Diese hielten auch der Polizei eine Weile stand.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisierte die "fehlende Sensibilität" der Beamten. "Der Polizeieinsatz hat nicht nur bei dem Betroffenen zu einer enormen Verstörung geführt, sondern auch die anderen Bewohner im Haus stark verunsichert", sagt Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat. Zu der Verwechslung war es laut der Polizei gekommen, weil die Wohnungen nicht mit Namensschildern versehen sind. "Die Kollegen haben hinterher erneut an der ersten Wohnung geklopft, um den Vorfall aufzuklären, doch auch dann hat ihnen niemand geöffnet", sagt Polizeisprecher Hilgenberg. Er kündigte an, dass sich die Beamten in der kommenden Woche persönlich bei dem Betroffenen entschuldigen werden.
HAZ vom 02.07.2014, S. 16:
Benefizabend für Wohnungslose
Niedergerke-Stiftung unterstützt Straßenambulanz
Von Veronika Thomas
Der Name ist Programm: „Wir lassen niemanden im Regen stehen“ ist der musikalisch-artistische Abend im GOP-Varieté überschrieben, zu dem die Ricarda- und Udo Niedergerke Stiftung am 22. September um 20 Uhr einlädt. Der Erlös der Benefizveranstaltung ist für die medizinische Versorgung Wohnungsloser der Caritas-Straßenambulanz bestimmt. Unter der Regie von Erwin Schütterle, ehemaliger Geschäftsführer des Freundeskreises Hannover und der Moderation von Samuel Koch, Schauspieler am Staatstheater Darmstadt, erwartet die Gäste Clownerie und Seiltanz, Illusion und Wortwitz mit dem Zauberer und Entertainer Matthias Wesslowski sowie hochkarätige Musik unter andere mit den Hannover Harmonists.
Die mobile Straßenambulanz der Caritas bietet Wohnungslosen und von Armut Betroffenen seit 1999 eine ambulante medizinische Versorgung an. Jährlich werden dort rund 2.700 Patienten versorgt, die Zahl der Behandlungen lag 2013 bei 3.500. Ein Team von elf ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzten und 15 medizinischen Begleitern ist elfmal pro Woche an acht Standorten im Einsatz. Mehr als 60 Prozent der Patienten sind älter als 50 Jahre, neben Wohnungslosen kommen inzwischen vermehrt junge Frauen mit Kindern, Hartz-IV-Empfänger, Migranten aus Osteuropa und Menschen ohne Aufenthaltspapiere, um sich ärztlich versorgen zu lassen. Obgleich die medizinische Hilfe kostenlos ist, benötigt die Straßenambulanz jährlich rund 30.000 Euro für Rezepte, Medikamente, Verbandsmaterial oder Hilfsmittel, für deren Zuzahlung den Ärmsten der Armen das Geld fehlt.
Karten für den Benefizabend im GOP kosten 30 Euro, sie sind ab sofort unter der Ticket-Hotline (0511) 30186710 oder direkt im GOP erhältlich.
HAZ vom 28.06.2014, S. 16:
Detektiv zahlt Dieb die Beute
Kaufland-Aufpasser hat Mitleid mit Rollstuhlfahrer – Amtsgericht stellt Verfahren gegen schwerkranken Mann ein
Von Michael Zgoll
Das hat wahrlich Seltenheitswert: Ein Warenhausdetektiv ertappt einen Ladendieb, informiert auch die Marktleitung – und greift wenig später in sein eigenes Portemonnaie, um dem überführten Dieb die Beute an der Kasse zu bezahlen. Der Warenwert ist nicht hoch, er beträgt gerade einmal 4,27 Euro für eine Lasagne und zwei Liter Milch, doch unüblich ist die Unterstützung allemal. In dieser Woche trafen sich Dieb und Detektiv im Amtsgericht wieder. Und obwohl der 34-jährige Angeklagte schon 21 Vorstrafen auf dem Kerbholz hat, stellte Richter Koray Freudenberg das Verfahren wegen des Diebstahls geringwertiger Sahen ein.
Das kleine Drama um Lasagne und Milchtüten spielt sich Mitte Februar bei Kaufland am Raschplatz ab. Der Mann, der die Lebensmittel ohne Bezahlung mitgehen lassen will, sitzt im Rollstuhl. In mancherlei Hinsicht verkörpert der 34-Jährige das, was in der Literatur als „menschliches Wrack“ bezeichnet wird. Er ist seit mehr als 15 Jahren heroinabhängig und akut an AIDS erkrankt. Er lebt mit Hepatitis B und C, hat bereits mehrere Hirninfarkte erlitten und wird gelegentlich von Spasmen geschüttelt.
Doch ohne Eigentumsvergehen kommt er offensichtlich schon länger nicht mehr durchs Leben, erst im Januar dieses Jahres ist er vom hannoverschen Amtsgericht wegen Diebstahls in 15 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Ohne Bewährung. Doch weil das Urteil bei dem todkranken Mann als nicht vollstreckungsfähig angesehen wurde, ist er wieder auf Achse. Sollte er das Stehlen nicht lassen und sollte sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtern, wird er wohl bald im Haftkrankenhaus laden.
Im Amtsgerichtsverfahren dieser Woche ist Richter Freudenberg natürlich neugierig, was den Detektiv bewogen hat, dem Dieb Lasagne und Milch zu „spendieren“. Der Kaufland-Aufpasser, 70 Jahre alt und mit viel Berufserfahrung gesegnet, spricht von Mitleid. „Ich habe das gemacht, weil der Mann im Rollstuhl so geweint hat“, erzählt er. Natürlich habe er den Diebstahl melden müssen, sonst hätte er ja seinen Arbeitsplatz gefährdet. Aber einem anderen, schwerkranken Menschen als Privatmann etwas schenken – das stehe auf einem anderen Blatt.
HAZ vom 28.06.2014, S. 8:
Ein ganz normaler Superheld
„Flat Man“ verteilt nachts in Christchurch Essenspakete an Bedürftige
Von Cheryl Norrie
CHRISTCHURCH. Was er tagsüber macht, wo er arbeitet, wie er heißt – dazu sagt er nichts. Sicher ist nur: Nach Mitternacht zieht er in einem schwarz-roten Superheldanzug mit Umhang durch die Straßen von Christchurch in Neuseeland und verteilt Lebensmittelpakte an den Haustüren von Bedürftigen. Der Name des Unbekannten – „Flat Man“ – ist ein Wortspiel aus seiner ersten Mission, angelehnt an Marvels Comic-Helden Val Ventura alias „Flatman“.
Der frühere Student der Wirtschaftswissenschaften lieferte Essen in Studenten-WGs und –Appartments aus. Die nächtlichen Streifzüge zu den Wohnungen (auf Englisch: Flat) startete er nach dem verheerenden Erdbeben vom 22. Februar 2011. 185 Menschen verloren damals in der zweitgrößten neuseeländischen Stadt ihr Leben. Es sollte eine einmalige Aktion werden, um einige Freunde aufzumuntern: junge Studenten, die nach dem Erdbeben den Verlust des Nachtlebens in Christchurch beklagten.
„Ich habe niemals erwartet, dass sich daraus ein Superhelden-Einsatz entwickeln würde“, sagt der Neuseeländer, der heute in seinen Zwanzigern sein dürfte, in einem Telefoninterview. „Ich wollte nur ein bisschen Freude zurückbringen.“ Im ersten Jahr lieferte „Flat Man“ alle paar Wochen zwei oder drei Essenspakete an Studenten aus, immer zwischen Mitternacht und 3 Uhr morgens. Jetzt ist sein Wirkungskreis größer: Er bringt seine Päckchen nun auch Familien oder Alleinerziehenden, die ihn über Facebook kontaktieren. Auch Schulen besucht „Flat Man“, der inzwischen zu einer lokalen Berühmtheit geworden ist.
Den Kindern erzählt er, dass jeder ein Superheld sein könne: Man müsse nur nett und großzügig sein und auf andere achten. „Viele Kinder denken, Superhelden hätten besondere Kräfte.“ Es sei schön, ihnen beizubringen, dass auch einfache Dinge des Lebens einen Menschen ändern können. Schüchtern und bescheiden ist der selbst ernannte Superheld nicht. Wer seine Facebook-Seite betrachtet, merkt das. Er selbst sagt: „Du musst schon etwas speziell sein, wenn Du im Elastananzug rumlaufen willst.“
„Flat Mans“ Facebook-Auftritt strotzt vor „Likes“ und Danksagungen. Zu sehen sind Fotos des Kostümierten mit kranken Kindern, umringt von Schülern, handgeschriebene Briefe, aber auch ein Fitnessvideo, das „Flat Man“ in bester „Rocky“-Manier beim Training zeigt.
Mit drei Jahren sprang er vom Dach seines Elternhauses, im Glauben, Superman zu sein. Dabei brach er sich das Schlüsselbein. „Ich habe daraus meine Lektion gelernt, dass ich nicht fliegen kann“, sagt „Flat Man“. Also habe ich mir andere Kräfte angeeignet. „Flat Man“ ist ein Charakter, und wenn du das Kostüm anziehst, bist du im Superhelden-Modus“, sagt der Mann hinter der Maske.
Alles sei eine große Performance. Sein „Flatmobil“, ein roter kantiger Toyota, wird gesponsert. Das Canterbury Museum in Christchurch zeigt sein erstes Kostüm als Teil einer Dauerausstellung. Wer hinter der Verkleidung steckt, soll geheim bleiben. Daher redet der Unbekannte nicht über seinen echten Beruf. Nur so viel: Tagsüber zu arbeiten und nachts den Superhelden zu spielen sei hart. „Flat Man“ wäre daher lieber Wohltäter in Vollzeit. „Ich warte auf den Tag, an dem ein anonymer Spender die ganze Superhelden-Sache finanziert“, sagt er. Das sei zwar noch nicht passiert. „Aber eines Tages.“
HAZ vom 26.06.2014, S. 16:
Verbände beklagen „Wohnungsarmut“
Bündnis fordert von der Stadt, mehr Sozialwohnungen mit Belegrechten zu schaffen
Von Bernd Haase
Die Stadt Hannover unternimmt zu wenig Anstrengungen, um ausreichend bezahlbaren Wohnraum für Einkommensschwache und Hilfsempfänger zur Verfügung zu stellen. Zu dieser Auffassung kommt ein Bündnis, zu dem sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Diakonie, das Pester-Institut für Systemforschung, der Verein Transition Town und andere Teilnehmer zusammengeschlossen haben und das gestern eine Fachtagung im Bödekersaal der Marktkirche ausrichtete. „Wir brauchen in Hannover mehr Sozialwohnungen, für die die Stadt Belegrechte hat und die sie Bedürftigen zuweisen kann“, sagt Joachim Peiler von Transition Town. Außerdem müsse nach Vorbild der Hansestadt Bremen ein „Bündnis für Wohnen“ ins Leben gerufen werden.
Die Organisatoren haben für die Tagung eigens ein Wort kreiert, das so nicht im Duden steht: es lautet „Wohnungsarmut“. „Wir treten für ein Klientel ein, das sich auf dem freien Wohnungsmarkt nicht bewegen kann“, sagt Reiner Eifler, Regionsgeschäftsführer des DGB. Betroffen seien rund 100000 Einkommensschwache, darunter Familien, Alleinerziehende, Senioren, Flüchtlinge und Studenten.
In ihrem „Wohnungsbaukonzept 2025“ habe die Stadt aus zutreffenden Analysen die falschen Schlüsse gezogen, meint Peiler. So würden pro Jahr nur 100 Wohnungen mit Belegrechten geschaffen. „Um allein den akuten Bedarf zu decken, müssten es aber 400 sein“, sagt er. Der Neubau von Sozialwohnungen reiche nicht aus, die Stadt müsse Belegrechte auch für freiwerdende Wohnungen erwerben.
Als vorbildlich bezeichneten die Tagungsorganisatoren das Bremer „Bündnis für Wohnen“, das vom Senat vor gut einem Jahr ins Leben gerufen wurde und dem Politik, Verwaltung, Wohnungswirtschaft und Sozialverbände angehören. Es hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 in Bremen und Bremerhaven insgesamt 14000 neue Sozialwohnungen zu schaffen. Aufgelegt wurde unter anderem ein Förderprogramm, über das 40 Millionen Euro an Darlehen verteilt werden können. Bauherren, die sich bedienen wollen, müssen 25 Prozent der von ihnen geschaffenen Wohnungen als Sozialwohnungen ausweisen.
Das hannoversche Bündnis will eine Diskussion und einen qualitativen Informationsaustausch anstoßen. Gewerkschafter Eifler zog eine Vergleich: „Wenn es ein verankertes Recht auf bezahlbaren Wohnraum ähnlich dem auf einen Krippenplatz für Kinder gäbe, wären wir bei dem Thema weiter.“
HAZ vom 24.06.2014, S. 17:
AOK spendet Kontaktladen „Mecki“ 5000 Euro
(vt) Die AOK Niedersachsen unterstützt die Arbeit des Kontaktladens „Mecki“ mit 5000 Euro. „Wir müssen die medizinische Grundversorgung für die Schwächsten der Schwachen sicherstellen, da hilft uns diese Spende sehr“, sagte Pastor Rainer Müller-Brandes, Leiter des Diakonischen Werks. Der Kontaktladen in der Passerelle ist seit Jahren eine Anlaufstelle mit medizinischer Versorgung für Wohnungslose, deren Arbeit zum größten Teil durch Spenden finanziert wird. Rund 90 Besucher verzeichnet der Kontaktladen täglich, etwa 20 Prozent von ihnen nehmen die Hilfe der Krankenschwester und des einmal wöchentlich anwesenden Arztes in Anspruch. Im vergangenen Jahr wurde dort in 2988 Fällen medizinische Hilfe geleistet.
HAZ vom 23.06.2014, S. 11:
Pfand und Würde
Der Bezirksrat Linden will Pfandkisten für Flaschensammler aufstellen – die CDU fordert ein Modell für ganz Hannover
Von Gunnar Menkens
Wenn die Dinge so laufen, wie es sich Rainer-Jörg Grube wünscht, dann geht von Linden bald eine Debatte los, die ganz Hannover beschäftigt. Grube ist Bezirksbürgermeister im Stadtteil, dort Mitglied der Grünen, und als solches stimmte er jetzt einem sehr umstrittenen Antrag zu. Die Stadt Hannover soll einen Weg finden, Pfandsammelkisten am Straßenrand auf Dauer zu genehmigen. Oder, wie es im Antrag heißt: „die öffentlichen Sammelkisten für Mehrwegflaschen, die in Linden aufgehängt wurden, zu legalisieren.“ Kisten, die dann aber werbefrei sein sollen, ohne Schriftzug von Getränkeherstellern. Im Bezirksrat fand diese Haltung eine große Mehrheit mit Grünen, CDU und Linken. Die Gegner sind mächtig: die SPD und das Zentralrathaus.
Die Idee ist: Passanten stellen Pfandflaschen in Kisten, Sammler nehmen sie einfach heraus. Es geht darum, Menschen, die mit Centbeträgen ihr karges Einkommen aufbessern müssen, die Arbeit zu erleichtern. Sie müssen nicht im Müll nach Leergut fischen, gleichzeitig sorgen sie dafür, dass Flaschen von Straßen und Plätzen verschwinden. Bürgermeister Grube sagt: „Man muss Bedürftigen jede Hilfe geben, die man leisten kann. Was soll man da diskutieren?“
Dass die Debatte in Linden begann, liegt an der speziellen Situation im Stadtteil. Hier leben etliche Männer und Frauen vom zusätzlichen Pfandgeld, acht bis 25 Cent pro Flasche. Beim sogenannten „Limmern“ – dem Partytreiben auf der Limmerstraße bis in den späten Abend – fallen an vielen Abenden etliche Hunderte Flaschen an, viele Bürger stellen die leeren Behältnisse bewusst neben Abfallbehälter am Straßenrand und Fußgängerzone. Grube berichtet zudem von Supermärkten, die Lebensmittelreste nicht mehr wie früher Bedürftigen überlassen, was deren prekäre Lage noch verschärfe.
Schon Ende April hatten hannoversche Helfer des Limonadenherstellers Lemonaid in Linden 20 Kisten an zentralen Stellen montiert, versehen mit dem Schriftzug des Unternehmens, etwa in der Limmerstraße und am Lindener Markt. Das Unternehmen unterstützte damit die 2011 in Hamburg gegründete private Aktion „Pfand gehört daneben“. Drei Wochen später mussten die hannoverschen Helfer alle Behälter abbauen: Die Aktion war nicht genehmigt, Lemonaid hatte bei der Stadt Hannover nicht um Erlaubnis gebeten. Das Tiefbauamt hätte sie ohnehin nicht erteilt. Bedenken bestehen überwiegend aus Sicherheitsgründen. Argumente, die auch bei der neuen Prüfung eine Rolle spielen, wie eine Stellungnahme zeigt.
Der Sozialdemokrat Jürgen Mineur verspottete jetzt im Bezirksrat den Antrag der politischen Konkurrenten. „Die neue Waffe der Grünen gegen die Armut – die Sammelkiste für Mehrwegflaschen“, trug Mineur vor. Es mache Müllsammeln nicht würdevoller, wenn man diesen „gönnerhaft überlassenen Wohlstandsmüll“ aus einer Kiste hole. Mineur, auch Mitglied im Rat, will Armut von Grund auf bekämpfen, er nannte angemessene Renten und Mindestlöhne. Dagegen hat auch Grube nichts. Mineurs Beitrag hielt er aber für eine „Schaufensterrede wie im Wahlkampf“.
Andere Städte erproben inzwischen Erleichterungen für Pfandsammler, etwa Bamberg, Köln oder Hameln, vor allem aber mit den neuartigen Pfandringen statt den Lemonaid-Pfandkisten. Hamburg ist den gegenteiligen Weg gegangen: Dort hat man jüngst Müllcontainer eingeführt, in denen Müll hinter einer Klappe verschwindet. Flaschensammeln wird unmöglich, das Pfand bleibt ungreifbar. Der Rat in Hannover hatte Pfandringe vor zwei Jahren bereits abgelehnt, nur die Linken stimmten für ihren eigenen Antrag.
Die Debatte über Pfandkisten hat mittlerweile auch den übergeordneten Rat erreicht. Die CDU hat die Stadt um Prüfung gebeten, unter welchen Bedingungen Pfandkisten wie in Linden denkbar wären, und um Berichte aus anderen Kommunen gebeten. „Was hat es mit der Würde des Menschen zu tun, in Papierkörben wühlen zu müssen?“, fragt Fraktionschef Frank Seidel. Die Pfandkisten in Linden hätten gezeigt, dass die Lete sie nutzen würden und es sauberer geworden sei. Ratsherr Michael Dette von den Grünen hat sich, wie seine Fraktion, noch keine abschließende Meinung gebildet, die Parteifreunde in Linden sind da weiter. So viel weiß Dette: „Pfandkisten dürfen kein Ersatz für Sozialpolitik sein. Und auf keinen Fall eine Marketingmaßnahme für Getränkemarken.“ Unklar ist, ob Jürgen Mineurs entschiedene Ablehnung für die Position der SPD-Ratsfraktion steht.
In Linden sieht man gelegentlich eine neue Form der Flaschenspende. Sie stehen in Pappkartons von Einkaufsmärkten, die irgendjemand neben Abfallbehälter gestellt hat. Ohne Genehmigung, einfach so. Ob dieses improvisierte Modell geplant ist oder nur ein Zufall war? Organisiert ist dagegen eine weitere Methode, Pfand nicht im Müll zu verschwenden. Auf der Internetseite pfandgeben.de finden Bürger Handynummern von Sammlern, die Flaschen zu Hause abholen.
