Zurück ins Leben
Wie zwei Beispiele Mut machen, trotz allem nie aufzugeben
Hallo ihr da draußen !
Mein Name ist Hardy und ich bin der mit der grünen Hose, also rechts im Bild. Ich bin jetzt 27 Jahre alt und lebe seit vielen Jahren auf der Straße.
Und das kam so:
Schon als Kleinkind wurde ich von meinem alkoholabhängigen Vater häufig geschlagen. Ohne jeden „Grund“. Meine Eltern trennten sich irgendwann und ich lebte fortan mit meinem kleinen Bruder allein bei meiner Mutter. Leider war auch meine Mutter vom Alkohol abhängig und wohl auch psychisch krank. Während mein kleiner Bruder verschont wurde und „in den Himmel gelobt“ wurde, hatte meine Mutter für mich nur böse Worte und Schlimmeres übrig und hat ihren Kummer an mir ausgelassen. Als es mir mehrfach gesundheitlich so schlecht ging und ein böser Verdacht in Richtung meiner Mutter ging, bin ich ins Heim gekommen, mit acht Jahren das erste Mal. Ich war aber irgendwie anders als die anderen Kinder dort, wurde deswegen gehänselt und von der Gemeinschaft ausgeschlossen.
Mit zwölf Jahren hat mich meine Mutter wieder bei sich aufgenommen, es wurde aber immer schlimmer und nach einem besonders heftigen körperlichen Übergriff bin ich von zu Hause weggelaufen und habe das Leben auf der Straße als einzigen Ausweg gesehen.
Die Jahre auf Trebe habe ich zwar überlebt, bin nun aber selber Alkoholiker und habe in meinen „Spitzenzeiten“ 3 große Flaschen Wodka und zusätzlich Bier pro Tag gebraucht. Als ich körperlich am Ende und auf heftigem Entzug war, haben mich meine Straftaten einholen können und ich wurde inhaftiert – den Haftbefehl kannte ich schon lange, jetzt war eine Flucht nicht mehr weiter möglich gewesen.
In der Haft habe ich anfangs große Schwierigkeiten gehabt und habe bei einem Wutanfall Mobiliar zerdeppert, das gab dann prompt ein paar Monate Haft extra....
Aber alles geht vorbei und irgendwann stand ich draußen vor dem Gefängnistor. Eine Therapie habe ich leider nicht durchgehalten, irgendwie war alles zuviel. Ich habe, ehrlich gesagt, Probleme mit Regeln und Anordnungen, das weiß ich auch, aber mach mal was dagegen....
Und so kam es, dass ich wieder genau da stand, wo ich herkam, mit kaum Etwas als Habe: auf der Straße. Ich habe mir dann ein Herz genommen und habe Hilfe bei Ganz unten gesucht. Und die gab es, in ganz besonderer Form. Ich habe jetzt einen Paten, den Werner, der selber 20 Jahre obdachlos war, drogenabhängig, im Knast... Er hat den Absprung aber vor 7 Jahren geschafft, ist clean, hat Wohnung und Arbeit. Aber er soll mal selber erzählen....
Moin, Leute!
Mein Name ist Werner und ich bin der mit der blauen Hose, also links im Bild. Ich bin jetzt 44 Jahre alt und habe viele Jahre auf der Straße gelebt, eigentlich seit ich 18 war. Ich habe alles erlebt, was man auf der Straße erleben kann, kenne die Szene in- und auswendig und vor allem das Gefühl, dass einem alles egal ist und man auch nicht mehr weiß, was man noch tun kann. Da ist es leichter, aufzugeben, Drogen zu nehmen, Alkohol zu trinken, als es noch einmal zu versuchen. Aber dass es auch nach vielen Jahren noch geht, das weiß ich aus eigener Erfahrung und mit dieser engagiere ich mich jetzt seit 3 Jahren im Verein Ganz unten e.V.
Ich bin jetzt für Hardy da und bin „sein Großer“, wie er immer sagt. Mit viel Geduld haben wir es jetzt erreicht, dass Hardy weg von der Straße ist und im Karl-Lemmermann-Haus wohnt. Er wurde eines Nachts überfallen, hat alle Papiere und Besitz verloren und wir bauen das gemeinsam wieder auf. Wir treffen uns häufig, auf eine Pizza, zum Reden.... Und vielleicht kann ich Hardy bald eine kleine Tätigkeit auf dem Sportplatz vermitteln. Wir stehen noch ganz am Anfang, aber immerhin...
Mir gibt diese Tätigkeit hier im Verein ganz viel Kraft und ich fühle mich mal wieder wertvoll und das will und kann ich weitergeben. An den Hardy, meine neue Freundin Peggy oder an Mia – meine kleine Tochter, die im Juni 2015 zur Welt kam. Hoffentlich in eine etwas bessere.....
Mia, geboren am 24.06.2015