Warum Hannover keine Pfandkisten will: In einer Stellungnahme fasste die Stadtverwaltung jetzt zusammen, warum sie die Montage von Pfandkisten im Straßenraum ablehnt: „Die Idee, die hinter den aufgehängten Pfandkästen steckt, nämlich das Wühlen in Mülleimern zu verhindern, ist grundsätzlich lobenswert. Deshalb scheint die Aktion auf den ersten Blick sinnvoll zu sein. Bei genauem Hinsehen stellt sich die Situation allerdings als problematisch dar. Es gibt mehrere Gründe, weshalb ein solches offenes Sammelsystem von Pfandflaschen im öffentlichen Verkehrsraum nicht möglich ist, insbesondere:
- Gefährdung durch in den Verkehrsraum hineinragende Gegenstände;
- Nicht zu unterschätzende Verletzungs- und Unfallgefahren durch Glasflaschen, die herunterfallen und zersplittern, beziehungsweise Glasflaschen, die möglicherweise zerbrochen in den Haltesystemen stecken;
- Einladung zu Vandalismus – Flaschen werden heruntergetreten, abgeschlagen und durch die Gegend geworfen;
- Verunreinigungen um diese Sammelsysteme (Abfallbehälter) herum können zunehmen (auch Fehlbefüllungen durch Abfall).
Was andere Städte machen: Auch in anderen Städten sind die von Lemonaid initiierten Pfandkisten teilweise heftig umstritten. Allerdings setzen sich als Alternative jetzt sogenannte Pfandringe durch, die von einem Kölner Designer entwickelt wurden.
- Bamberg: Die bayerische Kommune hat als erste deutsche Stadt an öffentlichen Abfalleimern Pfandringe montiert. Die Grün-Alternative Liste hatte das Projekt angeregt, es ist dort auf zunächst ein Jahr befristet. An zwei viel genutzten Plätzen im Bamberger Stadtgebiet werden die Ringe ausprobiert. Zuvor hatte es dort Versuche mit Pfandkisten von Lemonaid gegeben, die sich aber als zu wackelig erwiesen.
- Hameln: An ausgewählten Stellen der Innenstadt sollen städtische Mülleimer für eine einjährige Testphase mit Pfandringen ausgestattet werden. Insbesondere soll das an Parkhäusern und am Weserufer geschehen. Das Pilotprojekt geht auf einen Vorschlag der Fraktion Piraten/Linke zurück, die Ratsgremien haben das im Frühjahr beschlossen.
- Köln: Dort sind bereits zehn Pfandringe montiert
- Bremen: In Bremen ringt man noch mit sich, Pfandringe und Pfandkisten sind gleichermaßen nicht willkommen.
HAZ vom 18.06.2014, S. 1:
Bettelverbot im Wohlfahrtsstaat
Das reiche Norwegen will arme Menschen aus dem Straßenbild verbannen
Von André Anwar
In Norwegen gab es bis vor einigen Jahren kaum Bettler im sauber polierten Straßenbild. Kaum ein anderes Land hat ein so enges Wohlfahrtsnetz wie das öl- und gasreiche Königreich – daher hat sich eine Bettlerkultur nie richtig entwickeln können und müssen. Umso mehr stört es viele Skandinavier, dass sich das Straßenbild in den vergangenen Jahren radikal verändert hat. Vor allem aus Rumänien und anderen osteuropäischen Ländern kommen zahlreiche Menschen, um norwegische Kronen zu erbetteln.
Im kommenden Jahr will die norwegische Regierung aus Konservativen und der rechtspopulistischen Fortschrittspartei deshalb ein landesweites Bettelverbot einführen. Darauf hat sich die Minderheitskoalition der bürgerlichen Ministerpräsidentin Erna Solberg nach langen Verhandlungen nun mit dem rechtsliberalen Zentrum geeinigt.
Voraussichtlich bereits am 1. Juli sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, das Betteln auf lokaler Ebene zu verbieten. Ausgenommen sind zunächst Straßenmusikanten, Verkäufer und Spendensammler für wohltätige Organisationen. Ab 2015 soll das Bettelverbot dann landesweit gelten.
Die Rechtsregierung in Oslo weiß das Volk mehrheitlich hinter sich. Rund die Hälfte aller Norweger ist für ein landesweites Bettelverbot. Heftige Kritik am Vorhaben der Regierung kommt aber vom linken und aus dem bürgerlichen Lager. „Damit werden die Straßen geräumt, statt Mitgefühl für Menschen in Not zu zeigen“, kritisierte Kjell Ropstad, justizpolitischer Sprecher der Christlichen Volkspartei.
Auch die Polizei sieht das Bettelverbot kritisch. Sie befürchtet, keine Sanktionsmittel in der Hand zu haben, um es durchzusetzen. Für Roger Andresen, Vizepolizeichef in Oslo, wäre eine Ausweisung der Bettler die wirksamste Methode, um das Verbot auch wirklich umzusetzen. Geldbußen oder Platzverweise reichten nicht aus. „Bußgelder für Personen ohne festen Wohnsitz sind schwierig einzutreiben“, sagte er.
HAZ vom 12.06.2014, S. 17:
"Asphalt" lädt zum Protestsong-Contest
(vt) Hannovers Straßenmagazin "Asphalt" sucht anlässlich seines 20-jährigen Bestehens politisch engagierte Musikerinnen und Musiker. Sie sind aufgerufen, unter dem Motto "Unbequem" Beiträge für einen Protestsong-Contest einzureichen - in deutscher Sprache. Die Themen sollten politisch, sozial, lokal oder international sein. Eine erfahrene Jury wird die besten Gigs auswählen, die dann zur großen Geburtstagsfeier am 25. September im Kulturzentrum Pavillon eingeladen werden. Dort entscheidet das Publikum, wer den Contest gewinnt und das Preisgeld in Höhe von 500 Euro erhält. Einsendeschluss ist der 28. August. Einzelheiten finden sich auch im Internet unter der Adresse www.asphalt-magazin.de
HAZ vom 11.06.2014, S. 6:
"Deutschland schaut zu oft weg"
153 Kinder sterben 2013 an den Folgen von Gewalt
Von Arnold Petersen
BERLIN. Die erfassten Fälle sind leicht rückläufig, aber das Dunkelfeld ist sehr groß: Im vergangenen Jahr ist es zu etwas weniger Gewalt und Missbrauch an Kindern gekommen. Dennoch zieht der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, ein trauriges Resümee aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2013 zu kindlichen Gewaltopfern. "Jede Woche gibt es drei getötete Kinder in Deutschland. Jeden Tag werden 37 Kinder missbraucht." Die Tendenz ist allerdings rückläufig: Die Zahl der getöteten Kinder sank im Vergleich zu 2004 sogar um 34 Prozent.
Zusammen mit Kinderschützern rief der BKA-Chef dennoch die Öffentlichkeit auf, nicht wegzuschauen, sondern Anzeige zu erstatten. Die größe Gefahr für Kinder, Opfer von Gewalt und Missbrauch zu werden, droht in der eigenen Familie oder deren Umfeld. Beim sexuellen Missbrauch stammt mehr als die Hälfte der Täter aus dem vertrauten Umfeld der Kinder, bei Tötungsdelikten liegt der Anteil noch höher. Von den 153 Kindern unter 14 Jahren, die 2013 getötet wurden, starben 87, weil ihre Eltern oder Angehörigen nicht ihrer Fürsorgepflicht nachkamen. Bei den 14 Mordfällen kamen alle Täter aus dem familiären Umfeld. Die unter Sechsjährigen sind generell die größte Risikogruppe. "Der neue Lebensgefährte der Mutter ist für ein Kind die größte Gefahr", sagte Michael Tsokos, Leiter der Rechtsmedizin an der Berliner Charité.
NP vom 30.05.2014, S. 14:
Flüchtlingscamp: Die Polizei baut Zelte ab
Von Eva-Maria Weiss
Sie protestieren für mehr Rechte - seit Sonnabend haben auf dem Weißekreuzplatz (Oststadt) Flüchtlinge ihre Zelte aufgeschlagen. Zwölf davon wurden vorgestern von der Polizei entfernt.
"Es ist keine Räumung", betonte Polizeisprecher Thorsten Schiewe. Nur die Schlafzelte wurden abgebaut. Sechs Pavillons können stehen bleiben. Die rund 50 Demonstranten, vorwiegend aus dem Sudan, haben eine Versammlung angemeldet.
Die erlaubt derartige Zelte nicht. Ein Antrag zur Sondernutzung des Platzes bei der Stadt wurde abgelehnt. Da der Aufforderung nach Abbau nicht nachgekommen wurde, kam die Polizei.
Quelle: Körner
Bei dem Einsatz bleib es friedlich. Die Flüchtlinge und rund 60 Sympathisanten waren zwar augenscheinlich nicht begeistert von der Aktion, sie wehrten sich aber nicht. Zu Trommelrhythmen riefen sie "Keine Polizei!". Dabei hielten viele Stofffetzen mit aufgedruckten Protestschriftzügen und dem Umriss des Landes Niedersachsen in die Höhe. Geschlafen wurde die folgende Nacht im nahe gelegenen Pavillon und unter den stehengebliebenen Zeltdächern. Zu einem Abbruch des Protests hat die Aktion also nicht geführt.
Unterstützung erhalten die Asylbewerber von Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes. Er sieht die Forderung nach einer schnelleren Bearbeitung der Anträge als berechtigt an. Auch die FDP-Landtagsabgeordnete Sylvia Bruns äußerte sich zum Arbeitsverbot für die Flüchtlinge: "Die Menschen brauchen die Chance auf eine Existenz."
HAZ vom 28.05.2014, S. 16:
Kein Ende des Protestcamps in Sicht
Flüchtlinge wollen auf Weißekreuzplatz ausharren / Kaufleute tolerieren Zeltlager – „aber nicht auf ewig“
Von Andreas Schinkel
Die Demonstranten auf dem Weißekreuzplatz haben sich offenbar auf einen längeren Aufenthalt eingestellt. „Wir bleiben hier, bis unsere Forderungen erfüllt sind“, sagte Saeed Maissara, einer der Wortführer der Gruppe, gestern bei einer Pressekonferenz. Das dürfte dauern, denn die Forderungen reichen weit über den Einflussbereich hannoverscher Kommunalpolitik hinaus. Die „diskriminierende“ Asylgesetzgebung müsse abgeschafft werden, heißt es, die Willkür auf den Amtsstuben ein Ende haben. „Wir bleiben so lange auf dem Platz, bis wir unsere Freiheit und Würde wiedererlangen“, sagt Maissara.
Rund 50 Flüchtlinge aus dem Sudan kampieren seit Sonnabend auf dem Platz an der Einmündung zur Lister Meile. Nächste Woche sollen noch mehr hinzustoßen, kündigen sie an. Heute ab 16 Uhr wollen die Sudanesen mit einem Demonstrationszug durch die Innenstadt auf ihre Lage aufmerksam machen.
Quelle: Dillenberg
Die Demonstranten versuchen, ihre Kritik an der Asylpraxis mit Beispielen zu belegen. „Wenn ich meine Familie in Stuttgart sehen will, brauche ich eine Genehmigung von der Ausländerbehörde. Ob ich sie bekomme, hängt von der Laune des Sachbearbeiters ab“, erzählt Khalid Karim. Er trägt seine Rede auf Arabisch vor, sein Kompagnon übersetzt ins Englische. Auf Nachfrage der HAZ erklärt Karim später in verständlichem Deutsch, dass er nicht der Ausländerbehörde in Hannover Willkür vorwerfe, sondern „den Ämtern im Allgemeinen“. Im Übrigen fühlt sich der ausgebildete Ingenieur „gut integriert“.
Abgesehen von solchen Widersprüchen ist unschwer erkennbar, dass einige der Flüchtlinge in ihrem Heimatland Sudan viel Leid erfahren haben. Während der Pressekonferenz im Versammlungszelt erhebt sich einer der Demonstranten. „Der Sudan ist ein reiches Land, aber die korrupte Regierung verhindert, dass das Volk daran Anteil hat“, sagt er. Jeder habe Angst um seine Familie, Menschenrechtsverletzungen seien an der Tagesordnung. Tatsächlich ist der Sudan auch nach der Abspaltung des Südens von Kriegen zerrissen.
Die Kaufleute auf der Lister Meile tolerieren bisher den friedlichen Protest. „Aber wir wollen das Zeltlager nicht ewig vor der Tür haben“, betont Dirk Eberitzsch, Sprecher der Kaufleutevereinigung Aktion Lister Meile. Beim Spielzeugladen „Fridolins“ gleich neben dem Platz hat man ebenfalls nichts gegen das Protestcamp einzuwenden. „Hier machen die Trinker sonst viel mehr Lärm“, sagt Geschäftsführer Rudolf Schwenger. Auch verhinderten die Zelte, dass Hundebesitzer mit ihren Tieren auf der Grünfläche Gassi gehen.
HAZ vom 21.05.2014, S. 18:
Stadt verbietet Pfandkisten an der Straße
Initiative beendet Aktion für Flaschensammler
Von Christian Link
Rückschlag für die Initiative „Pfand gehört daneben“: Die Stadt Hannover hat das Anbringen sogenannter Pfandkisten im öffentlichen Straßenraum untersagt und eine kostenpflichtige Zwangsentfernung angedroht. Daraufhin haben die Aktivisten alle 20 Getränkekisten wieder abgehängt, die sie in Linden angebracht hatten. „Die Aktion wurde weder angemeldet noch genehmigt und wäre auch nicht genehmigungsfähig“, sagt Stadtsprecher Dennis Dix.
Ideengeber war der Hamburger Limonadehersteller Lemonaid. Hannoversche Unterstützergruppen hatten die Kisten an Schildern und Masten aufgehängt, damit Bedürftige Pfandflaschen einsammeln können, ohne Mülleimer durchwühlen zu müssen. „Wie die Behörden damit umgehen, ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich“, sagt Theo Haustein von Lemonaid. In Hamburg und Bremen sei das Projekt gut angekommen, in Oldenburg und Hannover nicht.
Lemonaid will nun für eine Legalisierung der Kisten in Hannover kämpfen. Unterstützung gibt es aus dem Rat. „Wir haben das Projekt sehr begrüßt und verstehen das Verbot der Stadt überhaupt nicht“, sagt CDU-Fraktionschef Jens Seidel. Schon 2012 diskutierte der Rat über die Einführung von Pfandkisten. Damals wurde das Projekt mit rot-grüner Mehrheit abgelehnt. „Jetzt werden wir uns mit dem Thema noch mal beschäftigen“, kündigt Seidel an.
HAZ vom 13.05.2014, S. 15:
Brockmann fordert Ehrenamtskarte
(mak). Axel Brockmann, Kandidat der CDU für das Amt des Regionspräsdenten, fordert die Einführung einer sogenannten Ehrenamtskarte in der Region Hannover. "Die Region muss die Ehrenamtlichen besser unterstützen", so Axel Brockmann. Ein erster Schritt könne die Einführung eines solchen Ausweises sein. Zahlreiche Kommunen in der Region machen bereits bei der niedersachsenweit angelegtem Ehrenamtskarte mit, zum Beispiel die Landeshauptstadt. Brockmann schlägt für die Besitzer der Karte verbilligte Eintrittskarten für den Zoo, Monats- und Jahreskarten für den Nahverkehr und ein kostenloses Girokonto bei der Sparkasse vor.
Dazu in HAZ vom 14.05.2014, S. 17:
Brockmann fordert Karte, die es gibt
(mak). CDU-Regionspräsidentenkandidat Axel Brockmann hat die Einführung einer Ehrenamtskarte in der Region gefordert, obwohl es diese Karte schon längst gibt. Die Karte wurde bereits im Jahr 2010 in der Region Hannover eingeführt, teilte Regionssprecherin Christina Kreutz gestern mit. Seitdem wurden insgesamt 997 Karten für Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Region Hannover - ohne Landeshauptstadt Hannover - ausgegeben. Zum Start der Aktion hatten die damalige Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) und Regionspräsident Hauke Jaguau (SPD) gemeinsam die ersten Ehrenamtskarten überreicht. Brockmann gab gestern zu, einen Fehler gemacht zu haben. Er kritisierte aber dennoch die Region, weil aus seiner Sicht mehr Anreize für Ehrenamtliche geschaffen werden müssten, wie zum Beispiel Ermäßigungen beim Zoobesuch oder ein gebührenfreies Girokonto bei der Sparkasse.
HAZ vom 12.05.2014, S. 10:
Ein Viertel aller Kinder ist arm
Statistik für Hannover vorgelegt / 12.215 Familien brauchen Transferleistungen
Von Veronika Thomas
In Hannover lebt mehr als jedes vierte Kind (25,8 Prozent) und jede vierte Familie (25,2 Prozent) in Armut. Bei den 6.400 Alleinerziehenden liegt die Quote sogar bei 48,4 Prozent. Das heißt in absoluten Zahlen, dass Ende 2012 insgesamt 20.152 aller in Hannover lebenden Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre in 12.215 Familien auf Transferleistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen waren. Diese Zahlen der städtischen Koordinierungsstelle Sozialplanung hat die Verwaltung jetzt im Internationalen Ausschuss vorgelegt. Seit 2006 führt die Stadt die Statistik über die Armut von Kindern und ihren Familien.
Von 2007 bis 2010 war die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Armut schrittweise von 22.083 auf 18.962 gesunken und erreichte mit 24,5 Prozent ihren vorläufigen Tiefpunkt. Seitdem steigt sie wieder an. Ende 2011 lag sie mit 19.415 Kindern bei 25 Prozent; Ende 2012 bezogen gegenüber dem Vorjahr zusätzlich 737 Kinder und Jugendliche Transferleistungen, was einem Anstieg von 0,8 Prozentpunkten entspricht. Die Zahl der Familien hingegen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, sank leicht von 25,3 auf 25,2 Prozent Ende 2012. Dagegen bezogen aber 6.400 Alleinerziehende Transferleistungen, das war fast die Hälfte (48,4 Prozent) aller Alleinerziehenden in Hannover.
Aber nicht alle Familien, die Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe zur Existenzsicherung erhalten, sind arbeitslos. Ein Drittel aller Erwerbstätigen zählen zur Gruppe der sogenannten Working Poor. Als Geringverdiener oder Teilzeitbeschäftigte beziehen sie ergänzende Leistungen zu ihrem Einkommen, das sonst nicht zum Leben reichen würde. Besonders hoch hierbei ist mit fast 36 Prozent der Anteil unter den Paaren mit Kindern. Von den Alleinerziehenden gingen rund 29 Prozent einer Arbeit nach, die nicht zur Existensicherung reichte.
Bezogen auf die Stadtteile lag der Anteil der Kinder, die in Armut leben, mit mehr als 40 Prozent in Linden-Süd, Mühlenberg, Bornum, Hainholz, Sahlkamp und Vahrenheide besonders hoch. In Isernhagen-Süd, Kirchrode, Waldhausen, Waldheim, Seelhorst, Lahe und im Zooviertel betrug die Armutsquote weniger als drei Prozent.
Mit dem sogenannten hannoverschen Weg bemüht sich die Stadt, die Armut insbesondere für Kinder zu mildern. Die Maßnahmen reichen vom Ausbau der Krippen über den Hannover-Aktivpass bis hin zu Leselernhelfern, Hausaufgabenbetreuung und Beschäftigungsförderung.
HAZ vom 07.05.2014:
Spurensuche in der Tiefgarage
Fassungslosigkeit nach dem Tod des Wohnungslosen Uwe unter dem Maritim Hotel / Polizei sucht Angehörige
Von Jörn Kießler, Michael Thomas und Mathias Klein
Bei dem Toten, der am Montag in der Tiefgarage des Maritim-Hotels gefunden wurde, handelt es sich um einen 58 Jahre alten Wohnungslosen. Das hat die Obduktion ergeben, die Gerichtsmediziner gestern in Hannover vorgenommen haben. „Dabei haben wir den Mann, der bei der Polizei schon einmal erkennungsdienstlich erfasst wurde, anhand körperlicher Merkmale eindeutig identifizieren können“,, sagte Polizeisprecher Holger Hilgenberg. Die genaue Ursache für den Tod des Mannes konnte durch die Autopsie nicht geklärt werden. Hinweise auf ein Fremdverschulden liegen nach Informationen der Polizei aber nicht vor.
Der gestrige Bericht der HAZ über den Menschen, der offenbar wochenlang tot im Notausgangsschacht der Tiefgarage lag und von niemandem vermisst wurde, hat gestern viele Menschen erschüttert. „Der Gesundheitszustand dieser Menschen ist oft durch chronische Krankheiten stark eingeschränkt“, sagt Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes. Während die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland 77 Jahre betrage, liege sie bei Wohnungslosen mindestens 15 Jahre darunter. Einige Studien haben Müller-Brandes zufolge sogar eine um 30 Jahre geringere Lebenserwartung festgestellt.
Der Tote, der nach Informationen der HAZ mit Vornamen Uwe hieß, hatte in dem Schacht allem Anschein nach länger gewohnt. Auf den Stufen hatte er sein Hab und Gut in Tüten untergebracht, seine Schuhe waren nebeneinander auf der Treppe angeordnet.
Quelle: HAZ-Archiv
In der benachbarten Markthalle ist nicht bekannt, woher Uwe kam. „Wir haben ihn nur häufig in den frühen Morgenstunden gesehen, wenn er in die Markthalle kam, um sich hier auf der Toilette zu waschen“, sagte ein Standbetreiber. Regelmäßig habe Uwe sich auch aus den Mülleimern der Markthalle Lebensmittel geholt.
Ein Mitarbeiter der benachbarten Agip-Tankstelle in der Leinstraße hatte den Leichnam am Montag gegen 15 Uhr in dem Notausgangsschacht gefunden. Er wollte gemeinsam mit Kollegen Überwachungskameras installieren. Durch den Geruch des Toten, der dort bereits seit mehreren Wochen lag, wurden sie auf den Körper aufmerksam. Auch Tankstellenbetreiber Bernd Gartmann, der das Parkhaus verwaltet, wusste nicht, dass der Mann dort dauerhaft wohnte. Er sagt aber: „Ich würde einen Obdachlosen, der im Winter Schutz sucht, nie abends aus der Garage werfen.“
„Dass er offenbar regelrecht in der Garage wohnte, wussten wir nicht“, sagt der Direktor des Maritim-Hotels, Oliver Risse. Weil die Parkplätze vom benachbarten Tankwart betreut werden, kontrolliere das Hotel den Bereich nicht. „Dass der Mann dort aber so lange nicht gefunden wurde, ist wirklich tragisch“, findet Risse. Schuld will er aber niemandem geben: „Das hätte ja niemand ahnen können.“
Quelle: HAZ-Archiv
Unter den Obdachlosen in der Landeshauptstadt hatte sich der Tod des Leidensgenossen gestern bereits herumgesprochen. Die Betroffenheit in der Szene ist groß. „Ich weiß nicht einmal, ob ich ihn kenne oder nicht“, sagte ein Wohnungsloser. „Aber wenn einer so einsam irgendwo stirbt, das ist furchtbar.“ Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes wundert das nicht. Die Anonymität in der Szene sei groß. „Wenn ein Wohnungsloser plötzlich verschwunden ist, kann es auch sein, dass er einfach in eine andere Stadt weitergegangen ist“, berichtet Müller-Brandes. Seinen Schätzungen nach gibt es in Hannover etwa 3.000 Obdachlose. Rund 300 davon lebten ganzjährig auf der Straße, der Rest ist in Unterkünften der Stadt untergebracht oder kommt bei Bekannten unter.
Selbst bei der Stadtverwaltung wusste man nichts von dem Unterschlupf des Wohnungslosen in der Garage, obwohl die Behörde 225 Stellplätze für ihre Mitarbeiter dort angemietet hat. „Wie viele Plätze täglich genutzt werden oder infolge von Abwesenheiten frei stehen, ist nicht feststellbar“, sagte Stadtsprecherin Konstanze Kalmus.
Einen Tag nach dem grausigen Fund sind die beiden Dauerparkplätze für Verwaltungsangestellte vor dem Notausgang wieder belegt. Als zwei Beamte der zuständigen Kriminalfachinspektion gestern zum Fundort zurückkehren, um den spärlichen Besitz des Obdachlosen einzusammeln, lag noch immer ein scharfer Geruch in der Luft. „Der für die Vermietung an Mitarbeiter zuständigen Stelle wurden keine Hinweise zu ungewöhnlichen Gerüchen in der Tiefgarage gegeben“, sagte Kalmus. Selbst Gartmann und seinen Angestellten, die täglich in dem Bereich unterwegs sind, fiel der Geruch in der vergangenen Woche zum ersten Mal auf. „Das war kurz nach dem Regen“, sagt der 48-Jährige.
Die Polizei versucht derzeit, Angehörige von Uwe zu finden. Gelingt den Beamten das, übergeben sie ihnen den Leichnam des Obdachlosen. Sollte das nicht möglich sein, wird der Tote von der Stadt beerdigt.
Region verstärkt Hilfsangebote
Von Bernd Haase
Die Region Hannover will sich stärker um Menschen kümmern, die keine Wohnung haben oder Gefahr laufen, ihre zu verlieren. Dafür hat sie einige Modellprojekte ins Leben gerufen und fördert Beratungsstellen. „Wir wollen Wohnungslosigkeit vermeiden, Betroffenen Hilfen anbieten und ihnen ermöglichen, den Weg ins normale Leben zurückzufinden“, sagt Projektleiterin Sabine Sell.
Formaler Anlass für die Initiative ist eine Gesetzesänderung – seit 2011 ist die Region bei der sogenannten Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten auch für das Gebiet der Stadt Hannover zuständig. Deshalb hat sie eine Bestandsaufnahme gemacht, und die fällt nicht immer positiv aus. Hilfsangebote konzentrierten sich auf die Stadt Hannover, in der allerdings auch zwei Drittel aller Wohnungslosen leben. Ambulante Hilfen seien oft unzureichend ausgestattet. Es fehle an präventiven Angeboten und an Einrichtungen für Frauen. „Sie machen mittlerweile 20 Prozent aller Wohnungslosen aus und haben andere Bedürfnisse als Männer. Die meisten von ihnen haben Gewalt erlebt“, schildert Sell. Was auch aufgefallen ist: Obdachlosenunterkünfte sollen für die Betroffenen eigentlich kein Wohnungsersatz sein. „Wir haben aber festgestellt, dass mehr als die Hälfte aller Bewohner seit mindestens zwei Jahren in den Unterkünften lebt“, erklärt die Projektleiterin.
Einstweilen will die Region eine Million Euro für Projekte ausgeben. Dazu zählt etwa das begleitete Wohnen: Droht jemandem wegen Mietschulden oder einer Räumungsklage der Wohnungsverlust, nehmen sich Sozialpädagogen der Sache an und versuchen, zu beraten und zu vermitteln. In Burgdorf, Seelze und Ronnenberg hat die Region in Zusammenarbeit mit dem Land und den Kommunen neue Beratungsstellen eingerichtet. Bereits existierende in Hannover erhalten zusätzliche finanzielle Unterstützung – etwa der Tagestreff der Caritas am Leibnizufer sowie „Szenia“ in der Burgstraße, an die sich Frauen in Nöten wenden können. Langfristig soll das Beratungsangebot noch weiter ausgebaut werden.
Erwin Jordan, Sozialdezernent der Region, verweist auf das schmaler werdende Angebot preiswerter Wohnungen vor allem in der Stadt Hannover. „Menschen in Notlagen Unterstützung anzubieten ist eine Aufgabe, deren Bedeutung in den kommenden Jahren zunehmen wird“, folgert er.
Kirchen rügen die Stadt
Von Mathias Klein
Der Zeitpunkt ist ein Zufall: Einen Tag nach der Entdeckung der Leiche im Maritim-Parkhaus haben die beiden großen Kirchen die Praxis der Stadt bei sogenannten Bestattungen „von Amts wegen“ kritisiert. Jeder verstorbene Hannoveraner, für dessen Beerdigung niemand aufkommt, wird durch die Stadt in einem anonymen Urnengrab beigesetzt, darunter jedes Jahr auch zahlreiche Obdachlose. Aber betroffen sind auch Menschen, die vereinsamt in Wohnungen sterben.
Im vergangenen Jahr hat die Stadt nach Angaben der Kirchen 333 Menschen „von Amts wegen“ bestattet, jede dieser Bestattungen kostet das Rathaus 1.800 Euro. Das heißt, dass die Verstorbenen in den meisten Fällen in anonymen Urnengräbern beigesetzt werden – ohne jede Gelegenheit, dass sich Angehörige oder Freunde von ihnen verabschieden können. Meist werden auf einem der städtischen Friedhöfe in Stöcken, Lahe oder Ricklingen mehrere Urnen gleichzeitig unter die Erde gebracht.
Eine Praxis, die Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann angreift: „Diese Verstorbenen werden wie ein Stück Müll betrachtet und entsorgt“, sagt er. Das entspreche in keinster Weise seinem Menschenbild. Die Stadtgesellschaft müsse einen anderen Weg finden, mit diesen Verstorbenen umzugehen, sagt Heinemann.
Quelle: HAZ-Archiv
Ähnlich argumentiert der Probst der katholischen Kirche, Martin Tenge. „Es kann nicht sein, dass an diese Menschen nicht gedacht wird und für sie nicht gebetet werden kann“, sagt er. Es sei schwer zu verstehen, dass fast jeden Tag in dieser Stadt ein Mensch sterbe, ohne eine Trauerfeier zu erhalten.
Quelle: HAZ-Archiv
Stadtsprecherin Konstanze Kalmus betont, die Stadt halte sich an das niedersächsische Bestattungsgesetz. Die Namen der Verstorbenen dürften aus Datenschutzgründen nicht einfach mitgeteilt werden. Wenn im Melderegister der Verstorbenen eine Konfession verzeichnet sei, würden die jeweiligen Kirchengemeinden über den Tod unterrichtet. „Die Kirchen können Abschied nehmen in den Gemeinden, aber nicht am Grab“, sagt sie. Wenn es aber ein Testament gebe, in dem geregelt sei, dass eine anonyme Bestattung oder eine Verbrennung nicht infrage komme, halte sich die Stadt auch daran, betont Kalmus.
Die Kirchen wollen an diesem Freitag der namenlosen Verstorbenen gedenken. Der Gottesdienst mit dem Titel „Unvergessen“ in der Basilika St. Clemens, Goethestraße 33, beginnt um 16 Uhr.
HAZ vom 06.05.2014, S. 11:
Toter Mann liegt im Maritim-Parkhaus
Obdachloser schon vor Wochen gestorben
Von Jörn Kießler und Mathias Klein
Grausiger Fund mitten in der Innenstadt von Hannover: Ein Mitarbeiter der Agip-Tankstelle an der Leinstraße hat gestern Nachmittag eine Leiche im Parkhaus des Maritim-Hotels entdeckt. Der Tote, bei dem es sich offenbar um einen Obdachlosen handelt, lag nach ersten Erkenntnissen schon mehrere Wochen in einem Schacht, der als Notausgang aus dem Untergeschoss des Gebäudes dient.
Die Polizei hat den Fundort gestern untersucht und glaubt nicht, dass der Mann durch ein Verbrechen ums Leben kam. „Zur endgültigen Klärung wird der Leichnam in den nächsten Tagen obduziert“, sagte Polizeisprecherin Anja Gläser. Gottfried Schöne, Obdachlosenexperte der Diakonie Hannover, sprach gestern von einer „schrecklichen Nachricht“.
Ein Mitarbeiter der Agip-Tankstelle fand den Toten, dessen Identität bisher noch nicht feststeht, gegen 15 Uhr. „Wir wollten Sicherheitskameras in den Eingängen zu dem Parkhaus installieren“, sagt Tankstellenbetreiber Bernd Gartmann, der seit 20 Jahren auch das Parkhaus am Friedrichswall verwaltet. Schon in den Tagen nach dem letzten Regenguss hatten der 48-Jährige und seine Angestellten immer wieder einen starken Geruch wahrgenommen. „Bei den Arbeiten bemerkten wir ihn wieder und wollten die Ursache dafür finden“, berichtet Gartmann. Als einer der Kollegen dann die Tür zu einem der Notausgänge nicht öffnen konnte und der Geruch unerträglich wurde, alarmierten sie die Polizei. „Als wir dann noch die vielen Fliegen sahen, war uns klar, dass dort etwas Schlimmes passiert sein muss“, sagt der Tankstellenchef.
Quelle: HAZ-Archiv
Die Mitarbeiter des Kriminaldauerdienstes bargen wenig später die Leiche des Mannes und untersuchten den Fundort. Nach Aussagen von Zeugen hatte der Obdachlose dort anscheinend in unregelmäßigen Abständen übernachtet. In dem Schacht lagen Gebrauchsgegenstände sowie Kleidung des Mannes. Warum ihn zuvor niemand entdeckte, obwohl das Parkhaus während der Öffnungszeiten gut besucht wird, ist unklar. 75 Parkplätze nutzt das Hotel für seine Gäste. Die restlichen Stellflächen sind von der Stadtverwaltung gemietet, damit dort die Mitarbeiter aus dem Bürgeramt Mitte und dem nahen Rathaus ihre Autos abstellen können. Vom Maritim-Hotel wollte sich gestern niemand zu dem Vorfall äußern.
„Dass der Körper so lange unentdeckt bleiben konnte, zeigt, wie gut sich die Obdachlosen verstecken, wenn sie sich schlafen legen“, sagt Diakoniemann Schöne: „Sie haben Angst vor Übergriffen.“ Die Möglichkeit, dass der Mann Opfer einer Gewalttat wurde, schließt die Polizei bereits aus. Dort prüft man nun, ob der Obdachlose in dem Schacht womöglich betrunken oder unter Drogeneinfluss einschlief und im Anschluss erfror. Auch diese Version hält Schöne für plausibel. Sie könne erklären, warum das Verschwinden des Mannes nicht aufgefallen sei. „In der Obdachlosen- und Drogenszene ist die Anonymität besonders hoch“, sagt Schöne.
„Dadurch, dass die Tür zu dem Schacht geschlossen war, konnte man den Mann vom Parkdeck aus nicht sehen“, versucht Gartmann zu erklären, warum der Tote so lange unentdeckt blieb. „Auch von oben muss man schon gezielt zu dem Schacht gehen, um dort hineinsehen zu können.“ Dem Zustand der Leiche zufolge lag er dort schon mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate.
Auch die Mitarbeiter der Agip-Tankstelle können sich nicht explizit an den Mann erinnern. Für sie ist der grausige Fall auch noch nicht beendet. Als Betreiber des Parkhauses muss sich Bernd Gartmann nun darum kümmern, dass der Fundort der Leiche gereinigt wird.
Quelle: HAZ-Archiv
NP vom 06.05.2014, S. 11:
Diebe steigen bei Fairkauf ein. Zehntausende Euro Schaden. Täter brachen Fenster auf.
Von Vera König und Eva-Maria Weiss
HANNOVER. Sie helfen Armen und Bedürftigen. Sie leben von Spenden und Engagement. Sie schaffen Arbeitsplätze, für Menschen, die lange Zeit keine Perspektive hatten. Umso dreister ist dieser Diebstahl: Das Sozialkaufhaus Fairkauf wurde bestohlen, das Lager dafür aufgebrochen.
Das eiserne Rolltor blieb dabei unversehrt. Als Thomas Siese gestern Morgen die Eingangstür zum Fairkauf-Lager an der Mogelkenstraße (Hainholz) öffnen wollte, entdeckte er dennoch sofort die Einbruchsspuren: In der Nacht waren Einbrecher eingedrungen – durchs Fenster. Sie flexten sogar den großen Tresor auf.
Quelle: Elsner
In dem Geldschrank fanden die Täter nichts – bis auf die Reserveschlüssel zu den Lastwagen, mit denen die Mitarbeiter des Sozialkaufhauses Möbelspenden abholen. Offenbar gerieten sie darüber in Rage und sorgten für ziemliche Verwüstung.
„Schubladen wurden rausgerissen, Akten zerfledert, Bildschirme umgestoßen“, berichtet Fairkauf-Vorstandschef Reinhold Fahlbusch. Die gläsernen Türen zwischen den Büros „öffneten“ die Eindringlinge mit Hilfe von Feuerlöschern. Einen Laptop, auf dem Geschäftskorrespondenz und Personaldaten gespeichert waren, nahmen sie mit.
Über das Nachbargrundstück waren die Einbrecher durch einen Maschendrahtzaun auf das Fairkauf-Gelände gekommen. Sie schnitten einfach ein großes Loch in den Zaun. An einem Seitenfenster des Bürogebäudes rissen sie eine Jalousie ab, brachen das Fenster auf und drangen so in das Haus ein.
Weil sie kein Geld fanden, machten sich die Täter an den Autos zu schaffen. Glück im Unglück: „Die großen Lastwagen springen nur an, wenn man zuvor eine Fahrerkarte eingeschoben hat“, so Fahlbusch. Die aber hatte nicht im Tresor gelegen: „Die Mitarbeiter tragen sie stets bei sich“ Von den zwölf Wagen nahmen die Einbrecher nur zwei Mercedes Sprinter mit, zu denen sie die Schlüssel hatten.
Über den Diebstahl und die Verwüstung waren die Mitarbeiter entsetzt. Fahlbusch: „Der materielle Schaden ist groß. Ein Neuwagen wird um die 20.000 Euro kosten.“ Weitaus schlimmer aber sei etwas ganz anderes: „Für Menschen, die hier eine berufliche Heimat gefunden haben, ist eine Welt zusammengebrochen.“ Sie müssten getröstet und ermutigt werden weiterzumachen.
Michael Dette, Fraktionsvize der Grünen, war bestürzt, als er von dem Vorfall hörte: „Diese Ganoven haben wirklich keine Ehre.“
HAZ vom 30.04.2014, S. 16:
Erste Erfolge bei Jugendarbeit in Garbsen
(bil). Die Stadt Garbsen und das Jugendamt der Region kümmern sich seit Februar intensiver um eine Gruppe von 40 bis 50 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die dort an öffentlichen Orten immer wieder negativ aufgefallen sind. Dabei sind trotz der kurzen Zeit bereits erste Fortschritte gemacht, wie Florian Dallmann, Leiter der Jugendhilfestation der Region in Garbsen, gestern im Jugendhilfeausschuss der Region berichtete. Neun jungen Männern konnte eine Arbeit, drei weiteren eine Ausbildung vermittelt werden. „Dabei spielt aber eine wesentliche Rolle, dass einige Jugendliche bereits mehrere Verfahren vor dem Jugendrichter hinter sich haben“, sagt Dallmann. Wenn sie jetzt kooperieren, werden drohende Gefängnisstrafen oder mehrwöchiger Arrest ausgesetzt.
Zehn Jugendliche haben sich darauf eingelassen, von einem Erziehungsbeistand betreut zu werden, der zum Beispiel bei Bewerbungen hilft oder bei Problemen berät. Ein Mitarbeiter versucht, bei Hausbesuchen Kontakt zu den Eltern aufzubauen. Eine Gruppe von Zehn- bis 14-Jährigen, die vor einem Jahr ebenfalls noch in Garbsen auffiel, hat sich inzwischen von den Älteren gelöst. Ihre Eltern wirken jetzt aktiv auf die Kinder ein. Der Brand der Willehadi-Kirche, habe alle Familien aufgerüttelt, sagt Dallmann. Der Verursacher ist nicht gefunden.
HAZ vom 30.04.2014, S. 18:
„Papierlose“ benötigen dringend Unterstützung
Diakonieprojekt hilft abgelehnten Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten in prekären Lebenslagen
Von Veronika Thomas
Sie zeigen sich nicht, sie leben so unauffällig wie es irgend geht - aber sie sind trotzdem da: Einige Tausend sogenannte Papierlose leben allein in Hannover, so schätzen Experten der Diakonie. 20.000 könnten es demnach in Niedersachsen sein, und bundesweit sogar mehr als eine Million. „Darunter sind viele schwangere Frauen und kranke Menschen, die häufig schwarz beschäftigt sind, aber auch zur Prostitution gezwungen werden“, sagte Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes gestern bei der Vorstellung des Projektes DiaMiPa (Diakonische Migrationsarbeit für Personen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus). „Diese Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, abgelehnte Asylbewerber, Flüchtlinge und immer mehr EU-Bürger in prekären Lebenssituationen benötigen unsere Hilfe.“
Von Januar 2012 bis Ende 2013 wurden bereits 635 Menschen durch DiaMiPa unterstützt und begleitet. „116 Personen konnten aus der Illegalität herausgeholt werden“, sagte Sozialarbeiterin Visitación Aceituno-Castellanos. „Wir begleiten sie auch im Asylverfahren, um Abschiebungen zu vermeiden.“ Die Menschen stammten unter anderem aus Afrika (Ghana, Nigeria, Sudan), Asien, Südamerika, Russland, Afghanistan, aber auch aus Rumnänien, Bulgarien oder Bosnien. Das Projekt wird von Beginn an von der hannoverschen Ricarda- und Udo-Niedergerke-Stiftung unterstützt. 45.000 Euro haben die beiden Ärzte im Ruhestand mittlerweile dafür bereitgestellt; weitere Geldgeber sind Spender, die Stadt und die Landeskirche Hannover. 65.000 Euro benötigt die Diakonie jährlich, um davon eine Sozialarbeiterstelle und notwendige Sachkosten finanzieren zu können. „Ohne Papiere können die Menschen keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen“, beschrieb Müller-Brandes die prekäre Lage der Betroffenen.
„Wir wünschen uns vor allem für Asylsuchende und EU-Bürger ohne Krankenversicherung eine politische Lösung“, sagte der Diakoniepastor und verweis auf Bremen, wo Flüchtlinge eine Krankenkassenkarte erhalten, anstatt sich im Krankheitsfall jedes Mal beim Sozialamt einen Behandlungsschein besorgen zu müssen. DiaMiPa arbeitet eng mit der Malteser Migranten Medizin, dem Kontaktladen „Mecki“ und dem „Zahnmobil“ zusammen. Dort meldeten sich immer mehr Menschen ohne Papiere, um sich behandeln zu lassen.
HAZ vom 29.04.2014, S. 8:
Pizza für "Obdachlosen"
(afp). Von Mitgefühl überwältigt hat eine Französin einem vermeintlichen Obdachlosen in New York ihre Pizza angeboten - unwissend, dass es sich bei dem Mann um Hollywoodstar Richard Gere (64) handelte, der gerade einen Film drehte. Karine Valnais Gombeau kam aus einer Pizzeria in der Nähe der Grand Central Station in Manhattan, als ihr der im Müll suchende Mann auffiel, wie die Zeitung "New York Post" berichtete. Ohne zu zögern habe Gombeau ihm den Rest ihrer riesigen Pizza angeboten. Daraufhin habe Gere gesagt: "Vielen Dank. Gott segne Sie." Gere drehte in New York für seinen neuen Filn "Time Out of Mind."
Hallo LINDEN vom 20.04.2014, S. 2:
Hilfe für den Elterntreff
Deutsche Bank unterstützt die neue Einrichtung finanziell und personell
Calenberger Neustadt (bt). Der Elterntreff Calenberger Neustadt öffnete seine Tür vor Kurzem in frisch renovierten Räumen. Damit die Einrichtung in der Calenberger Straße 19 zum Eröffnungstag in frischem Weiß erstrahlte, griffen Gernot Bär und seine Mitarbeiter der Deutschen Bank-Filiale am Schwarzen Bär höchstpersönlich zu Farbeimer und Pinsel.
Im Rahmen eines Social Day ermöglicht die Deutsche Bank ihren Mitarbeitern, sich während der Arbeitszeit an gemeinnützigen Projekten zu beteiligen und sich sozial zu engagieren. „Wir bedanken uns sehr für die Unterstützung von Herrn Bär und seinen Kollegen. Sie haben gute Arbeit geleistet“, freut sich Anne Korte-Polier, Leiterin der Katholischen Familienbildungsstätte Hannover (FaBi). Die FaBi ist Trägerin des Calenberger Elterntreffs.
Doch mit dem persönlichen Einsatz hat Gernot Bär sich nicht zufrieden gegeben. Um die Arbeit in der Einrichtung über den persönlichen Einsatz hinaus zu unterstützen, überreichte Bär dem Elterntreff eine Spende in Höhe von 1.000 Euro, finanziert aus dem Spendentopf der Deutschen Bank.
HAZ vom 16.04.2014, S. 15:
Betrunkener beißt Mann im Streit ein Stück Ohr ab
(jki) Ein Streit zwischen drei betrunkenen Männern in der List ist gestern ähnlich eskaliert wie der Boxkampf zwischen Mike Tyson und Evander Holyfield. Ein 32-Jähriger biss seinem Gegenüber im Streit ein Stück Ohr ab. Sein Opfer wurde daraufhin in eine Klinik gebracht.
Nach Informationen der Polizei war es gegen 15 Uhr in einer Wohnung an der Drostestraße zu einem Streit zwischen dem 28 Jahre alten Mieter und einem Bekannten gekommen, der ihn offenbar besuchte. Von der lautstarken Auseinandersetzung fühlte sich ein 32-Jähriger gestört, der sich in der Wohnung darüber aufhielt. Daraufhin schaltete er sich in den Disput zwischen den beiden Streithähnen ein, die genau wie er stark alkoholisiert waren. Es kam zu Handgreiflichkeiten. Nach Aussage des 32-Jährigen wurde er von dem 28 Jahre alten Mann geschlagen und getreten. Daraufhin packte er ihn und biss ihm ein Stück von seinem Ohr ab. Sein Opfer alarmierte daraufhin die Polizei, die die Streitenden voneinander trennte. Gegen alle Beteiligten wurden Ermittlungen wegen Körperverletzung in unterschiedlich schweren Fällen aufgenommen.
HAZ vom 11.04.2014, S. 18:
Trinkerszene zurück am Raschplatz
Stadt und Geschäftsleute wollen unliebsame Folgen exzessiven Alkoholkonsums bekämpfen
Von Tobias Morchner und Andreas Schinkel
Die Trinkerszene am Raschplatz bereitet Geschäftsleuten, Pendlern und Passanten, der Polizei, der Stadt und der Gesellschaft HRG als Eigentümerin der Fläche immer größere Probleme. Mit steigenden Außentemperaturen vergrößert sich auch die Gruppe, die sich regelmäßig am Ausgang der Stadtbahn oder auf den Treppen trifft, um dort Alkohol zu trinken. Dabei kommt es auch zu unschönen Szenen. Einige der Trinker urinieren auf den Platz, grölen, hören laut Musik oder belästigen Passanten. „Das Problem ist uns bekannt, und wir haben ein Auge darauf“, sagt Stadtsprecherin Konstanze Kalmus.
Quelle: Körner
Die City-Gemeinschaft sieht jetzt alle Beteiligten in der Pflicht, das Problem zu lösen. „Wir haben hier einen Missstand, den wir mit vereinten Kräften angehen müssen“, sagt der Geschäftsführer der City-Kaufleute, Martin Prenzler. Polizei, Stadtverwaltung und die Grundstücksgesellschaft HRG sollten an einem Strang ziehen. Zwar könne man die Trinkerszene nicht vertreiben, doch die gröbsten Belästigungen, das Urinieren und Herumbrüllen in der Einkaufspassage, müssten abgestellt werden. So könne es jedenfalls nicht weitergehen.
Auch die Gesellschaft HRG, die das Hausrecht auf dem Platz ausübt, möchte bei der Lösung der Probleme auf dem für 12,5 Millionen Euro sanierten Gelände hinter dem Bahnhof alle Beteiligten in die Pflicht nehmen. „Das ist ein gesellschaftliches Problem, das nicht singulär gelöst werden kann“, sagt HRG-Geschäftsführer Thomas Heinermann. Ähnliche Probleme gebe es auch am Opernplatz, sagt Heinemann.
Allerdings gestaltete es sich als einigermaßen schwierig, den Trinkern am Raschplatz Einhalt zu gebieten. Zwar ist im vergangenen Jahr wegen der anhaltenden Probleme die Haus- und Benutzungsordnung für den Platz verschärft worden, sodass beispielsweise das Liegen und Lagern auf dem Gelände nicht mehr gestattet ist. Doch bei der Durchsetzung gibt es gewaltige Probleme.
Zuständig ist zunächst einmal der Sicherheitsdienst ProTec. Dessen Mitarbeiter können die Trinker allerdings lediglich darauf hinweisen, dass sie durch das Liegen auf der Treppe gegen die Regeln verstoßen. Hoheitliche Rechte haben sie jedoch nicht. Kommt es zu Schwierigkeiten, müssen sie die Polizei von der nahe gelegenen Wache am Raschplatz einschalten. Doch auch die Beamten können in der Regel nur wenig ausrichten. Denn das Herumlungern auf einem Platz stellt keine Straftat dar, sodass sie oft unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Ein generelles Alkoholverbot auf dem Raschplatz hält die Verwaltung für nicht umsetzbar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien für einen solchen Schritt nicht gegeben.
Die Trinkerszene selber fühlt sich von den zuständigen Stellen ungerecht behandelt. „Die scheren alles immer über einen Kamm, dabei gibt es hier sehr wohl Leute, die den Platz aufräumen und darauf achten, dass keiner in die Ecke pinkelt, sondern alle das Klo in der Nähe der Polizeistation benutzen“, sagt einer von ihnen, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er kommt, wie die meisten seiner Bekannten auch, aus zwei Gründen zum Raschplatz: in den nahen Supermärkten gibt es billiges Bier zu kaufen, und der Hauptbahnhof liegt zentral, ist somit für alle gleich gut zu erreichen. „Wenn die wollen, dass wir hier weggehen, müssen sie die billigen Läden schließen“, sagt ein anderer regelmäßiger Raschplatz-Besucher. Er ärgert sich auch über die Verwaltung. „Von denen war noch nie jemand hier, um mit uns in Ruhe zu sprechen.“
Möglicherweise kommt auf die Stadt bald noch ein weiteres Problem zu. Im Sommer soll der neue Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) in unmittelbarer Nähe des Raschplatzes fertiggestellt werden. Der Platz war bereits in der Vergangenheit von der Trinkerszene frequentiert worden. Es ist nicht auszuschließen, dass der ZOB nach seiner Fertigstellung noch mehr Menschen anzieht, die dann dort ihr Bier trinken möchten.
HAZ vom 09.04.2014, S. 15:
Haftstrafe für das Bespucken einer Richterin
Obdachloser muss zehn Monate ins Gefängnis
Von Tobias Morchner
Das Amtsgericht Hannover hat am Dienstag einen 52-jährigen Obdachlosen zu einer Haftstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der in Salzgitter geborene Mann hatte unter anderem eine Richterin mit unflätigen Worten beleidigt und bespuckt. Michael D., dessen Vorstrafenregister 27 Einträge aufweist, nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an. Damit ist es rechtskräftig.
Der 52-Jährige war am Nachmittag des 12. Februars von einer Polizeistreife aufgegriffen worden, weil er sich betrunken auf eine Straße gelegt hatte und den Verkehr blockierte. Den Polizisten gegenüber erklärte der Obdachlose, er werde sich erneut auf die Straße legen, wenn die Beamten weggefahren seien. Um dies zu verhindern, wollten die Polizisten Michael D. daraufhin in Gewahrsam nehmen und brachten ihn zu einer Anhörung zur zuständigen Bereitschaftsrichterin im Amtsgericht.
Gegenüber der 33-Jährigen verhielt sich Michael D. zunächst korrekt. Erst als seiner Bitte, das Telefon der Amtsrichterin benutzen zu dürfen, nicht entsprochen wurde, rastete der 52-Jährige aus. Wie die als Zeugin geladene Amtsrichterin schilderte, schlug der Obdachlose erst zweimal mit der Hand auf den Schreibtisch der 33-Jährigen. Dann beleidigte er sie auf das Übelste und spuckte schließlich mehrfach nach ihr und traf sie dabei zweimal im Gesicht.
Michael D. entschuldigte sich im Saal zwar bei der Betroffenen, doch Amtsrichter Olaf Wöltje ließ in seiner Urteilsbegründung keinen Zweifel daran, dass er davon überzeugt ist, der 52-Jährige könne schlicht nicht mit Frustrationen umgehen. Auch sah er keine günstige Sozialprognose für den Obdachlosen, weshalb er die Strafe auch nicht zur Bewährung aussetzte.
Hierzu ein Leserbrief von Ralf Buhmann, Hannover (HAZ vom 11.04.2014, S. 18):
Es ist aus meiner Sicht nahezu ein Skandal: Einer Richterin widerfährt das, was Hunderten Polizisten oder anderen Amtsträgern in ähnlichen Situationen schon häufig widerfahren ist, sie werdem beleidigt, bedroht, beschimpft, bespuckt. Nur sehr selten kommt es in diesen Fällen überhaupt zu einer Anklage, trotz der Strafanträge dr Betroffenen und ihrer Behörden, die in den meisten Fällen Rückendeckung geben.
Kommen Fälle ähnlicher Gewichtung vor Gericht, dürfte es die absolute Ausnahme sein, dass eine Haftstrafe verhängt wird, oft enden diese Verfahren in Vergleichen.
Wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Ich würde mir wünschen, dass das auch journalistisch aufgearbeitet wird und die Urteile vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit ausgewertet werden. Warum müssen die Beamten auf der Straße so viel mehr aushalten und werden nur wenig von der Justiz unterstützt und geschützt, während ein einziger Fall, bei welchem ein Richter oder eine Richterin betoffen ist, ausreichend für ein hartes Urteil ist?
NP vom 05.04.2014, S. 18:
Ökumenischer Verein plant Kindertafel und Nachhilfe
Quarterly sucht Spenden und Ehrenamtliche für Hilfsprojekt
Von Marleen Gaida
HANNOVER. Viele Kinder kommen hungrig aus der Schule. Doch was tun, wenn wenig Geld vorhanden ist oder die Eltern nicht da sind ?
Darum, dass diese Kinder aufgefangen werden, will sich zukünftig der Verein Quarterly kümmern. Der ökumenische Zusammenschluss gemeinnütziger Träger plant in den Brennpunkten Hannovers in Linden, Vahrenwald und Vahrenheide die Versorgung bedürftiger Kinder mit einer warmen Mahlzeit und Nachhilfe. Einen finalen Standort gibt es bis jetzt noch nicht. Rechtsanwalt Motoki Tonn (40) und seine Frau Katja (39) sind engagierte Mitglieder des Vereins. Sie hatten die Idee zur Kindertafel und haben klare Vorstellungen, wie das Angebot aussehen soll.
„Wir planen, kurzfristig einmal die Woche ein warmes Mittagessen anzubieten. Langfristig soll das Angebot auf sieben Tage pro Woche ausgeweitet werden. Außerdem wollen wir Nachhilfe und musikalische Früherziehung anbieten.“ Um das karitative Projekt zu verwirklichen, sucht der Verein Spender und Helfer.
Gestern waren deshalb bei einem Benefizkonzert in der BBL-Hannover-Kanzlei Adelige aus ganz Niedersachsen geladen, um für Spendengeld zu werben. „Unser Verein hat bis jetzt 45 ehrenamtliche Mitglieder. Für unser neues Projekt suchen wir noch Mitstreiter“, sagt Tonn.
Quelle: Surrey
In Hannover kümmern sich bereits die Hannöversche und die Nordstädter Kindertafel um die Versorgung von Bedürftigen. Die Hannöversche Kindertafel fährt pro Woche 22 Einrichtungen mit Lkw an, um diese mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Horst Walter Gora hat diese 2005 ins Leben gerufen: „Mit ging es vor allem um die gesunde Ernährung von Kindern.“ Sein Projekt versorgt rund 1.000 Kinder in der Region. Die Ziele von Quarterly bezeichnet er als „ambitioniert“. Bedarf bestünde aber. Jedoch: „Aus Erfahrung kann ich sagen, dass so etwas mit sehr hohem finanziellen Aufwand verbunden ist.“
HAZ vom 04.04.2014, S. 15:
Straßenmagazin "Asphalt" mit neuer Führung
Von Veronika Thomas
"Asphalt" hat einen neuen Geschäftsführer: Seit dem 1. April führt Reent Stade das hannoversche Straßenmagazin und folgt damit auf Almut Maldfeld, die zum Freiwilligenzentrum Hannover gewechselt ist.
Quelle: HAZ
Der 44-jährige Kulturwissenschaftler war zuvor elf Jahre lang Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising im Stephansstift Hannover und in der Dachstiftung der Diakonie. "In den ersten Tagen musste ich erst mal meine Kollegen in Redaktion und Vertrieb, die "Asphalt"-Verkäufer und ehrenamtlichen Mitarbeiter kennenlernen", sagt der zweifache Familienvater. Bisher kannte er "Asphalt" lediglich als sporadischer Leser: "Ich habe immer die Ausdauer der Verkäufer bewundert, für die die Zeitung eine Möglichkeit ist, wieder ein geregeltes, selbstbestimmtes Leben zu führen", sagt der begeisterte Chorsänger. Wichtigste Aufgabe in diesem Jahr ist der 20. Geburtstag von "Asphalt", der am 25. September mit einem Fest im Pavillon am Raschplatz gefeiert wird. "Wir freuen uns sehr, mit Reent Stade einen Geschäftsführer gefunden zu haben, der dafür sorgen wird, dass "Asphalt" auch weiterhin so erfolgreich wirken kann", sagte Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes.
HAZ vom 03.04.2014, S. 5:
Land will Kinder besser schützen
Hannover (lni). Niedersachsen will Kinder besser schützen, die Gewalt in einer Paarbeziehung miterlebt haben. Dazu will das Land fünf Modellprojekte ausschreiben, kündigte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) am Mittwoch in Hannover an. Für sie stünden bis 2016 zusätzlich 100.000 Euro pro Jahr bereit. Je früher die Kinder die Chance bekämen, die miterlebte Gewalt zu bewältigen, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst später ein gewaltfreies Leben führen könnten. Jährlich suchen rund 30.000 Frauen und Mädchen Schutz und Unterstützung in Frauenhäusern, Gewaltberatungsstellen und Interventionsstellen.
HAZ vom 03.04.2014, S. 18:
Obdachlose müssen künftig weniger zahlen
Von Conrad von Meding
Obdachlose Familien zahlen in Hannover zuweilen mehr für eine Unterkunft als normale Mieter für ihre Wohnungen – diesen Zustand soll die Stadt jetzt auf Initiative der Linken-Fraktion im Rat abstellen. Die rot-grüne Ratsmehrheit hatte gestern ein Einsehen und stimmte dem Vorhaben mit kleinen Änderungen zu.
Wohlfahrtsverbände hatten die Praxis der Stadt zuletzt mehrfach kritisiert. Demnach summieren sich die Kosten für die Unterbringung von Wohnungslosen in städtischen Einrichtungen auf 100 Euro im Monat pro Person. Vor allem wegen des Zuzugs kinderreicher Familien aus Osteuropa waren jetzt Fälle publik geworden, in denen Familien mit fünf Kindern 700 Euro im Monat zahlen mussten. „Das steht in keinem Verhältnis zu den Kosten einer Unterbringung in einer Mietwohnung“, sagte Linken-Fraktionschef Oliver Förste gestern im Bauausschuss des Rates. Er forderte, die Stadt möge die Gebühren bei Familien mit Kindern komplett erlassen.
SPD und Grüne schlugen einen Kompromiss vor: Für Kinder und Jugendliche solle die Stadtverwaltung künftig nur noch den halben Satz verlangen. „Es ist richtig, das Ungleichgewicht zu entschärfen“, sagte SPD-Politiker Thomas Herrmann. CDU-Ratsherr Felix Blaschzyk entgegnete, die Stadt habe glaubhaft versichert, bei Familien ohne Einkommen das Geld ohnehin nicht einzutreiben. Der Antrag wurde schließlich gegen CDU-Stimmen angenommen.
HAZ (Stadt-Anzeige Süd) vom 03.04.2014, S. 1:
Fünf Freundinnen müsst ihr sein
Eine Gruppe von fünf Mädchen aus der Südstadt sammelt für die Kindernothilfe
Von Heike Schmidt
SÜDSTADT. Es ist schon toll, wenn man solche Freundinnen hat. Da hat man eine Idee, und alle ziehen mit – so jedenfalls ging es Ida Hessenius. Die 13-jährige Schülerin wurde gemeinsam mit Charlotte Weinberg Annika Münstermann, Eike Paebst und Henrike Weingarten Teil der „Action!Kidz“ der Kindernothilfe, die mit dem Projekt gegen Kinderarbeit vorgeht. Mehr als 400 Euro haben die Schülerinnen der St.-Ursula-Schule für Mädchen und Jungen in Äthiopien gesammelt. Und da das bundesweit das zweitbeste Ergebnis in der Kategorie „Höchste Pro-Kopf-Spende“ ist, bekamen sie von der ehrenamtlichen Kindernothilfe-Mitarbeiterin Claudia Bartels-Krupp am vergangenen Freitagvormittag eine entsprechende Auszeichnung.
Ein wenig stolz sind die Schülerinnen auch gewesen, als sie die Auszeichnung im Beisein von ihrem Schulleiter Norbert Junker und ihrer Klassenlehrerin Claudia Probst entgegen nehmen konnten. Die Idee, beim Projekt „Action!Kidz“ mitzumachen, hatte Ida. „Wir hatten früher ein Patenkind über die Kindernothilfe“, erinnert sie sich. Damals habe sie begonnen, sich für die Projekte zu interessieren – auch weil sie in der Zeitschrift der Kindernothilfe über solche Aktionen las. Vor zwei Jahren hatte sie dann die Idee, selbst aktiv zu werden. Sie sprach ihre Freundinnen an. Gemeinsam überlegten sie sich, für den Herbstbasar Lavendelsäckchen zu nähen und diese dann zugunsten der Kindernothilfe zu verkaufen.
Im vergangenen Jahr nähten die engagierten Schülerinnen zudem Türstopper, die sie mit Sand aus Norderney und aus einem Baumarkt füllten. Klar, dass der Sand vom Strand und der Stoff aus dem eigenen Haushalt oder von Oma kam. Alle halfen mit – und machten den Erlös von mehr als 400 Euro überhaupt möglich. Auch Henrike trug ihren Teil bei: „Da ich nicht nähen kann, habe ich gegen eine Spende Schuhe geputzt“, erzählt sie. „Außerdem sind wir beim letzten Herbstbasar mit Spendendosen herumgelaufen“, erinnert sich Eike.
Quelle: Schledding
Auch in diesem Jahr wollen die Mädchen wieder helfen. Die Lavendelsäckchenproduktion ist bereits angelaufen. Im vergangenen Jahr haben sie zwischen einem und 3,50 Euro gekostet. „Und es gab sogar Leute, die gefragt haben, ob der Lavendel aus Deutschland oder Frankreich kommt“, erinnert sich Henrike. Lavendel aus Frankreich sei gefragter gewesen als der einheimische. An ihn heranzukommen, wird in diesem Jahr kein Problem sein. Denn auch die Klassenlehrerin hilft inzwischen mit: „Ich habe euch welchen aus Frankreich mitgebracht.“
HAZ vom 26.03.2014, S. 5:
Toter am Bahnhof gefunden
(lni) Stadthagen: Eine unbekannte männliche Leiche beschäftigt die Polizei in Stadthagen. Der Tote habe in der Nähe des Bahnhofs gelegen und sei dort von einem Mitarbeiter der Bahn entdeckt worden, teilte ein Polizeisprecher am Dienstag mit. Nach den bisherigen Erkenntnissen stamme der Mann aus der Obdachlosenszene. Alles deute darauf hin, dass er an seinem desolaten Gesundheitszustand gestorben ist. Die Obduktion am Dienstag habe keine Anzeichen für ein Gewaltverbrechen oder einen Unfall ergeben, hieß es.
HAZ vom 22.03.2014, S. 17:
Für ein Almosen
In der City sind so viele Bettlerinnen wie noch nie unterwegs. Passanten sind genervt, Geschäftsleute wünschen sich eine härtere Gangart. Die Stadt sagt, sie könne nichts machen
Von Mathias Klein
„Ziemlich genervt“, sei sie, sagt Karin Granobs. Sie sitzt am Vormittag mit ihrem Mann vor einem Café auf dem Ernst-August-Platz. Eigentlich wollten die beiden Hannoveraner die wenigen Sonnenstrahlen des Freitags genießen und das bunte Treiben auf dem Platz beobachten. „Aber die Lust ist uns fast schon wieder vergangen“, sagt die Rentnerin. Gerade war eine Frau mit Kopftuch bei ihnen und hat die Hand hingehalten.
Quelle: Schledding
Das Phänomen ist derzeit eine Dauerbegleitung in der Innenstadt. Es wird so viel gebettelt wie schon lange nicht mehr, oft von frühmorgens vor Geschäftsöffnung bis spätabends, und oft nur im Abstand von wenigen Metern. Die Stadt bestätigt die Beobachtung: Ungewöhnlich viele Menschen aus Südosteuropa bettelten derzeit in der Innenstadt. Einschreiten könne die Verwaltung allerdings nicht: Betteln sei schließlich nicht verboten, solange niemand aggressiv auftrete, sagt ein Sprecher. Nur wenn die Rathausmitarbeiter bettelnde Personen mit kleinen Kindern anträfen, schritten sie ein.
Den Geschäftsleuten in der Innenstadt ist das nicht genug. Für sie wird das gehäufte Auftreten der Bettlerinnen inzwischen zum ernsten Problem. Martin Prenzler, Geschäftsführer der City-Gemeinschaft, sorgt sich „um die Aufenthaltsqualität der Innenstadt“. Die sinke mit der hohen Zahl der Bettler. „Wenn man auf dem Weg vom Bahnhof bis zum Kröpcke zehnmal angebettelt wird, kann man die Lust verlieren, wieder in die Innenstadt zu kommen“, sagt Prenzler. Er wünsche sich von der Stadt eine härtere Gangart, wie sie „in vergleichbaren Städten durchaus üblich“ sei. Und er fordert die Besitzer von Straßencafés auf, die Frauen anzuzeigen, wenn sie aggressiv bettelten. „Die müssen richtig merken, dass sie hier nicht erwünscht sind“, sagt Prenzler.
Nicht nur die Steuern zahlenden Geschäftsleute der Innenstadt sind verärgert. Die Bettler sind sogar Konkurrenz für die Punker, die auf einer Bank in der Bahnhofstraße Geld schnorren „Das sind doch richtige Banden“, sagt eine junge Punkerin namens Sarah. Jeden Abend würden die Frauen „mit einem fetten Mercedes“ aus der Innenstadt wieder abgeholt. Die bettelnden Frauen seien schlecht für ihre eigenen Einnahmen, weil sie die Passanten belästigten, erzählt Sarah: „Wir verscheuchen die hier.“ In der sozialen Rangordnung der Innenstadt rangieren die Südosteuropäerinnen eben ganz unten.
Woher die Häufung der um Almosen Bittenden auf einmal kommt, weiß niemand. Um Weihnachten gibt es regelmäßig einen Höhepunkt, dann ist es etwas ruhiger, ab März kommen die Bettler zurück. In diesem Jahr aber sind es auffällig viele. Mit der neuen Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren muss das nicht zusammenhängen. Dass es sich aber um organisierte Gruppen handelt, gilt als wahrscheinlich. „Zeitweise gehen Frauen in Gruppen mit bis zu fünf Personen in einer Reihe mit Bechern in der Hand die Fußgängerzone auf und ab“, berichtet Stadtsprecher Udo Möller. Mit der HAZ reden wollen die Frauen am Freitag nicht: Wortlos strecken sie ihre Arme aus, verziehen dabei das Gesicht, als hätten sie Schmerzen. Antworten gibt es nicht.
Passantin Hayedeh Adni-Azar tun die Bettlerinnen im Grunde leid - und trotzdem schimpft auch sie. Zu manchen Zeiten könne man kaum noch einen Meter gehen, ohne angesprochen zu werden, sagt sie. Geld zu geben, lohne kaum: „Das fließt doch ohnehin nicht in die Taschen der Frauen, die sind im Grunde ganz arm“, sagt die 47-Jährige aus der List und fordert: Man müsse die Hintermänner ausfindig machen.
Auch die Polizei aber kann nur darauf verweisen, das Betteln nicht verboten ist. Probleme habe es in den vergangenen Wochen nicht gegeben, berichtet ein Polizeisprecher.
Die Geschäftsleute in der Innenstadt haben zum Teil ihre eigenen Wege gefunden, mit dem Problem umzugehen. So muss ein Pächter einer Schnellimbisskette in der Nähe des Kröpcke täglich einen Mitarbeiter bereitstellen, um die bettelnden Frauen aus seinem Lokal zu vertreiben. Auch das Personal in den Cafés der Innenstadt gerät immer häufiger mit den Frauen in Konflikt. „Wir versuchen, sie zu vertreiben, weil wir nicht wollen, dass unsere Gäste draußen belästigt werden“, berichtet eine Kellnerin, die ungenannt bleiben will. Aber nicht immer ließen sich die Frauen davon beeindrucken. „Neulich hat eine auf den Tisch gespuckt.“
Die Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werks hat versucht, Kontakt zu den Frauen aufzunehmen. „Aber sie sind nicht bereit, mit sich reden zu lassen“, sagt Gottfried Schöne. An fehlenden Sprachkenntnissen habe das nicht gelegen. Doch handele es sich „offenbar nicht um Menschen, die aus dem Hilfesystem herausgefallen sind“, sagt Schöne. Er warnt davor, bei der Hilfsbedürftigkeit zwischen der Herkunft der Menschen zu unterscheiden. Freiwillig bettele schließlich niemand in der Innenstadt.
HAZ vom 20.03.2014, S. 16:
Rewe hilft der Tafel
Lebensmittel im Wert von 20.000 Euro übergeben
Von Mathias Klein
Rewe hat gestern Lebensmittel im Wert von 20.000 Euro an die Hannöversche Tafel übergeben. „Das ist etwas ganz Besonderes“, sagte die organisatorische Leiterin der Tafel, Katja Keßler. Üblicherweise erhält die Tafel in erster Linie leicht verderbliche Ware.
„Heute haben wir viele Waren bekommen, deren Haltbarkeit noch lange nicht abläuft“, sagte Keßler. Darunter sind Nudeln, Konserven und Kekse. Das bringe Abwechslung auf dem Speiseplan der Tafelgäste. Keßler freute sich auch über frisches Obst und Gemüse. „Sonst bekommen wir nur aussortierte Ware, die nicht mehr verkauft werden kann“, erklärte sie. Helfer transportierten die Lebensmittel in fünf Lieferwagen ab.
Bereits heute sollen die ersten Rewe-Spenden in Vahrenheide an Bedürftige verteilt werden.
Quelle: HAZ
Die Waren sind nach der alle sechs Monate stattfindenden Warenbörse für die norddeutschen Filialleiter im Congress-Centrum übrig geblieben und werden von den Lieferanten zur Verfügung gestellt. „Es ist uns wichtig, jeden Tag Gutes zu tun“ sagte Thorsten Ritscher von Rewe. Deshalb denke Rewe immer über besondere Aktionen für arme Menschen nach.
HAZ (Stadt-Anzeiger Süd) vom 13.03.2014, S. 2:
Ehrung für die Türöffner
Bezirksrat Mitte verleiht Bürgerpreis für Engagement in Flüchtlingsheim / Sonderpreis für Kontaktbeamten
Bei einem späten Neujahrsempfang im Neuen Rathaus hat der Bezirksrat Mitte den Bürgerpreis 2013 an drei Frauen vergeben. Inge Goßman, Kira Brack und Eva-Lena Eilert wurden für ihr ehrenamtliches Engagement im Flüchtlingswohnheim in der Rumannstraße geehrt. Zugleich überreichte Bezirksbürgermeister Norbert Gast den Sonderpreis 2013 an Werner Paetz, der als Kontaktbeamter der Polizei lange in der Oststadt und im Stadtteil Zoo tätig war.
Quelle: Gerda Valentin
Seit mehreren Jahren unterhält der katholische Sozialverband Caritas an der Rumannstraße ein Wohnheim für bis zu 65 Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten in aller Welt. Das Haus des katholischen Sozialverbandes lernte Kira Brack während eines Praktikums als Studentin der Erziehungswissenschaften näher kennen. Ehrenamtlich arbeitete sie von 2009 an weiter, gab Hausaufgabenhilfe, spielte mit den Kindern und ähnliches mehr. In deren Lage kann sie sich gut hineinversetzen, denn als Zehnjährige kam sie selbst mit ihrer Familie aus Kasachstan nach Deutschland. „Leben auf gepackten Koffern“ hieß schließlich ihre Masterarbeit. „Als Flüchtlinge leben die Menschen in existenzieller Unsicherheit und Furcht vor Abschiebung“, sagt Kira Brack. Nach einer Babypause nimmt sie gerade wieder Kontakt zu dem Wohnheim in der Rumannstraße auf, um dessen Bewohnern weiter zu helfen.
Von 2010 auf 2011 hatte auch Eva-Lena Eilert dort einen Praktikumsplatz. In ihrem Studium im Fach Soziale Arbeit machte sie an der Rumannstraße weiter, gab Hausaufgabenhilfe, half mit gezieltem Lernen vor Klassenarbeiten oder übte mit älteren Schülern das Schreiben von Bewerbungen. „Gerade in einer ungewissen Lebenssituation ist Bildung von großer Bedeutung“, bekräftigt Eva-Lena Eilert. Wenn die 24-Jährige ihr Studium demnächst abschließt, will sie ihre ehrenamtliche Arbeit in der Rumannstraße fortführen.
Einen anderen Weg nahm Inge Goßmann. „Nach meiner Pensionierung wollte ich etwas für die Allgemeinheit tun und bin außerdem politisch interessiert“, erläutert die frühere Englischlehrerin. Anfang 2012 fand sie zu dem Flüchtlingswohnheim in der Oststadt und gibt seitdem einer kleinen Gruppe Unterricht in der deutschen Sprache. Eine Schwierigkeit ist die hohe Fluktuation unter den Teilnehmern. Für Mütter mit kleinen Kindern fand sich eine Lösung, mit der sich das Ehrenamt für Inge Goßmann erweitert hat: Gemeinsam mit anderen Helfern wechselt sie nun nach Bedarf zwischen Deutschunterricht und Kinderbetreuung.
Den pensionierten Kontaktbeamten Werner Paetz kennt der Bezirksrat Mitte schon länger. Für den Polizeibereich Oststadt/Zoo beriet er bis im vergangenen Sommer das Gremium in zahllosen Sitzungen, erörterte von der Straßenbeleuchtung bis zur Fußgängerampel die Fragen der Sicherheit und sparte – falls nötig – nicht an Kritik. Ehemals Friseur und Verkäufer, kam Werner Paetz erst als „Späteinsteiger“ zur Polizei. 1997 trat er seinen Dienst bei der Polizeiinspektion Ost am Welfenplatz an. Bei allen seinen Aufgaben war er mit „Bauch und Herz“ dabei, wie er selber sagt. Das reichte vom Verkehrsunterricht in Kindergärten bis zur Situation, verwirrten älteren Menschen klar zu machen, dass sie Hilfe benötigen. Auch schlimme Nachrichten musste er manchmal überbringen. Mit tiefer Freude nahm er vom Bezirksrat Mitte seinen Sonderpreis entgegen. „Damit sehe ich die Arbeit aller Kontaktbeamten aufgewertet“, betonte der Polizeioberkommissar außer Dienst und dankte öffentlich seiner Familie, die ihm in all den Jahren einen Rückhalt gegeben habe.
HAZ vom 13.03.2014, S. 16:
Diakonie hilft Menschen ohne Papiere
(vt). Nicht nur die Malteser Migranten Medizin versorgt seit Jahren Menschen ohne Papiere und Krankenversicherung, sondern zunehmend auch die Diakonie. Im Kontaktladen "Mecki" am Hauptbahnhof, wo an fünf Tagen die Woche eine Krankenschwester sowie einmal wöchentlich ein Arzt arbeiten, wurden 2013 von 3.662 Behandlungen 684 Menschen versorgt, die keinen Versicherungsschutz hatten. "Wir finanzieren diese Arbeit aus Spenden", sagt Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes. Häufige Probleme seien offene Wunden und Tuberkulose. Oft seien es Frauen, die aus Angst und fehlenden Möglichkeiten nicht zum Arzt gingen. Inzwischen kämen neben Wohnungslosen auch immer mehr Menschen ohne Papiere in den Kontaktladen, um sich beraten zu lassen. Mittlerweie sei dafür eine halbe Stelle eingerichtet worden.
"Das Entscheidende ist, dass wir diese Menschen aus der Illegalität herausholen können. Wir gehen mit ihnen zu den Behörden, und dann bekommen sie Hilfe", so Müller-Brandes weiter. "Bei allen Herausforderungen, vor die uns die Zuwanderung stellt, sollten wir ihnen als vergleichsweise reiches Land helfen. "
HAZ vom 03.03.2014, S. 9:
Hannover sucht Eltern für Paul
Pflegekind braucht nach schwerer Zeit Zuwendung
Von Conrad von Meding
Die Stadt sucht dringend ein hannoversches Paar, das viel Liebe und Humor auch in schwierigen Zeiten mitbringt. Von diesen positiven Eigenschaften soll ein Kind profitieren, das bisher wenig Liebe und Zuwendung erfahren hat. Die Geschichte von Paul, wie die Stadt den Achtjährigen für diesen Suchaufruf genannt hat, ist kein Einzelschicksal - es gebe mehrere Kinder, für die Pflegeeltern gesucht werden. Bei Paul aber drängt es besonders.
Der Junge kommt nach Angaben der Stadt "aus sehr belasteten Lebensverhältnissen, hat viele Unsicherheiten im Umgang mit seinen leiblichen Eltern erfahren und wenig Stabilität und Kontinuität kennengelernt", wie die Sozialbehörde vorsichtig formuliert. Man ahnt, was das Kind durchgemacht hat. Es lebt derzeit in einer sogenannten Inobhutnahmestelle, soll fremden Menschen gegenüber eher misstrauisch sein und teste seine Gegenüber auf ihre Glaubwürdig- und Beständigkeit. Paul geht in die zweite Klasse einer Grundschule und soll in eine Pflegefamilie vermittelt werden.
Wegen der schweren Vergangenheit von Paul sucht die Stadt ausdrücklich Paare, die in einer stabilen Beziehung leben und deren eigene Kinder älter als acht Jahre sind. Sie müssen viel Zeit für den Jungen aufbringen können, sollten möglichst über pädagogische Erfahrungen verfügen und sich therapeutischen Gesprächen stellen.
Wer als Pflegeperson Kinder wie Paul betreuen möchte, bekommt Informationen bei Elfriede Lorenz unter der E-Mail-Adresse 51.23.4KSD@hannover-stadt.de von der städtischen Abteilung Pflegekinderdienst und Adoptionen im Jugendamt.
HAZ (Stadt-Anzeiger Süd) vom 27.02.2014, S. 1:
DRK-Shop sucht dringend Bekleidung
Kindersachen sind rar
Von Laura Kettler
DÖHREN-WÜLFEL. Der DRK-Ortsverein Döhren-Wülfel sucht dringend gut erhaltene Kleidung für Erwachsene und Kinder. Er bittet besonders um Kleiderspenden für Kinder in Größe 74 bis 164. Der DRK-Shop wird häufig von kinderreichen Familien besucht, die auf die Kleidung aus dem Secondhand-Laden angewiesen sind. Die Kleidung dort können Bedürftige gegen eine Spende erwerben.
Der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Döhren-Wülfel Arno Kirse bedauert, dass viele Leute immer den kürzesten Weg gehen – den zum Kleidercontainer. „Wir sind wirklich sehr eng ausgestattet“, sagt Arno Kirse. Er fordert, die Kleidung an den DRK zu geben, „weil wir den direkten Kontakt zu den Leuten haben.“
Ungefähr 140 bis 150 Leute stehen jede Woche vor der Tür des DRK-Ortsvereins, um Lebensmittel abzuholen. Etwa ein Viertel davon geht auch in die Kleiderkammer. Der Ortsverein ist für Anwohner aus Hannover-Mittelfeld und den umliegenden Stadtbezirken gedacht. Die Einkommensverhältnisse müssen durch einen behördlichen Nachweis belegt werden.
Wer gut erhaltene Kinder- oder Erwachsenenkleidung spenden möchte, kann diese montags und donnerstags von 18 bis 20 Uhr im Secondhand-Shop im Musäusweg 1 in Mittelfeld abgeben. Wer bedürftig ist, kann dienstags und freitags von 10.30 Uhr bis 13 Uhr die Lebensmitttelausgabe und die Kleiderkammer besuchen.
Ehrenamtliche Mitarbeiter und Spenden ermöglichen diese Einrichtungen. Für weitere Informationen zum Secondhand-Shop oder zur ehrenamtlichen Mitarbeit können Interessierte Arno Kirse vom Ortsverein unter der E-Mail-Adresse kirse@drk-hannover.de erreichen.
NP vom 26.02.2014, S. 13:
Obdachloser (45) zum zweiten Mal in Straßenunterführung überfallen
Von Britta Mahrholz
HANNOVER. Zwei Überfälle, ein Opfer: Ein 45-jähriger Obdachloser ist am Sonnabend in der Straßenunterführung Waterloostraße (Calenberger Neustadt) innerhalb von acht Monaten zum zweiten Mal von Unbekannten misshandelt worden. Die beiden Täter traktierten den Mann gegen 17.30 Uhr mit Tritten und Schlägen. Bereits am 16. Juni 2013 war das Opfer von einem fünfköpfigen Schlägertrupp vermöbelt worden. Ein 25- und ein 47-Jähriger, die damals dabei gewesen sein sollen, wurden erst vergangene Woche vor Gericht freigesprochen - der Geschädigte konnte sie nicht zweifelsfrei identifizieren (NP berichtete). Am Sonnabend waren es zwei etwa 20 Jahre alte Männer, die den Obdachlosen malträtierten. Ein Zeuge (29) kam auf die Gruppe zu und verscheuchte das Schläger-Duo. Die Gesuchten sind 1,75 bis 1,80 Meter groß, haben dunkle, kurze Haare, sind vermutlich südländischer Herkunft und trugen Jeans. Ein Täter hatte bunte Oberbekleidung an. Hinweise an die Polizei unter Telefon 0511/1093920.
HAZ vom 20.02.2014, S. 13:
Schneller Freispruch für vermeintliche Räuber
Obdachloser wurde in Waterloo-Unterführung mit Baseballschläger traktiert – doch dann identifiziert er die Falschen
Von Michael Zgoll
Viel kürzer kann ein Landgerichtsprozess kaum sein, nach zwei Stunden war alles vorbei. Vor der 2. Großen Strafkammer verantworten mussten sich gestern zwei Männer, die im vergangenen Sommer einen Obdachlosen nahe dem Waterlooo-Biergarten mit einem Baseballschläger traktiert und ausgeraubt haben sollen. Doch die Vernehmung des Opfers war für die Anklage ein Desaster, das Verfahren endete für die vermeintlichen Täter mit einem doppelten Freispruch.
Das Opfer, ein 45-jähriger Litauer, verstrickte sich bei der Identifizierung seiner angeblichen Peiniger in heillose Widersprüche, wurde mit Täterbeschreibungen aus früheren Vernehmungen konfrontiert, die mit den zwei Rumänen auf der Anklagebank nichts zu tun hatten. Die Konsequenz: Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow brach die Befragung ab. Der Staatsanwalt nannte die Zeugenaussage „überraschend“, forderte für die Angeklagten ebenso wie deren Verteidiger Dieter Adler und Mario Venter einen Freispruch. Eine halbe Stunde später kam die Kammer diesen Anträgen nach.
Der Überfall in der Unterführung zwischen Archivstraße und Waterlooplatz hatte im Vorjahr ob seiner Brutalität Aufsehen erregt. Vier Männer und eine Frau, so die Aussage des Opfers, seien in einer Juninacht frühmorgens um 5 Uhr über ihn hergefallen, hätten ihn im Schlaf überrascht. Die Täter prügelten auf den Straßenmusiker ein, raubten ihm seine Börse mit einem zweistelligen Geldbetrag und seine Gitarre. Der dem Vernehmen nach alkoholisierte Mann wurde wegen seiner Gesichtsverletzung in einem Krankenhaus behandelt, mochte sich aber nicht stationär aufnehmen lassen.
Zwei Männer, nicht älter als 40, hatte der Obdachlose erkannt. Die Polizei gab auf der Basis seiner Aussagen einen Fahndungsaufruf heraus, in dem davon die Rede war, dass einem der Täter ein Finger fehlt und der andere an seinen rotblonden Haaren zu erkennen sei. Die anderen männlichen Räuber konnte das Opfer nicht beschreiben.
Die beiden Rumänen auf der Anklagebank waren 25 und 47 Jahre alt. Ein Finger fehlte keinem von ihnen, rotblond waren sie ebenso wenig. Eine schiefe Nase schrieb das Opfer dem falschen Mann zu; auch die Angaben, das einer der Täter 1,80 Meter groß und 90 Kilo schwer sei, sorgten eher für Irritationen: Der damit gemeinte Angeklagte wirkte eher wie ein Fliegengewicht. Dabei hatte dieser Rumäne mit den Angaben zur eigenen Person zunächst auch keine gute Figur gemacht. Er tischte dem Gericht ungefähr fünf verschiedene Versionen auf, seit wann er – oft obdachlos und früher als Gelegenheitsarbeiter in Frankreich beschäftigt – überhaupt in Deutschland oder in Hannover weilte.
Demgegenüber schien sich das Opfer im Zeugenstand seiner Sache zu Beginn sehr sicher zu sein. Er habe in der russischen Armee als Fallschirmjäger in Afghanistan gedient, erzählte der Litauer. Wäre er bei dem Überfall nicht durch seinen Schlafsack gehandicapt gewesen, hätte er die Angreifer sicher in die Flucht geschlagen. Fünf Minuten später vergoss der angeblich so harte Elitesoldat aber Tränen: Die Täter hätten ihm neben Geld und Gitarre auch eine Kinderzeichnung weggenommen, die ihm ein von seiner Musik begeistertes Mädchen geschenkt habe.
Verhaftet worden waren die beiden Angeklagten im November 2013. Damals begegneten sie dem Opfer des Überfalls im Obdachlosentreffpunkt „Dach überm Kopf“ (DüK) der Caritas, waren von ihm in der Lavesstraße als vermeintliche Täter erkannt und angezeigt worden. Seitdem saßen sie in Untersuchungshaft, hatten aber stets ihre Unschuld beteuert. Nun erwartet die Rumänen als Entschädigung für dreieinhalb Monate Untersuchungshaft jeweils ein Betrag von mehr als 2.500 Euro – ein Sümmchen, das sie sicher gut gebrauchen können. Ob sie sich aber noch lange in der Stadt Hannover aufhalten werden, darf man getrost bezweifeln.
HAZ vom 18.02.2014, S. 12:
Obdachlose zahlen 3,55 Euro pro Nacht
Stadt fordert Beiträge auch für Kinder, setzt aber niemanden auf die Straße Neuregelung angedacht
Von Gunnar Menkens
Es ist, auch nach Maßstäben der Kommunalpolitik, noch nicht allzu lange her, seit der Rat beschloss: Obdachlose, die in kommunalen Wohnungen, Heimen oder Containern untergebracht sind, müssen dafür zahlen. 3,55 Euro pro Bett und Nacht. Das war im März 2012. Der Satz gilt für Deutsche, für zugewanderte EU-Bürger wie Rumänen und Bulgaren, und er gilt auch für deren Kinder.
Jetzt diskutieren Politiker, ob man zumindest für Kinder eine neue Regelung einführen sollte. Damit sollen Armutseinwanderer, oft rumänische Familien mit vielen Kindern, nicht über Gebühr belastet werden. Ein Paar mit zwei Kindern kommt mit der Gebühr auf Kosten von mehr als 400 Euro monatlich. Gudrun Koch, sozialpolitische Sprecherin der SPD, sagte am Montag: „Man sollte darüber nachdenken, für Familie eine Pauschale einzuführen oder den Satz für Kinder zu verringern.“
Die Unterbringung von 850 Obdachlosen, 150 von ihnen sind Rumänen und Bulgaren, hat die Stadt zuletzt 2,9 Millionen Euro jährlich gekostet. Ein Viertel bekam die Verwaltung zurück – 710.000 Euro. Im Rathaus wies ein Sprecher gestern darauf hin, dass das Baudezernat keinen harten Kurs fahre, wenn Bewohner das Geld nicht aufbringen können: „Wer nicht zahlt, bekommt einen Gebührenbescheid und eine Mahnung. Aber wir setzen keine Zwangsmittel ein.“ Was bedeutet: Hannover wirft Obdachlose nicht auf die Straße. Nach Angaben der Stadt bekommt die Verwaltung drei Viertel der ausstehenden Gebühren dennoch zurück, oft zahlt das Jobcenter.
Der Satz für Unterkünfte ist seit beinahe zehn Jahren stabil. Für die CDU gibt es keinen Grund, etwas zu ändern. „Die Stadt stellt eine Leistung zur Verfügung, dafür nimmt sie eine Gebühr, die bei Weitem nicht die Kosten deckt.“ Derzeit ist die Stadt verstärkt gefordert, rumänischen Familien in Containern unterzubringen, weil Wohnungen fehlen. Ausnahmen für diese Zuwanderer lehnt der Christdemokrat ab. „Durch das Kindergeld haben diese Familien Einkommen.“ Seidel forderte die SPD-geführten Landesregierungen auf, Hannover bei der Unterbringung zu helfen. Das Verhalten der Stadt letztlich niemanden hinauszuwerfen, hält Grünen-Fraktionschef Lothar Schlieckau für richtig. Er sagte, die Verwaltung müsse „den Einzelfall prüfen, das Bezahlbare einfordern, aber kulant handeln“. Neue Gebühren hält Schlieckau für überflüssig.
HAZ vom 15.02.2014, S. 6:
Leiche liegt monatelang auf Hochsitz
54-Jähriger hatte seit April keine Wohnung mehr
Von Gabriele Schulte
Osterode. Ein wohnungsloser Mann auch Osterode hat mindestens seit dem vergangenen Sommer tot auf einem Hochsitz gelegen. Wie ein Sprecher der Polizeiinspektion Northeim/Osterode am Freitag sagte, starb der 54-Jährige dort womöglich sogar schon Ende April 2013. Ein Jogger habe die mumifizierte Leiche entdeckt, als er – abweichend von seiner üblichen Laufrunde – von einem Waldweg aus eine Abkürzung nehmen wollte. Der Hochsitz stehe 100 Meter vom befestigten Wanderweg zur Hanskühnenburg entfernt versteckt hinter Bäumen.
Die Leiche sei bereits am 31. Januar gefunden worden, als noch Schnee lag. Der Tote lag rücklings auf dem Hochsitz, die Füße auf einer der oberen Leitersprossen. Die mittlerweile abgeschlossene Obduktion ergab keine Hinweise auf Fremdverschulden, aber auch keine auf Suizid. Denkbar sei, dass der als alkoholkrank bekannte Mann auf dem Hochsitz übernachten wollte und dort einem Herzinfarkt erlag, sagte der Polizeisprecher. „Er hatte eine Wohnung im April aufgegeben, nachdem er sich wegen Mietschulden mit dem Vermieter zerstritten hatte.“ Das letzte Lebenszechen gab es am 26. April 213. An dem Tag sei der Mann bei der Polizei wegen eines Ladendiebstahls und wegen Sachbeschädigung in der Wohnung befragt worden. „Seitdem verliert sich die Spur.“ An die Stadt habe sich der Wohnungslose offenbar nicht wegen einer neuen Bleibe gewandt.
Niemand habe den Thüringen stammenden 54-Jährigen vermisst gemeldet, der seit rund zwei Jahren in einem Ortsteil von Osterode lebte. „Seine Schwester dachte, er macht mal wieder eine Entziehungskur.“ Bei der Obduktion seien Ausweispapiere des Mannes gefunden worden, und sicherheitshalber sei zusätzlich DNA entnommen worden. Dass ein Hochsitz über viele Monate nicht von Jägern genutzt wird, sei nach Auskunft eines örtlichen Försters kein Einzelfall, berichtet der Polizeisprecher: dann nämlich, wenn das Wild neuerdings andere Stellen bevorzugt. So war es erst der Jogger, der durch unberührten Schnee zu dem Hochsitz lief – und nach de grausigen Fund sofort die Polizei alarmierte.
HAZ vom 11.02.2014, S. 12:
Grüne: Keine Zwei-Klassen-Unterbringung
Bedingungen für Flüchtlinge sollen auch für Obdachlose gelten / Roma-Familien haben Turnhalle verlassen
Von Andreas Schinkel
Der Ausbau einer ehemaligen Förderschule zur Notunterkunft für bis zu 150 Obdachlose hat in der hannoverschen Ratspolitik zwiespältige Reaktionen ausgelöst. Einerseits sehen die Parteien ein, dass sich die Stadt vorbereiten muss auf mögliche Zuwanderer aus Südosteuropa, die in Hannover keine Bleibe finden. Andererseits befürchten die Ratspolitiker, dass am Burgweg eine Massenunterkunft für wohnungslose Roma-Familien entstehen könnte. Denn ein paar Schritte von der Förderschule entfernt stehen bereits Wohncontainer, in denen Zuwanderer einquartiert sind. "Die Bedingungen für Obdachlose dürfen nicht schlechter sein als die für Flüchtlinge", sagt Grünen-Sozialpolitikerin Kathrin Langensiepen. Eine "Zwei-Klassen-Unterbringung" müsse vermieden werden.
Die Forderung der Grünen hat weitreichende Konsequenzen. Denn für die Unterbringung von Flüchtlingen, die aus Ländern außerhalb der EU kommen und in Deutschland Asyl beantragen, hat der Rat kürzlich neue Standards beschlossen. So dürfen nur bis zu 50 Flüchtlinge unter einem Dach leben. „Massenunterkünften“ erteile man damit eine Absage, hieß es zur Begründung. Für zugewanderte Roma-Familien, die in Hannover keine Bleibe finden, gilt die neue Vorschrift nicht. Denn sie sind keine Flüchtlinge, sondern EU-Bürger, die volle Freizügigkeit genießen. Insofern verstößt die Stadt auch nicht gegen ihre eigenen Standards, wenn sie die ehemalige Paul-Dohrmann-Schule im Burgweg komplett belegt. Würde man aber für obdachlose Südosteuropäer denselben Maßstab bei der Unterbringung anlegen wie für Flüchtlinge, wären die Kapazitäten in der ehemaligen Förderschule auf 50 Plätze begrenzt.
Das gesamte Konzept der Obdachlosenunterkunft sei „mit der heißen Nadel gestrickt“, sagt CDU-Fraktionschef Jens Seidel. Letztlich befänden sich Förderschule und Wohncontainer am Burgweg in einer Randlage. „Wir brauchen einen integrativen Standort“, sagt Seidel. Oberbürgermeister Stefan Schostock (SPD) müsse in einen Dialog mit den Bürgern treten, um über die Frage der Unterbringung zu diskutieren. „Der Stadtteil Burg ist gebeutelt“, sagt auch FDP-Fraktionschef Wilfried Engelke. Als Notunterkunft sei ein Klassenzimmer aber immer noch besser als eine Turnhalle. Damit spielt Engelke auf die Sporthalle in der Wörthstraße an, in der 27 Mitglieder von Roma-Familien untergebracht waren. Nach Informationen der HAZ steht die Halle jetzt leer, denn ein Teil der Südosteuropäer fand mithilfe der Stadt neue Wohnungen. Ein anderer Teil der Roma ist in die Containersiedlung an der Alten Peiner Heerstraße gezogen.
Die Unterbringung in der Turnhalle hatte im vergangenen Jahr Aufsehen erregt. Ärzte der Caritas schlugen Alarm, weil sie das Domizil in schlechter Erinnerung hatten. 2012 quartierte die Stadt schon einmal obdachlose Zuwanderer in der Sporthalle ein. Nach einiger Zeit waren die hygienischen Zustände katastrophal, Hepatitis brach aus, sodass die Gesundheitsbehörde die Halle schloss.
„Eine Turnhalle ist kein Baustein für eine konzeptuelle Unterbringung“, sagt Caritas-Chef Andreas Schubert. Er hofft, dass die Stadt die Roma in ihren neuen Wohnungen nicht allein lässt. „Das neue Umfeld erfordert Begleitung“, sagt Schubert.
HAZ vom 10.02.2014, S. 9:
Förderschule wird Obdachlosenheim
Paul-Dohrmann-Schule in Burg soll als Unterkunft dienen / Schröder-Köpf hat Bedenken
Von Andreas Schinkel
Die Stadt Hannover bereitet sich auf eine steigende Zahl von obdachlosen Zuwanderern aus Südosteuropa vor und baut eine ehemalige Förderschule zur Notunterkunft aus. Nach Informationen der HAZ sollen bis zu 150 Menschen in den ehemaligen Klassenzimmern der Paul-Dohrmann-Schule im Stadtteil Burg einquartiert werden. Handwerker stellen derzeit Betten auf und richten die Räume her. Gleich nebenan gibt es bereits eine Obdachlosenunterkunft, in der Roma-Familien leben. Die Containeranlage wurde erst kürzlich mit zusätzlichen Wohnmodulen aufgestockt, sodass dort schon jetzt Platz für mehr als 60 Menschen ist.
Vereinssportler, die die ehemalige Turnhalle der Förderschule nutzen und die räumlichen Gegebenheiten kennen, befürchten nun soziale Konflikte und haben Niedersachsens Integrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf (SPD) um Stellungnahme gebeten. „Grundsätzlich sollten dort nicht so große Gruppen von obdachlosen Zuwanderern zusammen untergebracht werden“, sagte Schröder-Köpf der HAZ. Auf der anderen Seite könne die Stadt nicht vorhersehen, wie viele Zugewanderte künftig Hilfe benötigten. „Da kann es passieren, dass kurzfristig mehr Menschen zusammengelegt werden müssen“, sagt sie. Letztlich dürfe die Stadt keine Familie auf der Straße stehen lassen.
Quelle: Archiv der HAZ
Die Sozialdemokraten im Rat bleiben gelassen. Zwar gebe es das ehemalige Schulgebäude her, dort bis zu 150 Menschen unterzubringen, sagt Fraktionsvize Thomas Hermann. „Aber die Stadt würde eine Komplettbelegung nicht als Dauerlösung zulassen.“
Die Stadtverwaltung selbst gibt sich zugeknöpft. Sie bestätigt lediglich, dass die Schule derzeit als „Notfallunterkunft“ hergerichtet wird. Zahlen zu den Kapazitäten will man aber nicht nennen, und noch sei dort niemand einquartiert. „Wir werden einen gewissen Standard einhalten und die Menschen gut unterbringen“, versichert Stadtsprecher Alexis Demos. Keinesfalls wolle man ein „Lager“ in den Räumen der ehemaligen Paul-Dohrmann-Schule errichten.
Damit folgt die Stadt der von Oberbürgermeister Stefan Schostock (SPD) vorgegebenen Linie. Wo Not ist, werde man helfen, hatte er zugesichert. Aber zugleich werde man keine Anreize schaffen. Daher hält sich die Stadt jetzt bedeckt, wenn es um die Unterbringungsmöglichkeiten für obdachlose Zuwanderer geht. Sollte es sich in den Heimatländern herumsprechen, dass hier Unterkünfte vorgehalten werden, kämen immer mehr Menschen, heißt es hinter vorgehaltener Hand im Rathaus.
Jedoch ist die Zahl der Zuwanderer aus Südosteuropa in Hannover seit dem 1. Januar „nicht signifikant“ angestiegen, wie Stadtsprecher Demos berichtet. Man wolle aber vorbereitet sein und deshalb die Notunterkunft im Burgweg einrichten.
Der Deutsche Städtetag hatte befürchtet, dass es in diesem Jahr deutlich mehr Rumänen und Bulgaren, die in ihrer Heimat in bitterarmen Verhältnissen leben, in deutsche Städte zieht. Denn ab dem 1. Januar gilt für die beiden EU-Länder die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Eine Reisewelle nach Deutschland ist bisher ausgeblieben. Doch schon jetzt haben Städte wie Dortmund, Berlin und auch Hannover alle Hände voll zu tun, obdachlosen Roma-Familien ein Dach über dem Kopf zu geben und sie zu integrieren.
HAZ vom 10.02.2014, S. 10:
Zwei Feuer in Wohnheimen gelöscht
Von Jörn Kießler
Zwei Unterkünfte haben am Sonntag in Hannover und Gehrden gebrannt. In Gehrden handelte es sich um ein Gebäude für Obdachlose, im hannoverschen Stadtteil Misburg um ein Flüchtlingswohnheim.
In Gehrden retten die Brandschützer nach Angaben der Feuerwehr drei Männer und eine Frau aus dem Feuer. Einer der Männer musste mit einer Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Gegen 17.45 Uhr war in dem Haus auf dem Gelände am Bünteweg aus bisher ungeklärter Ursache das Feuer ausgebrochen. Da die Feuerwache nur wenige Meter entfernt ist, waren die Einsatzkräfte binnen Minuten am Brandort. Meterhoch loderten die Flammen aus dem Gebäude. Trotzdem brachte die Feuerwehr das Feuer schnell unter Kontrolle.
Quelle: Dillenberg
Am Sonntagmorgen brannte es in dem Flüchtlingswohnheim „Sleep in“ in Misburg-Nord. Ein Rauchmelder alarmierte gegen 7.30 Uhr den Wachmann in dem Gebäude an der Deurag-Nerag-Straße. Als die Rettungskräfte eintrafen, hatte der Mann bereits alle 26 Bewohner ins Freie gebracht. Die Einsatzkräfte löschten daraufhin den Brand, der in der Küche des Hauses ausgebrochen war. Verletzt wurde bei dem Feuer niemand.
HAZ vom 06.02.2014, S. 15:
Hoffen auf die zweite Chance
Manche Jugendliche hatten bislang kaum Aussicht auf einen Ausbildungsplatz - vor allem wenn sie straffällig geworden sind. Das ändert sich jetzt langsam. Denn Lehrlinge werden dringend gesucht.
Von Bernd Haase
Der Küchenbereich der Kulturwerkstatt Süd des diakonischen Werkes in der Kleefelder Hölderlinstraße ist zweigeteilt. Links schnippeln junge Männer und Frauen Möhren, Zwiebeln und Paprika; rechts hantieren andere mit Pfannenwendern und Rührlöffeln. Es geht geschäftig zu, der Auslieferungstermin für den Cateringdienst rückt näher. Auf dem Speiseplan stehen heute wahlweise Schweinelachsbraten mit Mischgemüse und Kartoffelgratin oder Eblygemüsepfanne. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man denken, die Kulturwerkstatt Süd sei eine normale Großküche. Ist sie aber nicht, und das liegt am Personal. Hier arbeiten einige junge Leute, die in ihrem Leben Mist gebaut haben. Und die nun lernen, was man an praktischen Fähigkeiten und sogenannten Sekundärtugenden - also Dinge wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit - mitbringen muss, wenn man eine zweite Chacne bekommen will. Einen Ausbildungsplatz.
Einer wie Dennis Guretzke hätte sich vor drei, vier Jahren gar nicht erst bewerben müssen. Der schmächtige junge Mann mit dem kurz geschorenen Haar saß im Gefängnis, verurteilt wegen Einbruchsdiebstahls. Für Ausbildungsbetriebe und Lehrmeister war ein derartiger Makel im Lebenslauf ein Ausschlusskriterium, es gab ja gneug Bewerber für Lehrstellen. Inzwischen hat sich der Markt gedreht. Immer häufiger können Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht mehr besetzen, weil es zu wenige oder zumindest zu wenig geeignete Asprianten gibt. Dies, so die Theorie, führt dazu, dass Betriebe nicht mehr nur auf Zeugnisse und Lebenslauf gucken, sondern auch Bewerber zum Vorstellungsgespräch bitten, auf die sie sich früher nicht eingelassen hätten.
"In der Praxis hat sich dieser Gedanke noch nicht überall durchgesetzt", sagt Ingelore Holz, Geschäftsführerin der Werkstätten Stadtkirchenverband Hannover. Dort läuft das Projekt Perspektivwechsel, das straffällig gewordenen Jugendlichen einen neuen Anfang ermöglichen soll.
Dennis Guretzke hat mindestens eine Eigenschaft an den Tag gelegt, die moderne Arbeitgeber schätzen: Flexibilität. "Ich bin nach Hannover gekommen, weil es hier viele Betriebe gibt, und weil es eine große Stadt ist, in der mich niemand kennt. Das ist gut für einen zweiten Start", sagt der 21-Jährige, der in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern geboren ist und den es danach nach Peine, Greven (bei Münster) und Nordhorn verschlagen hat - Kleinstädte, in denen man als Heranwachsender Langeweile schieben und auf dumme Gedanken kommen kann.
Guretzke, dessen Eltern sich getrennt haben der früh in seinem Leben den familiären Halt verlor, erzählt seine Geschichte frank und frei, ohne dabei die Augen zu senken: Wie er an Kumpels geriet, von denen er im Nachhinein sagt, es seien "die falschen Leute gewesen". Wie er, um "zu beweisen, dass man mithalten kann und dazugehört", Dinge tat, die man besser lässt. Und wie das Ganze dann dazu führte, dass er Gefahr lief, sein Leben zu verpfuschen.
In Guretzkes Clique wurde gekifft, in Läden geklaut. Als man ihn erwischte, bekam er Sozialstunden im Tierpark Nordhorn aufgebrummt. "Ich musste die Drecksarbeit leisten, die die angestellten Mitarbeiter nicht machen wollten", sagt er. Mit 18 Jahren war er obdachlos, lebte in einer Unterkunft, wo er aber nach eigenen Angaben "mit den Alkis nicht klarkam". Er landete auf der Straße. Damals hatte er einen gesetzlichen Betreuer, der, so schildert es Guretzke, seine Tätigkeit eher nachlässig ausübte, sodass es zu einer Sperre von Hartz-IV-Leistungen kam.
Mit einem Bekannten ist er dann in das Büro des Betreuers eingestiegen; sie stahlen Geld und Elektrogeräte. "Es war ein Racheakt", sagt Guretzke. Die Sache flog auf, das Gericht schickte ihn für 14 Monate in die Jugendanstalt Hameln. Dort wurde er Ende vergangenen Jahres nach acht Monaten wegen guter Führung vorzeitig entlassen.
"Wir dürfen keinen aufgeben", lautet das Credo von Vertretern der Jobcenter oder der Jugendhilfe, wenn es um Jugendliche mit Brüchen im Lebenslauf geht. Deshalb gibt es Einrichtungen wie die Werkstätten des Stadtkirchenverbandes in Kleefeld und in Linden, die sich um "bisher prspektivlose Jugendliche und Heranwachsende kümmern", wie Geschäftsführerin Ingelore Holz sagt. Dazu zählen auch Jugendliche, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Gemäß ihren Fähigkeiten bekommen sie soziales Training und praktische Ausbildung. In Kleefeld sind die Fachbereiche Veranstaltung, Gastronomie, Einzelhandel und Büromanagement angesiedelt,
Es geht nicht um graue Theorie, sondern um handfeste Praxis. Die Werkstätten betreiben einen Cateringdienst und einen täglichen Mittagstisch für Senioren im Veranstaltungsraum, in dem sie auch bei Hochzeiten oder Betriebsfeiern auftischen.
Dort ist nun Dennis Guretzke gelandet, der weder Auto noch Handy besitzt, dafür aber eine Wohnung in der Jugendwerksiedlung in Misburg bekommen hat. In seiner Freizeit angelt er.
"Eigentlich habe ich alles, was ich zum Leben brauche", sinniert er - wenn da nicht die Sache mit dem Ausbildungsplatz wäre. Rund 50 Bewerbungen hat er geschrieben, nicht ein einziges Mal ist er überhaupt zum Vorstellungsgespräch vorgelassen worden. Dabei ist es nicht so, dass er gar nichts vorweisen kann: Er hat einen Hauptschulabschluss, ein Berufsgrundbildungsjahr und ein Praktikum in einer Nordhorner Autowerkstatt als Fahrzeuglackierer absolviert. Er sagt von sich, dass er schnell lerne, ordentlich und selbstständig arbeiten könne. Die Sozialarbeiterin Agnes Jaskolowski, die ihn betreut, nicht zustimmend.
Dennis Guretzke würde am liebsten eine Ausbildung als Maler und Lackierer beginnen, wäre aber auch für alle anderen Berufsbereiche offen. Er fände es sehr schön, wenn ein Ausbildungsbetrieb sich tatsächlich für den heutigen Dennis Guretzke interessieren würde und nicht für den, dem bisher vieles misslang. Bis Ende August muss sich entscheiden, ob der Perspektivwechsel funktioniert. So lange läuft für ihn das Projekt. Die Vermittlungsquote der Werkstäten liegt nach Angaben von Ingelore Holz bei 40 Prozent.
HAZ vom 03.02.2014, S. 3:
Jede Woche drei tote Kinder
Die Rechtsediziner Saskia Guddat und Michael Tsokos beklagen das alltägliche Versagen des deutschen Kinderschutzsystems - und fordern Konsequenzen
Von Gabi Stief
Berlin. Yagmur wurde drei Jahre alt. Weihnachten stand vor der Tür, als sie qualvoll an inneren Blutungen und einer zerrissenen Leber in einer Sozialwohnung in Hamburg-Billstedt starb. Der kleine Körper war übersät mit Blutergüssen, die überschminkt waren, als die Rettungskräfte eintrafen. Der 25 Jahre alte Vater soll Yagmur totgeschlagen haben. Die 26 Jahre alte Mutter hat vermutlich weggeschaut.
Yagmur ist nicht der erste Fall von Kindesmisshandlung, der in den vergangenen Jahren öffentlich wurde. Auch Chantal, Jessica, Kevin oder Michel wurden berühmt, als es bereits zu spät war. Jede Woche sterben laut Polizeistatistik drei Kinder, weil sie in der eigenen Familie geschlagen, erniedrigt und gequält wurden. In vermüllten Wohnungen im Problemviertel oder in der Villa am Stadtrand. Etwa 70 Kinder werden jede Woche schwer misshandelt, aber überleben. Wohlgemerkt: ohne Berücksichtigung der Dunkelziffer.
Die Täter werden selten belangt. „Es ist immer das Gleiche“, sagt die Berliner Rechtsmedizinerin Saskia Guddat. „Weil nicht geklärt werden kann, ob der Vater oder die Mutter zugeschlagen hat, kommen beide frei.“ Wenn niemand verurteilt wurde, schickt das Familiengericht das Kind zurück zu seinem Peiniger. Besser wird meist nichts. „Sie hören nicht auf. Es sind Serientäter“, sagt Guddat.
Saskia Guddat kennt sich aus. Sie wird nicht nur zur Leichenschau gerufen, sondern auch in die Notaufnahme, wenn Klinikärzte bei der Versorgung verletzter Kinder stutzig werden. Sie erkennt, ob ein Kind vom Sofa gefallen ist oder geschlagen wurde. Sie kann sagen, ob der Hund oder die Mutter den Säugling gebissen hat – und ob die Brandwunde auf der Wange von einer ausgedrückten Zigarette stammt.
Weil sie es nicht mehr ertragen wollte, dass viele wegschauen, wenn Eltern prügeln, hat sie gemeinsam mit dem renommierten Leiter der Rechtsmedizin an der Charité in Berlin, Michael Tsokos, ein Buch über ihren Berufsalltag geschrieben. Es ist die erschütternde Klageschrift gegen ein System, das Kinderschutz verspricht, aber Tag für Tag versagt. „Es ist ungewöhnlich, dass jemand in diesem System aufsteht“, sagt Tsokos. „Aber wir wollen die Familienpolitiker und viele andere wachrütteln.“
Zum System gehören die Behörden, die das Kindeswohl schützen sollen. Yagmur wurde seit ihrer Geburt von verschiedenen Jugendämtern betreut. Zeitweilig wohnte sie bei einer Pflegefamilie. Im August vergangenen Jahres kam sie zurück zu den leiblichen Eltern, auf Wunsch der Mutter und mit Zustimmung einer Familienrichterin. Dabei hatte der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel die kleine Yagmur bereits im Januar 2013 aufgrund „massiver Verletzungen“ an Kopf und Bauch für „hochgradig gefährdet“ erklärt. Püschel erstattete Anzeige; doch die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein – wenige Wochen später starb Yagmur.
„In allen bekannten Todesfällen waren Jugendämter längst in den Familien gewesen“, sagt Tsokos. „Die Kinder sterben unter den Augen der Wächter.“ In ihrem Buch schildern die beiden die Tricks der Eltern, mit denen Familienhelfer getäuscht werden. Mal wird der Sozialarbeiterin ein anderes gesundes Kind vorgeführt, während das Sorgenkind im Keller verhungert. Ein anderes Mal werden die Kinder regelmäßig mit Medikamenten ruhiggestellt und ins Bett gelegt, wenn ein Kontrollbesuch ansteht.
Es funktioniere, so meinen die beiden Mediziner, weil „das System“ fehlerhaft sei. Die schlecht bezahlten Familienhelfer sind häufig jung und unerfahren. Die Verbände, die sich im Auftrag der Jugendämter um die Familien kümmern, sind finanziell abhängig von den Ämtern. Wer die Empfehlung ausspricht, ein Kind aus der Familie zu nehmen, riskiert, seinen Auftrag zu verlieren. Zudem ist die Inobhutnahme eine teure Variante, die das Jugendamt aus Kostengründen gern vermeidet.
Saskia Guddat und Michael Tsokos fordern eine bessere Schulung der Kinderschützer. Sie plädieren für Gewaltschutzambulanzen, die jederzeit als versierte Ansprechpartner helfen, und eine verpflichtende Leichenschau für jedes tote Kind. Sie wünschen sich von der Familienministerin eine Agenda für die nächsten Jahre. Die Reformen der vergangenen Jahren seinen nur Flickschusterei gewesen, sagt Tsokos.
Doch wie erklärt er sich das Wegschauen? „Wir wollen nicht wahrhaben, dass nicht der „Schwarze Mann“, sondern die Eltern die Gefährlichen sind.“ Die Familie sei noch immer heilig. Dabei gehe es nicht um den Klaps auf den Po. Er habe Kinder kennengelernt, die geschüttelt wurden, bis sie blind waren. Er habe Kinder untersucht, die so geschlagen wurden, dass sie nie im Leben einen Schulabschluss schaffen werden. „Das Einzige, was sie zu Hause lernen, ist Gewalt.“ Aus den Opfern, die überlebten, würden dereinst oft selbst Täter.
Die Eltern von Yagmur sitzen seit Dezember in Untersuchungshaft. Die Hamburger Jugendhilfeinspektion kommt in einem internen Prüfbericht zu dem Ergebnis, dass die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamts „gegen anerkannte Grundsätze guter Sozialarbeit“ verstoßen habe.
„Der Tod des Mädchens geht uns allen sehr nahe, und wir wollen gemeinsam allen daransetzen, den tragischen Fall restlos aufzuklären“, erklärte der Leiter des zuständigen Bezirksamts im Dezember. Ein Satz, den die beiden Rechtsmediziner Tsokos und Guddat schon sehr oft gehört haben.
Literatur-Tipp: Saskia Guddat und Michale Tsokos: „Deutschland misshandelt seine Kinder“, 256 Seiten, Droemer Verlag, 19,99 Euro.
HAZ vom 31.01.2014, S. 2:
Freibier für die Trinkerszene
Von Dirk Schmaler
Es ist eine ungewöhnliche Idee, die der Sozialdezernent der Stadt Essen in dieser Woche präsentiert hat. Weil die Trinkerszene rund um den Bahnhof in der nordrhein-westfälischen Stadt regelmäßig Müllberge und Dreck hinterlasse, will er die Betroffenen dazu bewegen, ihre Umgebung selbst zu putzen. Als Motivationshilfe hat sich Sozialdezernent Peter Renzel etwas Kühnes ausgedacht: Die putzwilligen Trinker sollen Freibier bekommen.
Schon morgens vor dem Putzeinsatz könnte es ein oder zwei Dosen geben, danach über den Tag verteilt mehrere weitere Bierrationen. Im Gegenzug sorgen die Trinker dafür, dass die Plätze in der Innenstadt sauber bleiben. Von der Freibierstrategie erhofft sich die Stadt weniger Probleme für Geschäftsleute und eine lebenswertere Innenstadt. Zudem solle die Putzaktion den Abhängigen eine verlässliche Tagesstruktur geben. Auch sind sie für ein paar Stunden nicht bei ihren Treffpunkten und trinken in dieser Zeit kontrolliert Alkohol – Bier und nichts Hochprozentiges. Schätzungen zufolge gibt es in der Stadt rund 1.000 Trinker, etwa 100 halten sich in der Regel in der Innenstadt auf.
Die Idee für das Projekt stammt ursprünglich aus Amsterdam. Dort werden seit Jahren rund 20 Suchtkranke als Straßenreiniger beschäftigt. Sie arbeiten drei Tage die Woche jeweils von neun bis 15.30 Uhr und halten in dieser Zeit Plätze und Grünanlagen sauber. Bis zu sieben Dosen Bier bekommen sie dafür pro Tag, außerdem ein halbes Päckchen Tabak und bis zu zehn Euro in bar. Die Kosten tragen die Stadt Amsterdam und eine Stiftung. Mitarbeiter der Suchthilfe in Essen sind extra in die Niederlande gereist, um sich das Projekt genauer anzuschauen. Ihren Eindruck schildern sie in einem Erfahrungsbericht, den der Sozialdezernent gelesen hat. Dort heißt es, die Ansammlung von Trinkern in den Parks habe sich durch die Mitarbeiter deutlich reduziert. „Und die Anwohner betonen ihre hohe Zufriedenheit über die tägliche Säuberung des Quartiers“, zitiert die „Westdeutsche Allgemeine“ aus dem Bericht. Stadtdezernent Renzel, der der CDU angehört, kündigte gestern an: „Ich möchte das auch in Essen testen“. Er werde über die Umsetzung demnächst mit dem Jobcenter und der Suchthilfe diskutieren.
Auch in Bremen kümmert man sich in nicht alltäglicher Art um Menschen auf der Straße – wenn auch in weniger umstrittener Weise. Seit einigen Tagen dürfen obdachlose Menschen in der Hansestadt kostenlos in Bussen und Straßenbahnen mitfahren, um sich aufzuwärmen. Die Erlaubnis gilt bei anhaltender Kälte zunächst bis Ende Februar. Auch Hunde dürfen Obdachlose mitnehmen. Ein Sprecher der Bremer Stadtbahn Aktiengesellschaft (BSAG) erklärte, er verstehe die Aktion als Zeichen aller Fahrgäste und des Unternehmens an Menschen in Not, ihnen gemeinsam beizustehen. In den vergangenen beiden Jahren sei die Resonanz der Fahrgäste sehr gut gewesen, viele Menschen hätten das Angebot genutzt. „Wir bitten alle Bremerinnen und Bremer darum, frierende, wohnungslose Mitmenschen auf diese Möglichkeit in unserer Stadt hinzuweisen“, heißt es in einer Mitteilung der Stadtbahn-Betreiber.
HAZ vom 24.01.2014, S. 14:
„Wir werden aufdringlich“
Ein Team von Pace mobil bietet jungen Menschen in Not vor Ort Unterstützung an
Von Bernd Haase
Paul B., ein junger Mann, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen mag, hat eines Tages unangemeldeten Besuch bekommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der 24-Jährige einiges hinter sich. Der familiäre Halt war verloren gegangen, das Vertrauen in Behörden auch. „Ich bekam Sanktionen vom Jobcenter, konnte die Miete nicht mehr bezahlen und wurde obdachlos“, erzählt er. Er lebte zusammen mit seinem Hund eine Zeit lang auf der Straße. Als die Verhältnisse schlechter wurden, gab er das Ter ab und meldete sich selbst in einem Obdachlosenheim an. Die Besucher, die dann bei Paul B. unverhofft klingelten, waren Sozialarbeiter des Projektes Pace mobil.
Bei Region und Jobcentern ist schon seit Längerem die Erkenntnis gereift, dass man erstens keinen jungen Menschen in Nöten abschreiben sollte - egal, ob die Situation selbst verschuldet ist oder nicht. Und dass man zweitens in manchen Fällen nicht warten sollte, bis Jugendliche und junge Erwachsene von sich aus um Hilfe rufen. „Wir werden aufdringlich und fahren einfach hin“, sagt Sozialdezernent Erwin Jordan.
Pace mobil wurde vor knapp einem Jahr ins Leben gerufen. Zur Verfügung stehen den Sozialarbeitern zwei in Laatzen und Hannover stationierte Kleinbusse. Wegen des Erfolgs und des immer noch hohen Bedarfs kommen zwei weitere hinzu: einer in Garbsen und einer in Langenhagen. „Einsatzgebiet ist die gesamte Region, aber wir sind schwerpunktmäßig in Hannover unterwegs“, sagt Projektkoordinatorin Petra Langelotz.
Der typische Klient von Pace mobil hat eine ähnliche Biografie wie Paul B. Ein Muster wiederholt sich: „Die jungen Menschen sind Hartz-IV-Bezieher, kommen ihren Pflichten etwa bei Meldeauflagen oder Teilnahme an Qualifizierungsprogrammen nicht nach und erhalten dann Sanktionen. Die begreifen sie aber nicht als Ermahnung, sondern als Mechanismus der weiteren Ausgrenzung“, schildert Jordan.
Die Listen möglicher Kunden erhalten die Sozialarbeiter vom Jobcenter. „Wir fahren dann hin und haben oft den Eindruck, es sei ein Moment, auf den die Betroffenen gewartet haben“, sagt Sozialarbeiter Gerd Geil. Die Kleinbusse verfügen über abgetönte Scheiben, um bei Gesprächen eine Intimsphäre zu haben, und über eine Büroausstattung samt Internetanschluss. Geil und seine Kollegen klären dann erst einmal die Situation des Betroffenen und stricken erste Hilfskonzepte. Wer ist überhaupt bereit, Hilfen anzunehmen? Wer braucht eine Wohnung, wer eine Schuldnerberatung, wer eine berufliche Qualifizierung ?
In den ersten Monaten zwischen April und Ende Dezember 2013 hat Pace mobil 78 Menschen im Durchschnitt etwa vier Wochen lang betreut, die große Mehrheit von ihnen junge Männer. Fast jedem zweiten konnten die Sozialarbeiter weiterhelfen. „Einige gingen in Ausbildung, einige wieder zur Schule, sechs in Betreuung und vier in eine Therapie“, bilanziert Langelotz. Insgesamt stehen derzeit noch 120 potenzielle Klienten auf der Warteliste.
Paul B. hat Pace mobil als Chance begriffen und sie genutzt. Er ist von seinen Schulden runter, hat eine Wohnung und absolviert eine Ausbildung zum Kurier- und Postfahrer.
Info: Intensive und individuelle Betreuung
Das Kürzel Pace steht für Pro-Aktiv-Center und ist ein Landesprogramm, das von der Region Hannover umgesetzt wird. Ziel ist es, benachteiligte junge Menschen im Alter von 14 bis 27 Jahren durch intensive und individuelle Betreuung in eine Ausbildung, ein Praktikum, eine Qualifizierung oder in einen freiwilligen Dienst zu vermitteln. Pace verfügt über insgesamt rund 40 Mitarbeiter. Sie arbeiten in 13 stationären Anlaufstellen und seit knapp einem Jahr auch mit den Kleinbussen für den mobilen Dienst, bei dem es sich um eine auch aus anderen Bereichen bekannte Form der aufsuchenden Sozialarbeit handelt. Nach Angaben von Dietmar Langer, Mitglied der Geschäftsführung der Jobcenter, sind im Raum Hannover 6.000 junge Menschen Harzt-IV-Empfänger. Etwa 8 Prozent davon haben wegen Verstößen gegen Auflagen schon einmal finanzielle Sanktionen hinnehmen müssen.
Pace kostet rund zwei Millionen Euro im Jahr. Die Hälfte davon zahlt das Land mit Unterstützung des Sozialfonds der Europäischen Union. Ein knappes Drittel steuert die Region bei, den Rest das Jobcenter.
HAZ vom 21.01.2014, S. 12:
Wohnungslose
Von Veronika Thomas
Die Stadt erweitert ihre Unterkunft für Wohnungslose in der Wörthstraße in Vahrenwald. Noch in diesem Jahr soll die Einrichtung für 962.000 Euro um 24 Einzelzimmer und ein Zweibettzimmer ausgebaut werden. Das hat der Sozialausschuss gestern beschlossen. Der zusätzliche Wohnraum entsteht im Dachgeschoss des Gebäudes. In der Wörthstraße sind zurzeit obdachlose, alleinstehende Männer untergebracht. Künftig sollen dort auch wohnungslose Frauen mit Behinderungen eine Unterkunft erhalten.
Die Zahl der Wohnungslosen in Hannover steigt seit Jahren an. Zum Stichtag 31. Oktober 2010 registrierte die Stadt noch 503 Obdachlose, Ende Oktober 2013 waren es bereits 733. Für sie stehen stadtweit 160 Wohnungen und 300 Wohnheimplätze zur Verfügung.
HAZ vom 17.01.2014, S. 12:
Opfer von Messerangriff ist jetzt ein Pflegefall
Eifersüchtiger Mann dringt über Balkon in Wohnung ein – jetzt steht er wegen versuchten Totschlags vor Gericht
Von Michael Zgoll
Ein Verbrechen im hannoverschen Drogen-und Obdachlosenmilieu beschäftigt seit gestern das Schwurgericht. Christian K. soll seine ehemalige Partnerin mit Messerstichen so schwer verletzt haben, dass sie nur mit viel Glück überlebte. Holger Nitz, der Verteidiger des 34-Jährigen, verlas ein ausführliches Geständnis des Angeklagten. Dieser steht nicht nur wegen versuchten Totschlags vor Gericht, sondern auch wegen weiterer Delikte, die mit dem Eifersuchtsdrama zusammenhängen. Auch das Opfer sagte gestern aus: Eine gesundheitlich ruinierte Frau, die jetzt in einem Pflegeheim lebt.
Die Bluttat geschieht im Juli 2013 in einer Wohnung in Vahrenheide. Das Opfer, eine heute 42 Jahre alte, drogenabhängige Frau, ist für ein paar Tage bei einem alten Freund untergekommen. Der 36-Jährige hat sie in „Schutzhaft“ genommen, wie er es nennt, weil ihr Christian K. seit einer Woche nachstellt. In der Unterkunft für drogenabhängige Obdachlose in Lahe hat er die Frau einige Tage zuvor geschlagen und ihr eine Üstra-Monatsfahrkarte weggenommen. Auch der 36-Jährige hat in einer Misburger Einrichtung für Wohnungslose bereits Tritte und Schläge von K. kassiert. Der in Stralsund geborene Täter ist seit Jugendtagen gewalttätig, hat schon oft im Gefängnis gesessen. Nun kommt er offenbar nicht damit klar, dass sich seine Ex-Freundin mit anderen Männern trifft.
Am Tatabend klopft es an der Tür. Die Frau und ihr Beschützer öffnen nicht, gucken Fernsehen. Plötzlich steht Christian K. im Zimmer. Er ist auf das Dach gestiegen, hat sich auf den Balkon im zweiten Stock heruntergelassen, dort steht die Tür offen. Nach eigenem Bekunden hat er über den Tag verteilt bereits viel Alkohol und Drogen konsumiert. Nach einigen verbalen Drohungen attackiert er den 36-Jährigen mit einem Messer, doch der kann ausweichen. Dieses Glück hat die kleingewachsene Frau nicht: Ihr Ex-Freund sticht ihr in die Halsschlagader, ein Stich verletzt die Leber, ein weiterer dringt in ihren Oberschenkel ein. Der Täter flieht, schließt die Wohnungstür von außen ab. Der Wohnungsinhaber ruft die Polizei; wenige Minuten später treten Beamte die Tür ein, ein Notarzt kümmert sich um das Opfer. K. wird schon am nächsten Tag gefasst.
Der 36-Jährige, der dem Messerangriff nur knapp entging, war gestern als Zeuge geladen. Er habe sich so viel Mut angetrunken dass er nicht mehr verhandlungsfähig sei, außerdem brauche er einen Anwalt. Den Vorsitzenden Richter Wolfgang Rosenbusch brachte das nicht aus dem Konzept: Er ließ eine Polizistin kommen, die den Mann mit der deutlich zu riechenden „Fahne“ in ein Messgerät blasen ließ. Weil ein Blutalkoholwert von 1,73 Promille einen Trinker nicht aus der Bahn wirft, lehnte das Gericht seinen Antrag schließlich ab. Das Ergebnis gab der Kammer recht – der Zeuge machte einige gut verständliche Angaben.
Wesentlich schwieriger gestaltete sich die Befragung des eigentlichen Opfers. Die 42-Jährige mit der Kurzhaarfrisur antwortete sehr einsilbig, sprach mit monotoner Stimme, konnte sich oft nicht an die einfachsten Dinge erinnern. Nach der Bluttat hatte sie mehrere Monate in verschiedenen Kliniken verbracht, zudem einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt erlitten. Nun kann sie ihren linken Arm kaum noch bewegen, hat etliche Narben am Kopf, leidet unter Depressionen und ist gelegentlich desorientiert. Wenig anfangen konnte sie gestern auch mit der Entschuldigung, die ihr Christian K. anbot – doch das ist sicher nicht verwunderlich.
HAZ (Stadt-Anzeiger Süd) vom 16.01.2014, S. 4:
Spende für Kinder in St. Joseph
SÜDSTADT. (hs) Der Lions Club Hannover Löwenbastion hat den Erlös seiner diesjährigen Spendenaktion auf dem Lister Weihnachtsmarkt den 16 Kindern gestiftet, die im Flüchtlingsheim von St. Joseph wohnen. Von den 1.000 Euro sollen nach Bedarf Schuhe oder auch warme Jacken gekauft werden. Die Gemeinde um Pfarrer Heinrich Plochg unterstützt auch alleinerziehende Frauen und Männer, das Leben mit kleinen Kindern zu bewältigen.
Große Unterstüzung kleiner Handballer
ANDERTEN. (hs) Große Freude bei den kleinen Handballern des TSV Anderten. Henning Müller, Geschäftsführer der Stiftung Niedersächsische utomatenwirtschaft, überbrachte dem Organisator ihrer "Mini-EM", Marco Palazzi, einen Scheck in Höhe von 2.500 Euro. "Wir freuen uns wahnsinnig, die Stiftung als Unterstützer gefunden zu haben. Es ist eine große Hilfe, um wieder ein unvergessliches Turniererlebnis für die Kinder auf die Beine stellen zu können", betonte Palazzi in der Sporthalle Eisteichweg. Die Stiftung Niedersächsische Automatenwirtschaft unterstützt regelmäßig Projekte im sozialen Bereich. Unabhängig vom Alter der Geförderten steht dabei außergewöhnliches soziales Engagement im Vordergrund. Neben dem Mini-EM-Event fördert die Stiftung beispielsweise auch das Kinderkrankenhaus auf der Bult bei Veranstaltungen. "Wir freuen uns, gesellschaftlich wichtige Projekte unterstützen zu können. Persönliches Engagement von Menschen für Menschen muss gefördert werden", unterstrich Müller.
Spielen auf warmen Matten
SÜDSTADT. (hs) Mädchen und Jungen im Flüchtlingswohnheim der evangelischen Gemeinde am Döhrener Turm können künftig auf neuen, warmen Bodenmatten spielen - dank des Engagements der katholischen Gemeinde St. Heinrich in der Südstadt. Der Erlös des Weihnachtsbasares von 1.950 Euro ging zu einem Drittel an das Wohnheim. Friederike Gröner und Inge Koch übergaben die Spende an Leiterin Irene Wegener und die Bewohner. Außerdem werden mit dem Erlös Projekte in Pakistan und Brasilien unterstützt. Acht Frauen aus St. Heinrich haben genäht, gestrickt und gebastelt, mit Unterstützung aus dem Nähkurs der Katholischen Familienbildungsstätte. So entstand auch aus Altem Neues: Aus Stoffen einer Mustermappe oder alten Jeans wurden so beispielsweise Mützen, Taschen und Gärtnerschürzen.
Geld für die Partnerschule
SÜDSTADT. (hs) Die Schüler der Ludwig-Windthorst-Schule haben 520 Euro bei der Kollekte im Anschluss an ihre Weihnachtsmusik eingenommen. Dieses Geld geht nun an die Partnerschule in Lona Alta in Bolivien. Seit 2007 besteht die Partnerschaft zu der südamerikanischen Schule, die 105 Kilometer von der Hauptstadt Santa Cruz entfernt ist. Dort gibt es eine Grundstufe mit 145 Schülern und eine Zwischen- und Mittelstufe für Jugendliche mit 130 Schülern. Es unterrichten 15 Lehrkräfte.
Ehrungen bei der Liedertafel
DÖHREN. (hs) Sie sind schon sehr lange dabei: Für ihr langjähriges Engagement bei der Liedertafel von 1888 Hannover-Döhren sind Walter Schrader für 25 Jahre aktives Singen sowie Ehrenchorleiter Rainer Roscher für 40 Jahre fördernde Mitgliedschaft, die neben seiner Chorleiter-Tätigkeit bestanden hat, geehrt worden. In Abwesenheit ausgezeichnet wurden Hugo Höwelkröger für 60 Jahre fördernde Mitgliedschaft sowie Heinz Löffler und Arthur Feldkeller, der 50 Jahre als förderndes Mitglied dabei ist. Der stellvertretende Vorsitzende des Kreischorverbandes, Dirk Elmenthaler, und der Vorsitznede der Liedertafel, Hermann Meyer, zeichneten die Sänger aus.
HAZ vom 14.01.2014, S. 2:
Kommentar zum Thema "Zuwanderung" - Beide Seiten
Dirk Schmaler, Hannover: "Der aktuellen Debatte um die Zuwanderung wohnt eine unsinnige Unterscheidung inne. Die „guten“, gut ausgebildeten Ausländer sind willkommen, sie retten unsere Unternehmen mit ihrer Expertise und mit ihren Steuern die Staatskasse. Die schlecht qualifizierten sogenannten Armutseinwanderer – und auch Flüchtlinge von außerhalb Europas – sorgen angeblich für das genaue Gegenteil. Sie lassen die Sozialabgaben in die Höhe schnellen und verstopfen den Arbeitsmarkt. Es wird höchste Zeit, beide Seiten zusammenzudenken.
Auf mittlere Sicht entscheidet nämlich auch der Umgang mit den Armen und Verfolgten hierzulande darüber, ob gut ausgebildete Menschen aus aller Welt die Lebensentscheidung treffen, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Wer eine „Willkommenskultur“ beschwört und gleichzeitig erklärt, dies gelte nur für diejenigen, die großen Nutzen für Wirtschaft und Staatskasse versprechen, wird Zuwanderer kaum emotional und langfristig an das Land binden.
Die Wirtschaft hat das verstanden. Sie kämpft schon heute entschiedener als mancher Sozialpolitiker für mehr Offenheit. Sie treibt nicht die Furcht vor Zuwanderung um, sondern die Furcht vor zu wenig Zuwanderung. Der Grund liegt auf der Hand: Fachkräftemangel führt zu hohen Löhnen und bremst das Wachstum.
Ähnliches gilt auch für die vom Kollaps bedrohten Sozialsysteme. Nur mit ausreichend Zuwanderung lässt sich dem demografischen Wandel entgegenwirken – und lassen sich die Sozialsysteme auch in Zukunft noch finanzieren. Das rechtfertigt keinen Missbrauch. Wer allerdings die Zuwanderung auf das Problem von Sozialbetrügern verkürzt, könnte letztlich selbst zu einer Belastung werden – für die Sozialkassen und die Wirtschaft gleichermaßen."
HAZ vom 09.01.2014, S. 10:
Leserbrief zu dem Artikel der HAZ vom 03.01.2014: "Wenn Rumänen die Deutschen ratlos machen"
Uwe Grunenberg, Hannover: "Dieser Artikel plus Interview macht Mut! Es scheint, als ob die hannoverschen Bürger pragmatisch und trotzdem menschlich mit diesem Thema umgehen werden. Hoffentlich halten alle Beteiligten diese Art des Umgangs auch dann durch, wenn es einmal „richtig stürmisch“ in der Diskussion wird. Wir alle sind gefordert, dieses Thema sozial verträglich zu gestalten und umzusetzen. In diesem Sinn verdient auch die Haltung der CDU-Bezirksratsfraktion Bothfeld-Vahrenheide Anerkennung. Diese Haltung in der Diskussion der Obdachlosenpolitik stimmt optimistisch."
Leserbrief zu dem Artikel der HAZ vom 04.01.2014: "Merkel will internen Streit um die Zuwanderung dämpfen"
Klaus Heinemann, Hannover: "Seit Wochen füllt die Propaganda über die angeblich drohende Zuwanderung von Menschen aus Bulgarien und Rumänien die Schlagzeilen der Medien. CSU und NPD kochen hier ihr völkisches Süppchen, Politiker anderer Couleur melden sich wichtig zu Wort. Wieder einmal werden den Menschen hierzulande Sündenböcke serviert, die ja angeblich nur unser Geld wollen. Dass diese Propaganda im 21. Jahrhundert noch auf fruchtbaren Boden fällt, zeigen die Leserbriefe der vergangenen Tage.
Warum geben Menschen ihre Heimat auf und versuchen, in ein fremdes, ihnen feindlich gesinntes Land zu ziehen? Erinnern wir uns: In den neunziger Jahren nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus strömten westeuropäische und insbesondere deutsche Konzerne nach Bulgarien und Rumänien. Die alten Sozialsysteme wurden mithilfe der dortigen Nomenklatur zerschlagen beziehungsweise privatisiert, ganze Industriezweige für wenig Geld aufgekauft und stillgelegt. Die Arbeitslosenzahlen stiegen dramatisch und mit ihnen die Armut. Anstelle der alten Strukturen wurden Produktionsanlagen errichtet, in denen ein Teil der bulgarischen oder rumänischen Arbeiter für Niedrigstlöhne für den EU-Markt schuften durften und dürfen. Die billige Ware wird hierzulande gern genommen, aber bitte doch keine Menschen. Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Welt, wenn auch mit zunehmend ungerechter Verteilung der Vermögen.
Erinnern wir uns: Im Oktober 2008 brauchte die damalige Bundesregierung gerade eine Woche, um den armen Banken mehrere Hundert Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Und jetzt kann dieses Land nicht mal für ein paar Tausend arme Menschen aufkommen? Den deutschen Steuerzahler kostet eine Roma-Familie im Monat nicht mal so viel wie Herr Seehofer an einem einzigen Tag.
Erinnern wir uns weiter: Als Mitte der achtziger Jahre die damalige Sowjetunion für bestimmte Menschen ihre Grenzen öffnete und in den Folgejahren Millionen von sogenannten Aussiedlern aus Russland, Ukraine oder Tadschikistan nach Deutschland strömten, sprach keiner der Politiker von einem „Zuzug in die Sozialsysteme“. Nein, die Aussiedler erhielten nicht nur eine bevorzugte Betreuung und Finanzierung, sondern unter anderem auch einen Anspruch auf Rente - nach eigener Aussage waren sie ja „Deutsche“. War dieses Land damit überfordert? Die gesamte deutsche Politik ist ausschließlich auf völkisches Denken ausgerichtet, nicht auf soziales Helfen. Da bleibt den rumänischen Familien nur noch der Weg über Russland nach Deutschland, um dann zu behaupten, sie seien doch Deutsche seit eh und je."
HAZ vom 07.01.2014, S. 11:
Neues Heim für Flüchtlinge in Bemerode
Entscheidung für Standort Oheriedentrift umstritten
Von Andreas Schinkel
Am nördlichen Kronsberg soll möglichst noch in diesem Jahr ein Wohnheim gebaut werden, das Platz für rund 50 Flüchtlinge bietet. Das hat der Umweltausschuss des Rates gestern mit rot-grüner Mehrheit entschieden Damit ist die politische Vorentscheidung für den letzten von sieben Standorten für Flüchtlingsunterkünfte in Hannover gefallen. Noch muss der Rat seine Zustimmung für das Bauvorhaben am Kronsberg geben.
Die sieben Standorte für neue Unterkünfte verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet. Schon in diesem Jahr sollen neben dem Wohnheim am Kronsberg nahe der Oheriedentrift weitere Bauten in der Treckowstraße (Wettbergen), in der Kopernikusstraße (Nordstadt) und in der Tirnithistraße (Döhren) entstehen. Einquartiert werden dort nur die sogenannten Kontingentflüchtlinge, also Asylsuchende, die das Land Niedersachsen zuteilt. Zuwanderer aus EU-Staaten die keine Wohnung finden, bringt die Stadt dagegen in Obdachlosenheimen unter, etwa in der Burgstraße in Herrenhausen.
Der Standort für die Flüchtlingsunterkunft am Kronsberg nahe der Oheriedentrift ist umstritten. Anwohner hatte sich in der Sitzung des zuständigen Bezirksrats um die Sicherheit ihrer Kinder gesorgt, weil das Wohnheim gleich neben einer Grundschule entstehen wird. Ein anderer Standort inmitten des Wohngebiets sei besser geeignet, hieß es. Aufgegeben hat die Stadt den Plan, das Wohnheim auf dem Festplatz am Sandberge zu errichten. Der Widerstand aus dem Stadtbezirk war zu groß.